Sie ist im Internet DIE junge Koryphäe, die Tipps und Erfahrungswerte rund um das Thema Diabetes auf sympathische Weise rüberbringt: Kathrin Schanz (im Bild).
Selbst seit sechs Jahren mit der Krankheit lebend, hat die Mutter einer Tochter, die gerade mit dem zweiten Kind schwanger ist, verschiedene Social-Media-Kanäle aufgebaut, die vor allem für schwangere Frauen und Mütter eine gutbesuchte, digitale Anlaufstelle sind.
Vor allem der Youtube-Kanal der engagierten Frau kommt bei Diabetes-Patientinnen äußerst gut an. Mittlerweile wird Kathrin Schanz, deren sportliche Leidenschaft Tischtennis ist, auch als Expertin in Sachen Diabetes gebucht. Im Interview berichtet Sie uns über ihr Leben mit der Krankheit und gibt uns mit starken visuellen Impressionen einen Einblick in ihren Alltag. Zudem bekommt man einen Eindruck davon, wie stark sie sich zwischenzeitlich im Netz für dieses Thema, mit dem sie Schwangeren und Müttern Mut machen möchte, engagiert.
FB: Frau Schanz, Sie sind Diabetikerin – seit wann leben Sie mit der Krankheit?
Typ 1 Diabetes begleitet mich seit meinem 21. Lebensjahr, somit seit 6 Jahren.
FB: Mittlerweile sind Sie im Internet ziemlich bekannt und geben via Ihres Youtube-Kanals Diabeteswelt und Instagram Tipps für andere Menschen mit Diabetes. Vor allem Schwangere sind an Ihrem Know-How interessiert – wie kam es dazu?
In meiner ersten Schwangerschaft suchte ich dringend Tipps/Erfahrungsberichte von anderen Betroffenen im Internet. Leider fand ich absolut keine Erfahrungsberichte aus erster Hand und da war die „Mission“ für mich eindeutig! Ich gründete meinen YouTube Kanal „Diabeteswelt“, um Frauen die schwanger werden wollen, es sind oder vor ihrem zweiten Kind stehen Mut zu machen.
Selbst viele Ärzte beraten noch nach der „alten Schule“. Es hieß vor etlichen Jahren, Frauen mit Typ 1 Diabetes sollten lieber keine Kinder bekommen, da die Sterblichkeitsrate von Müttern und Kindern ausgesprochen hoch war. Mit der heutigen Technik und einem verantwortungsvollen Diabetes Selbst-Management steht die damalige Annahme außer Frage.
FB: Gelingt es Ihnen durch Ihre Internet-Aktivitäten, Unsicherheiten bei schwangeren Frauen abzubauen?
Glücklicherweise ja. Mich erreichen mittlerweile täglich Nachrichten von Frauen mit Kinderwunsch oder Frauen, die Probleme und Sorgen bezüglich ihres Diabetes während der Schwangerschaft haben. Ich freue mich riesig, dass ich ihnen – alleine durch den Austausch und das Veröffentlichen meiner persönlichen Geschichte – helfen kann. Viele Frauen trauen sich nicht an das Thema Familienplanung heran, nur aufgrund ihres Diabetes. Sie brauchen einfach Menschen, die diesen Weg gegangen sind. Positiv-Beispiele sind so wichtig für Frauen, die verunsichert sind. Diabetes ist definitiv kein Grund, keine Kinder zu bekommen.
FB: Den Alltag als Mama mit Diabetes gestalten – das interessiert viele Frauen, die Ihren Web-Kanälen folgen. Welche Themen sind in diesem Zusammenhang am meisten gefragt?
Wie schaffe ich es mein weiteres „Kind“ namens Diabetes in den Familienalltag zu integrieren? Dies ist die am häufigsten gestellte Frage. Diabetes ist eine 24/7 Aufgabe und läuft im Familienalltag oftmals „nur“ nebenher, da man seine volle Aufmerksamkeit seinem Kind widmet. Allerdings gebe ich hier gerne die Hinweise, dass man erst recht auf sich und seinen Diabetes achten sollte, wenn man Kinder hat.
Eine stabile und gute Blutzucker-Einstellung ist essentiell. Ich persönlich schaffe das nur mit der Hilfe meiner Insulinpumpe und meines CGM-Systems, welches meinen Gewebezucker kontinuierlich misst und mich sogar warnt, sobald ich zu hohe oder zu niedrige Werte habe. Je weniger Unterzuckerungen oder Phasen von viel zu hohem Blutzucker man hat, desto schöner und barrierefreier lässt sich der Familienalltag gestalten.
FB: Sie sind selbst gerade mit dem zweiten Kind schwanger – worauf müssen Sie in dieser Zeit persönlich sehr achten?
Ich muss darauf achten, dass meine Blutzucker Werte in der Zeit der Schwangerschaft die eines Menschen ohne Diabetes ähneln. Mit jedem Hormonschub, welche in der Schwangerschaft sehr häufig vorkommen, steigt mein Insulinbedarf an. Hier habe ich für mich einige Lösungen gefunden. Zum Beispiel die aufgenommenen Kohlenhydrate mit einem Insulinpen abzufangen, sodass sich nicht zu viel Insulin (über meine Pumpe) an einer Stelle verteilt.
Weiterhin muss ich einen recht großen Spritz-Ess-Abstand einhalten was bedeutet, dass man erst spritzt, dann eine ganze Weile wartet und danach isst. Außerdem beobachte ich meine Werte immer 2 Tage am Stück, bis ich Muster erkenne. Dann verändere ich eigenständig etwas an meinen Einstellungen. Diese Art von Empowerment ist für mich unabdingbar.
FB: Dass Sie als Expertin im Internet so viele Menschen erreichen, ist ein wahrer Segen, den die digitale Welt mit sich bringt. Was hat sich parallel im realen Leben für Menschen mit Diabetes in den letzten Jahren zum Positiven verändert?
Zeitgeschichtlich gesehen gibt es CGM-Systeme (von denen ich bereits vorher gesprochen habe) noch nicht sehr viele Jahre. Dadurch, dass man seine Werte kontinuierlich beobachten kann, kann man mit ein wenig Erfahrung und der Hilfe eines guten Diabetologen im Selbst-Management seine Einstellungen nahezu optimieren. Wir sollten uns zum Ziel machen, Experte unserer Erkrankung zu sein, damit wir in jeder Situation das passende Handwerk besitzen, uns selber zu helfen. Denn wie es im Volksmund so schön heißt „jeder Diabetes ist anders“.
FB: In Sachen Diabetes sind auch immer mehr Kinder betroffen – was empfehlen Sie betroffenen Eltern, wo sie sich Ratschläge und holen und sich mit anderen Eltern vernetzen können?
Gerade für Eltern mit Kindern mit Typ 1 Diabetes ist der Austausch mit anderen Eltern unglaublich wichtig. Online gibt es Homepages und Foren wie zum Beispiel „Diabetes-Kids“. Dort findet man Anschluss und wundervolle Projekte wie Freizeiten, Segelfahrten oder auch einfach kleine organisierte Treffen. Eltern können sich im Forum austauschen. Außerdem gibt es Antworten auf alle möglichen Fragen. Ebenfalls klasse finde ich die Klassenfahrtbetreuung für Kinder mit Typ 1 Diabetes, organisiert von der Deutschen Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (nähere Informationen hierzu sind auf deren Homepage zu finden).
FB: Wie gestalten Sie Ihren persönlichen Alltag – zwischen Familie, Ihren Internet-Kanälen und Ihrem Diabetes?
Tatsächlich beschäftige ich mich jeden Tag mit dem Thema Diabetes. Meine Social-Media-Aktivitäten nehmen insgesamt so viel Zeit in Anspruch wie ein Halbtagsjob (Videos planen, drehen, schneiden, Artikel schreiben, Beiträge vorbereiten und natürlich Fragen beantworten). Dies mache ich ehrenamtlich, aber es ist mir außerordentlich wichtig meinen Teil in der „Diabeteswelt“ beizutragen und deswegen mache ich das gerne und mit großer Freude. Meine große Tochter ist 4 Tage die Woche bei einer Tagesmutter, wodurch sich alles gut vereinbaren lässt. Meine Familie steht jedoch trotz der vielen Diabetes-Aktivitäten im Mittelpunkt und es ist schön, dass ich mir meine Zeit frei einteilen kann.
FB: In den Social-Media-Gruppen beraten Sie die Leute ebenso ehrenamtlich – wie groß ist mittlerweile die von Ihnen betreute Community?
Beraten darf ich nicht, da ich keinen medizinischen Beruf erlernt habe. Jedoch gebe ich gerne weiter, wie ich meinen Diabetes manage, probiere neuste Hilfsmittel und Geräte aus und teile meine Erfahrungen. Auf YouTube sind es rund 1000 Menschen, die sich regelmäßig meine Videos anschauen und auf Instagram etwas mehr. Es ist quasi täglich eine Menge Austausch vorhanden.
FB: Auch als professionelle Expertin sind Sie inzwischen sehr gefragt. Wofür werden Sie am meisten gebucht und von wem?
Mich macht es unglaublich stolz und glücklich mittlerweile Vorträge und Workshops zu den Themen Schwangerschaft mit Typ 1 Diabetes, Leistungssport mit Typ 1 Diabetes und Diabetes in den Medien halten zu dürfen. Schon immer war das Präsentieren eine meiner großen Leidenschaften und heute über meine anderen Leidenschaften referieren zu dürfen, das ist wundervoll. Gebucht werde ich in der Regel von Diabetes-Firmen oder auch Diabetes Organisationen.
FB: Inwieweit widmen Sie sich Ihrer Leidenschaft – dem Tischtennis? Immerhin haben Sie hier schon einen tollen Sieg – Gold – errungen…!
Bis zur Hälfte der Schwangerschaft war ich noch regelmäßig im Tischtennis Training. Ich spiele seit ca. 20 Jahren Tischtennis und freue mich schon wieder sehr darauf, mit dem Baby im Gepäck in die Halle zu gehen. Tischtennis wird immer ein großer Teil meines Lebens sein, das war es auch bereits vor der Diagnose Typ 1 Diabetes. Ich sehe Diabetes nicht als Hindernis, Leistungssport zu betreiben. Im Gegenteil – es ist noch eine größere Challenge.
FB: Was steht aktuell an Projekten oder Plänen bei Ihnen an?
Mein Hauptaugenmerk liegt zurzeit darin, auch meine zweite Schwangerschaft detailliert zu dokumentieren. Im Juli werde ich im Rahmen des „Camp D“, einem Zeltlager für Kinder und Jugendliche mit ca. 500 Teilnehmern einen Workshop zum Thema Schwangerschaft/Sexualität mit Typ 1 Diabetes halten dürfen. Dies ist mein erstes Projekt nach der Geburt meiner zweiten Tochter. Jedoch werde ich dieses Jahr etwas ruhiger angehen lassen und mich hauptsächlich auf meine Familie konzentrieren. YouTube und Instagram kommen dabei aber keinesfalls zu kurz.
Den Link zum Kanal „Diabeteswelt“ von Kathrin Schanz finden Sie hier.
Weitere Informationen zum Thema auch hier.
Bildnachweise / Copyright: Kathrin Schanz, Martina Schwarz