Samstag, 27. Juli, 2024

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Nicht von der Stange: Bei Claudia Specht gibt es Dessous nach Maß

Anzüge nach Maß sind vielen Menschen geläufig und auch, dass sich so mancher Schuhe nach seiner individuellen Fußgröße anfertigen lässt, kennt man. Doch Dessous nach Maß? Das dürfte eher eine Seltenheit sein. Umso mehr wird man hellhörig, wenn man darauf stößt, welcher Tätigkeit Claudia Specht (im Bild) nachgeht.

Die Wiesbadenerin ist nämlich Dessous-Designerin und Dessous-Maßschneiderin und hat sich mit ihrem Angebot eine Marktlücke erobert. Ihr Maßatelier “Tüll & Spitze” ist für viele Frauen, die statt Unterwäsche von der Stange lieber Dessous nach Maß wünschen, eine stark gefragte Anlaufstelle.

Dessous nach Maß – eine stark nachgefragte Marktlücke

Wir haben mit Claudia Specht über ihren kreativen Alltag gesprochen.

FB: Frau Specht, bevor Sie sich auf die Maßanfertigung von Wäsche spezialisiert haben, lag Ihr Fokus in Sachen Nähen ganz woanders – erzählen Sie doch mal! 

Nach meinem Modedesign-Studium habe ich ursprünglich Damenoberbekleidung genäht, hochwertige Faschingskostüme und hin und wieder auch Hemden für Herren.  Auf einer Fachmesse wurde ich auf eine Lingerie Akademie aufmerksam, die spezielle Dessous-Workshops und Ausbildungen anbot. Die fachlichen Inhalte waren eine perfekte Ergänzung zu meinem Modedesign-Studium. So entschied ich mich, diese zusätzliche Ausbildung berufsbegleitend über zwei Jahre zu absolvieren.

Mir wurde während der Ausbildung schnell klar, dass handelsübliche Konfektionsgrößen nicht jeder Körperform gerecht werden können. Man geht beim Kauf von industriell gefertigter Ware meist irgendeinen Kompromiss ein und arrangiert sich mit dem gekauften BH oder Slip.

Lingerie, die zum Körper passt

Maßgeschneiderte Lingerie hingegen passt genau zu den körpereigenen Formen meiner Kundinnen. So habe ich bereits im letzten Semester der Fortbildung mein Label „Tüll & Spitze“ gegründet und 2014 mein Atelier in Wiesbaden eröffnet.

Jedes Modell entsteht in Handarbeit in meinem Atelier – angefangen von der Schnittkonstruktion über die Anprobe(n) bis hin zum fertigen Modell.

FB: Ein Wochenende an der Akademie war der Anlass, sich noch einmal neu zu orientieren. Wie gestaltete sich das? 

Nach einem Schnupperkurs an der Akademie habe ich schnell festgestellt, dass es mir eine Menge Freude bereitet, mit den weichen Wäschestoffen und Spitzen zu arbeiten. Ich bin ein sehr kreativer Mensch, liebe Farben, entwickle gerne schöne Designs – so war das Feuer zur Anfertigung schöner Lingerie entfacht.

Und während der Ausbildung, die ich dann direkt an die ersten Workshops in der Akademie anknüpfte, wurde schnell klar, dass ich mit meinem Angebot eine echte Nische im Dessous-Markt bedienen kann.

Die ersten Anfragen in Sachen Dessous nach Maß kamen rasch

So habe ich meinen alten Job verkürzt, um meinen Fokus voll und ganz auf mein neues Projekt legen zu können, habe eine erste kleine Website erstellt, um mein Angebot bekannt zu machen. Und dann kamen auch flugs die ersten Anfragen.

Über eine Empfehlung fand ich für mich geeignete Räumlichkeiten in einem Businesspark am Stadtrand von Wiesbaden. Dies erlaubt mir, meine Kundinnen in einer sehr persönlichen Atmosphäre empfangen zu können. Inzwischen ist ein weiterer Raum für Kurse dazu gekommen, die auf immer größeres Interesse stoßen und gut besucht werden.

FB: Sie bekamen schnell die Probleme vieler Frauen in Sachen nicht gut sitzender Unterwäsche mit. Wo lagen diese?

Das Problem an Dessous „von der Stange“ ist, dass sie nach Durchschnittsmaßen gefertigt werden.

Diese Maße werden alle paar Jahre anhand von tausenden von Menschen erneut ermittelt. Wir kennen alle die üblichen Konfektionsgrößen für Oberbekleidung, und nach eben diesen richten sich auch die Hersteller für Dessous.

Diese Durchschnittsmaße können gar nicht jede einzelne Figur abbilden; wir haben alle unsere individuellen Körpermaße.

Viele Faktoren machen die individuellen Körpermaße aus

Manchmal ist ein Oberkörper einfach kürzer oder länger, als es die Konfektionsgrößen vorsehen. Das kann gerade beim Kauf von Bodys oder Badeanzügen zum Problem werden. Unterschiedlich große Brüste sind beim BH-Kauf eine Herausforderung. Für welche Brust kaufen Sie den BH? Für die kleinere? Dann reicht das Cup-Volumen nicht für die größere Brust. Kaufen Sie den BH für die größere Brust, ist meist das Cup der kleineren Brust faltig, da es nicht ausgefüllt wird.

Es gibt viele Faktoren, die unsere individuellen Körpermaße ausmachen.

Während meiner Kundentermine höre ich immer wieder „Ich habe halt eine komplizierte Figur…“ Da jedoch fast jede Frau, egal, ob schmal oder kurvig gebaut, Probleme hat, den passenden BH oder einen gut sitzenden Slip zu finden, kann ich immer wieder nur sagen:

Dessous müssen zum Körper passen – nicht umgedreht!

Nicht unser Körper muss zu den Dessous passen, sondern die Dessous zu unseren Körpern!

FB: Was sind die am meisten angefertigten Teile in Ihrer Maßanfertigung?

Meist fertige ich BHs nach Maß an. Sehr viele meiner Kundinnen lassen sich jedoch ein komplettes Set anfertigen. Das finde ich persönlich immer am schönsten, da so die BHs und Slips optisch einfach toll zusammen passen.

FB: Was sind die häufigsten Gründe, warum sich Frauen ihre Unterwäsche nach Maß anfertigen wollen? 

Die meisten Probleme bereiten in der Regel die Bügel eines BHs, da sie oft zu klein sind. Dann piekst ein Ende entweder in das Gewebe unter dem Arm oder sitzt zwischen den Brüsten nicht optimal.

Rutschende Träger oder Träger, die auf der Schulter einschneiden sind ein weiterer Punkt, warum sich Frauen für BHs nach Maß entscheiden. Und nicht zuletzt spielt der Rahmen eines BHs, der um den Körper herum verläuft, eine große Rolle.

Frauen haben Spaß an individueller Unterwäsche

Ist das Rückenband zu kurz, schneidet es ins Gewebe ein. Das ist nicht nur schmerzhaft, sondern es zeichnen sich auch Wölbungen unter der Oberbekleidung ab. Umgekehrt rutscht ein zu weites Rückenband immer nach oben, sobald man die Trägerlänge reguliert.

Auch Slips, die auf Schritt und Tritt verrutschen oder deren Wäschegummis ins Gewebe einschneiden sorgen nicht gerade für Behaglichkeit und Wohlgefühl im Alltag.

Es gibt jedoch auch einige Frauen, die einfach Spaß daran haben, sich etwas Individuelles anfertigen zu lassen, in den Spitzen zu stöbern, sich schöne Wäschestoffe auszusuchen und gemeinsam mit mir ein tolles Design zu entwickeln.

FB: Sie geben etliche Kurse und Schulungen für Frauen. Worum geht es da hauptsächlich und wie laufen sie ab?

Ich gebe Kurse für Hobbynäherinnen, die gute Näherfahrungen mitbringen und nun in die Welt der Dessous eintauchen möchten. Inzwischen kommen auch immer mehr Modestudentinnen zu den Kursen, da im Studium leider nicht oder nicht viel über die Verarbeitung von elastischen Materialien gelehrt wird. Die Masterclasses, in denen wir überwiegend über die Schnittanpassung und Schnittkonstruktion sprechen, ergänzen das Modestudium daher perfekt.

Schritt für Schritt zum handgefertigten Dessous

Im Grundkurs „Dessous nähen“ lernt man den Umgang mit elastischen Spitzen und Stoffe sowie die Verarbeitungstechniken und Nähstiche, die beim Anfertigen von Dessous notwendig sind. Unter präziser Anleitung wird Schritt für Schritt ein erstes Teil nach einem Fertigschnitt genäht. Dies kann ein Slip, ein Hemdchen oder ein einfaches Bustier sein.

Näh-Erfahrene können sich gleich ins Abenteuer “BH-nähen” stürzen.

Nachdem wir am Fertigschnitt die persönliche Größe ermittelt haben, wählen wir den geeigneten BH-Bügel aus, der das A und O für die Passform des Cups ist. Anschließend wird ein Probecup genäht und das Schnittmuster, sofern nötig, an die Bügellänge, den BH-Verschluss und die Trägerbreite angepasst.

Unter präziser Anleitung wird dann der BH genäht. Ein BH nach Maß ist dies zwar noch nicht, aber bisher war das Feedback von mehr als 90 % meiner Kursteilnehmerinnen so positiv, dass sie zuhause oder in einem weiteren Kurs gleich den nächsten BH genäht haben. 

Neben dieser Kurse biete ich ein- bis zweimal im Jahr Nähkurs Specials an, in denen wir uns bestimmten Themen widmen. Das kann das gemeinsame Nähen eines Dessous von Tüll & Spitze sein, dem eigene Schnittmuster zugrunde liegen, aber auch Specials wie „Aus alt mach‘ neu“, in welchem wir uns abgelegter Kleidung widmen und diese zu einem schönen Dessous verarbeiten.

Die Feedbacks der Kundinnen sind durchweg positiv

Das Thema Nachhaltigkeit macht ja auch vor Lingerie keinen Halt.

FB: Was macht Ihnen an Ihrem Beruf am meisten Freude? 

In erster Linie ist es das kreative Gestalten und aus tollen Materialien etwas Schönes entstehen zu lassen. Das positive Feedback meiner Kundinnen freut mich natürlich auch immer wieder aufs Neue.

FB: Woher kommen Ihre Kundinnen? 

Anfangs kamen meine Kundinnen überwiegend aus dem Rhein-Main-Gebiet. In den letzten Jahren hat sich der Umkreis über ganz Deutschland vergrößert sowie über die Grenzen hinaus.

Inzwischen erhalte ich Anfragen von Interessentinnen aus der Schweiz, aus England, Frankreich und Luxemburg. Viele dieser Kundinnen verbinden den Termin bei mir dann mit dem Besuch von Freunden oder der Familie, die hier in der Gegend wohnen. Für mich ist dies ein sehr schönes Kompliment an meine Arbeit.

FB: Auf welche Wartezeiten müssen sich neue Kundinnen aktuell einstellen? 

Die aktuelle Wartezeit für den ersten Beratungstermin und das Maßnehmen beträgt ca. 6 Monate. Nach diesem Termin kann ein Auftrag sehr schnell ablaufen (3 bis 4 Wochen).

In der Freizeit lockt der Garten

Dies ist natürlich immer abhängig davon, wie schnell meine Kundinnen und ich Termine finden, die in unsere Kalender passen.

FB: Mit ihrer kreativen Arbeit sind sie gut ausgelastet. Wie schalten Sie in der Freizeit ab, gibt es Hobbys?

Mein größtes Hobby ist mein Garten, dem ich jede freie Minute, in der ich nicht an der Nähmaschine sitze, widme. Das heißt aber nicht, dass der Garten so ordentlich ist, dass kein „Begleitgrün“ bei uns wächst …So viel Zeit bleibt dann doch nicht.

Darüber hinaus bin ich gerne mit dem Rad in Wald und Feld unterwegs und sportele in einer Outdoor-Sportgruppe.

Ich bin ein Draußen-Mensch und nutze diese Zeit bei Wind und Wetter. Das ist ein schöner Ausgleich zum vielen Sitzen an der Nähmaschine und am Laptop.

Copyright: Claudia Specht, Tüll & Spitze – Dessous-Maßatelier

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