Ob auf der Theaterbühne, im Kino oder im Museum – Maskenbildner erschaffen Illusionen, ohne die viele Kunstwerke und Filme undenkbar wären. Doch kaum jemand ahnt, wie viel handwerkliches Können, Kreativität und Leidenschaft hinter diesen Verwandlungen steckt. Maskenbildnerin Katrin Westerhausen aus Dresden (im Bild) hat uns einen Blick hinter die Kulissen gewährt – und erzählt, warum ihr Beruf so viel mehr ist als Make-up und Puder.
Blauäugig zum Beruf der Maskenbildnerin gekommen
FB: Frau Westerhausen, wie sind Sie eigentlich zu dem Beruf der Maskenbildnerin gekommen?
Ich kam eher blauäugig dazu – oder, wie man sagt, „wie die Jungfrau zum Kinde“. Vor meinem Studium arbeitete ich in der Werbeabteilung einer großen Projektierungsfirma und war mit einem Tänzer der Semperoper befreundet. Das Theaterleben faszinierte mich – spannend und zugleich entspannend. Also beschloss ich, mir verschiedene Theaterberufe anzuschauen.
Die Arbeit des Maskenbildners hat mich sofort gepackt – mit Pinsel und Farbe konnte ich schon immer gut umgehen. Ich bewarb mich an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden – und wurde direkt angenommen.
Alltag zwischen Atelier und Bühne
FB: Wie muss man sich Ihren Alltag vorstellen?
„Der“ Alltag ist vielleicht nicht „mein“ Alltag. Ich bin Freiberuflerin, betreibe mein eigenes Atelier und arbeite für ganz unterschiedliche Auftraggeber. Während Theatermaskenbildner an den Spielplan gebunden sind, arbeiten Freie meist für Film und Fernsehen. Ich habe in allen Bereichen gearbeitet – doch meine Leidenschaft ist inzwischen die Arbeit in der Werkstatt.
FB: Mit welchen Materialien arbeiten Maskenbildner?
Mit fast allem, was man sich vorstellen kann! Natürlich mit Pinsel und Schminke – von schön bis gruselig. Aber auch Haare und Perücken gehören dazu. Man ist gleichzeitig Friseur, Stylist und Perückenmacher, knüpft Bärte, näht Haarteile und verändert ganze Gesichter.
In meinem Fundus liegen Federn, Felle, Leder, falsche Zähne, Augen, Haare und vieles mehr. In den Chemieschränken stehen Gips, Kunststoff und Silikon. Oft stehe ich mit Atemmaske und Kittel im Atelier, um Formen zu gießen oder künstliche Gesichter zu modellieren.
Lieblingsmaterial: Silikon
FB: Dieser Beruf ist sehr vielfältig – was ist Ihr Lieblingsgebiet?
Masken, Perücken und Figuren! Mein Lieblingsmaterial ist Silikon – nichts ist so flexibel und vielseitig. Es erzeugt eine perfekte Illusion fast lebendiger Objekte.
Handwerk, Geduld und Kreativität
FB: Welche Rolle spielt handwerkliches Geschick in Ihrem Beruf?
Maskenbild ist Handwerk. Leidenschaft, Ausdauer und Kreativität sind unverzichtbar. An manchen Perücken habe ich 120 Stunden gearbeitet, Haar für Haar. Ich benutze Bohr- und Schleifmaschinen, an meiner Werkzeugwand hängen Hämmer, Feilen und Zangen. Wer lieber nur mit Make-up und Lippenstift arbeitet, sollte eher Visagistin werden. Maskenbildner lieben ihr Handwerk – und während der 3- bis 4-jährigen Ausbildung kann man sich gut orientieren, welchen Weg man gehen möchte. Möglichkeiten gibt es viele.
Maskenbildnerin: Ein Beruf für Idealisten
FB: Der Beruf ist sehr beliebt. Was raten Sie jungen Frauen, die Maskenbildnerin werden möchten?
Schaut euch den Alltag genau an! Ein Praktikum am Theater zeigt am besten, was euch erwartet. Arbeitszeiten, Aufgaben, Atmosphäre. Informationen gibt es auch bei der Bundesvereinigung Maskenbild. Allerdings: Wer schnell viel Geld verdienen will, ist hier falsch. Der Beruf verlangt Idealismus, Geduld und Leidenschaft – in Hochphasen arbeite ich bis zu 100 Stunden pro Woche.
FB: Wie sieht eigentlich ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
Ich stehe früh auf, erledige Mails und Organisatorisches. Ab 10 Uhr beginnt der Arbeitstag im Atelier – oft bis spät in die Nacht. Ruhige Wochenenden ohne Telefon verbringe ich trotzdem gern dort. Am Filmset startet der Tag meist um 5 Uhr. Zehn Stunden sind normal, fünfzehn keine Seltenheit. Am Theater gelten 40 Wochenstunden, aber mit Werkstattarbeit am Vormittag und Vorstellungen am Abend. Flexibilität ist Pflicht – Familie und Beruf zu vereinen, ist hier nicht immer leicht.
Gartenarbeit als Ausgleich zum Job
FB: Was machen Sie, wenn Sie einmal freie Zeit haben?
Ich zupfe beim Telefonieren gern Unkraut im Garten – das nenne ich mein Hobby (inzwischen gibt’s dort keinen Klee mehr…). Wenn ich frei habe, baue ich meist etwas Neues, plane und kalkuliere, und freue mich, wenn alles gelingt. Außerdem laufen mir ständig Tiere zu, die dann Pflege und Zuwendung brauchen.
Nichtstun fällt mir schwer – aber ich würde es gern einmal probieren.
Bild: Katrin Westerhausen