Sonntag, 24. November, 2024

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Ein Leben ohne Katzen? Langweilig! – Kolumne von Barbara Edelmann

Gehören Sie wie ich zu den 14,7 Millionen Haushalten mit Katzen, wie auf der Seite statista.de angeführt?

 

Diese anmutigen Wesen und mich verbindet eine tiefsitzende Liebe seit Kindertagen. Ich bewundere ihre eleganten, graziösen Bewegungen, die herablassenden Blicke, das völlige Fehlen jeglicher Skrupel, wenn sie wieder eine Vase samt Blumen vom Tisch geworfen haben und mich hoheitsvoll statt schuldbewusst anblinzeln, und ihren blasierten Starrsinn. „Hunde haben Besitzer, Katzen haben Personal“, sagt man. Das kann ich bestätigen. Katzen sind opportunistische Egoisten, verbringen die meiste Zeit des Tages schlafend und lassen uns in dieser Zeit für sie Futter ranschaffen. Sehr geschickt.

Katzen treiben einen oft in den Wahnsinn

Sie denken nicht daran, für uns Stöckchen zu holen (“Bist du bescheuert, Frauchen? Machs gefälligst selbst!”), ziehen lieber allein um die Häuser und treiben einen mit ihren Allüren gelegentlich in den Wahnsinn.

 

Alle Plätze im Haus sind automatisch ab dem Einzug ihr Eigentum: Laptop-Tastaturen, das Lieblings-Sofa, Blumentöpfe mit frisch gepflanztem Basilikum (“Warum guckst du so doof? Stör nicht meinen Schlaf”), die Mitte des Esstischs, der Korb mit frischer Wäsche und selbstverständlich jeder halb geöffnete Karton.

 

KatzeKatzen sind in meinen Augen die Verkörperung von Authentizität. Sie denken nicht im Traum daran, nett zu mir zu sein, nur weil ich nett zu ihnen bin. Denn ich fungiere in ihren Augen lediglich als Futterknecht, Toilettenreiniger und Chauffeur, falls es mal irgendwo zwickt.
Sie geben einem unmissverständlich zu verstehen, dass man schon wieder ihren Geschmack nicht getroffen hat, und erziehen einen sanftmütig-subtil mit in homöopathischer Dosierung eingesetzten Zuneigungsbekundungen zu ihrem Dienstboten. Das brächte kein Mensch auf dieser Erde bei mir fertig.

 

Kommt Ihnen das bekannt vor? Man probiert 52 verschiedene Futtersorten aus (ohne Weizen, mit Kartoffeln, nur Fleisch, ausschließlich Garnelen, mit Taurin, Vitaminen oder Gemüse), an denen gelangweilt geschnuppert wird, nur um sich dann mit vorwurfsvollem Blick angewidert abzuwenden.

Könnten sie sprechen, gäbe es sicher viel Nörgelei

„Miau. Schon wieder roher Fisch im eigenen Saft? Sehe ich aus wie eine vulgäre Feld-Wald- und Wiesenmuschi? Mir egal, ob es gesund ist – das fresse ich nicht. Versuch’s nochmal im Feinkostladen. Vereinbare aber vorher einen Termin mit meinem Assistenten – ich bin nämlich mit Chillen beschäftigt.” Manchmal bin ich froh, dass sie nicht sprechen können, weil sie ohnehin nur an mir rumnörgeln würden. Und: Ich würde es lieben. Miau!

 

„Wenn Sie Ihren Katzen was Gutes tun wollen, verfüttern Sie Rinderherz“, riet mir vor Jahren ein Veterinär. „Die Qualität der Fleischbeschau in Deutschland ist gut, und an einem Rinderherz ist alles dran, was Ihre Katze braucht.“ Also bestellte ich beim Metzger meines Vertrauens in Unkenntnis der Tatsache, dass so ein Teil im Durchschnitt vier Pfund wiegt, zwei davon. Ja. Zwei. Dabei weiß ich, wie eine Kuh aussieht und kann rechnen. Als mir Tage später eine riesige Tüte über den Tresen gereicht wurde, nahm ich mir vor, meine Biologiekenntnisse aufzufrischen.

 

Zuhause zerteilte ich einen Teil vom ersten Herz in kleine Stücke. Dabei wurde mir übel, denn das Fleisch besaß die Konsistenz eines mehrere Jahre alten Kaugummis und quietschte beim Schneiden leise vor sich hin. Ich bin übrigens Vegetarier.

Leckereien für den felligen Freund

Als ich fertig war, servierte ich den Herrschaften die neue Leckerei. Endlich war ich beim fütterungstechnischen Goldstandard angelangt und klopfte mir selbst auf die Schulter.

 

Als erstes kam Apollo. Er schnupperte daran, dann rollte er ein Stückchen mit der Pfote zuerst aus dem Napf und anschließend durch die ganze Wohnung. Die anderen taten es ihm nach, verloren aber bald das Interesse daran, weil das Fleisch sich nicht bewegte. Den zweiten Teil des Herzens röstete ich in der Pfanne. Sie rührten es nicht an. Den dritten Teil kochte ich ab. Mochten sie ebenfalls nicht.
Jetzt bekommen sie wieder normales Futter. Damit wird zwar auch gespielt, aber es quietscht wenigstens nicht.

 

Wenn man sich ein Tier anschafft, übernimmt man Verantwortung.
Das beinhaltet unter anderem, dass man nicht spontan verreisen kann, ehe man jemanden gefunden hat, der sich adäquat um die Tiere kümmert. „Verantwortung“ bedeutet, dass Tiere Anspruch auf ärztliche Behandlung und Pflege haben, wenn sie krank sind, auf Zuwendung und Schutz.

 

Es hängt ziemlich viel daran, wenn man mal darüber nachdenkt. Und das sollte man unbedingt tun. Einiges wird sich im eigenen Leben verändern. Man kann beispielsweise nicht mehr einfach so 500 Euro raushauen für eine niedliche Handtasche, denn die fehlen dann vielleich beim nächsten Tierarztbesuch. Über meine Tierarztrechnungen führe ich Buch. Mittlerweile musste ich den schmalen Ordner gegen einen breiten austauschen. Neulich machte ich mir die Arbeit, zählte alles zusammen: Impfungen, Untersuchungen, Operationen, Medikamente, und kam auf einen fünfstelligen Betrag, für den ich einen Neuwagen bekäme. Aber mit einem Auto hätte ich nie so viel Freude und Spaß gehabt. Und ich hätte nie so viel gelacht. Oder geweint.

Katzenhaar im Kaffee ist obligatorisch

„Warum tust du dir das an?“, werde ich öfter gefragt. „So viel Arbeit, so viel Kosten, überall Haare, und nie kann man weg.“ Tut mir leid, ich verstehe die Frage nicht. Als ob es eine für Nicht-Tierhalter plausible Antwort gäbe.

 

Für mich ist das Katzenhaar im Kaffee obligatorisch. Fusselrollen habe ich auch, und wegen eines Kratzers im Sofa zucke ich nicht zusammen. Das wusste ich nämlich alles vorher.

 

Warum tue ich mir das an?

 

Weil Katzen mir wesentlich mehr geben, als sie mir nehmen. Weil ich, ohne nachzudenken, ein Dinner mit George Clooney sausen ließe, wenn Apollo sich wieder mal den ganzen Abend übergeben hat. Wer außer mir sollte mit der Küchenrolle hinter ihm her rennen und versuchen, ihn zu trösten? Keinen Bissen würde ich runterbringen, wenn es Pollo nicht gut geht.

 

Meine Katzen sind außerdem Seismographen für Zwischenmenschliches. Wer meine Tiere ignoriert, oder wen sie ignorieren, mit dem werde ich nicht warm.

 

„Warum tust du dir das an?“ Wegen der Freude, wenn ich sie beim Spielen beobachten darf, weil sie mir beim Betreten der Wohnung mit erhobenen Schwänzen entgegenkommen und es dabei trotzdem schaffen, Desinteresse zu signalisieren. Weil sie unbeholfen versuchen, mich zu trösten, wenn ich traurig bin. Weil ich ihre Kapriziosität liebe, ihr störrisches Wesen, die bodenlose Arroganz, die ihnen ins Körbchen gelegt wurde. Wegen all dem und noch tausend anderen Dingen.

Mit allem “Kätzischem” kenne ich mich aus

Nichts „Kätzisches“ ist mir fremd. Wenn meinem schwarzen Kater „Uriel“ etwas absolut nicht passte, setzte er sich neben mich, schnurrte… und pinkelte mich an. Im Laufe seines Leben insgesamt dreimal. Er konnte das sogar im Stehen.

 

„Was soll er sonst machen, wenn ihm was nicht gefällt, dir einen Zettel schreiben, Mädi?“, fragte mein in die Jahre gekommener Tierarzt. „Du verstehst ihn doch nicht.“

 

Katzen protestieren demonstrativ, anstatt sich zu verkriechen oder mich demütig anzublinzeln. Und sie tun das mit einer ihnen vorbehaltenen blasierten Herablassung. „Die haben dich gut erzogen“, muss ich mich gelegentlich belehren lassen. Stimmt leider. Ich habe ihrem Charme nichts entgegen zu setzen. Sie sind einfach zu niedlich.

 

„Was will mein Süßer? Schleckerli? Futter kommt sofort!“ Warum meine Stimme eine höhere Tonlage annimmt, wenn ich sie anflehe, ihre Bedürfnisse doch bitte erfüllen zu dürfen, weiß ich nicht.
Mit Katzen befindet man sich eigentlich immer irgendwie in der Defensive, verteidigt sich schuldbewusst gegen vorwurfsvolle Blicke („Das schmeckt nicht, bin ich dir nicht mehr wert?“), klagendes Maunzen („Füttere mich sofort, sonst sterbe ich!“), oder selbstvergessenes Gähnen („Du bist sooo langweilig, Frauchen…“). Ein wenig masochistisch veranlagt zu sein als Katzenhalter schadet auf jeden Fall nie.

Alle meine Katzen haben Schmusenamen

Meine drei Hausgenossen werden „Jeannie“, „Apollo“ und „Odin“ gerufen und sind 14, 11 und 3 Jahre alt. Odin, der Jüngste, hieß die ersten drei Tage „Anubis“, da ich auf die alten Ägypter stehe, wurde aber einen Tag nach seiner “Taufe” krank. Da ich abergläubisch bin, dachte ich, ein altägyptischer Totengott als Namensgeber war vielleicht nicht die beste Wahl. Weil ich die Superheldenfilme von Marvel – ganz besonders „Thor“ – liebe, nannte ich ihn ab da eben „Odin“. Meine erste Wahl wäre „Loki“ gewesen, aber ich kenne meine Freunde, die hätten ihn spaßeshalber bei jedem Besuch „Lokus“ genannt. Alle meine Katzen haben einen offiziellen und einen „Schmuse“-Namen. Den kenne aber nur ich, der ist ausschließlich zum Trösten da.

 

Man erlebt viel und kann nach Jahrzehnten Bücher füllen. Meiner weißen Katze „Simba“ musste ich zum Beispiel bei einer Steißgeburt helfen und das Junge herausziehen, Nitribit brachte mit Vorliebe Frösche aus dem Garten mit und hatte diebische Freude dran, wenn ich im Wohnzimmer herumhüpfte, um sie wieder einzufangen. Penthesilea (nach der Königin der Amazonen – von den Kindern „Petersilea“ gerufen) hingegen, hatte eine Vorliebe für herrenlose Blindschleichen, welche sie mir in wöchentlichem Turnus auf die Kellertreppe legte.
Die nahm ich dann vorsichtig mit der Grillzange auf und brachte sie wieder ins Freie. Übrigens können die auch zischen. Das ist gruselig.

Drei Katzen in meinem “Rudel”

Mein eigenes „Rudel“ besteht also aus drei Katzen. Aber so einen wie Odin hatte ich noch nie. Er ist der renitente, aber unwiderstehliche Teenager, hört grundsätzlich nicht auf mich und ist nur zutraulich, wenn er gerade Bock drauf hat. In den drei Jahren seines Hierseins verursachte er bereits mehr Kollateralschäden als sämtliche Katzen vor ihm zusammen.

 

Eigentlich wollte ich eine junge Siamkatze, weil ich in deren Grazie verliebt bin. Die Wohnung der jungen Familie, die Katzenbabies inseriert hatte, wimmelte von diesen kleinen, blauäugigen Schönheiten mit silbernem Fell, aber keine von ihnen wollte sich von mir anfassen lassen. Odin, der als einzige graue Katze unter den herumwuselnden Siamesen wirkte wie ein Exote, hüpfte aber dafür sofort in meinen Transportkorb und maunzte, als wolle er fragen: „Wann geht’s los?“

 

„Der will zu mir, den nehme ich“, sagte ich, denn ich glaube, dass Katzen sich ihre Besitzer aussuchen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Und Odin wollte mich. Klar – so eine Dumme findet er niemals wieder…

Völlig neue Regeln seit Odins Einzug

Am Tag nach seiner Ankunft brachte ich ihn zum Tierarzt für den obligatorischen Check. „Der wird mal sooooo groß und ungefähr sechs Kilo schwer.“ Der Tierarzt breitete seine Arme aus, um mir den Umfang des erwachsenen Odin zu demonstrieren. Es sah nach kleinem Hund aus. Fassungslos schaute ich ihn und dann das kleine dünne Bündel auf meinem Arm an. Der Tierarzt hat Recht behalten – aus Odin wurde ein prachtvoller Kater mit dem Gesichtsausdruck: “Komm ruhig, wenn du dich traust“. Garfield könnte bei ihm in die Lehre gehen.

 

Seit Odins Einzug gelten hier völlig neue Regeln:

 

1. Gefrorene Butter darf zum Auftauen niemals auf die Spüle gelegt werden, sonst fehlt nach kurzer Zeit ein Drittel samt Verpackung, und die Katze hat zwei Tage Durchfall.

 

2. Bei Blumensträußen muss sämtliches Grünzeug aussortiert werden, sonst wird es abgefressen und ausgespuckt.
Überall. Unter Jammern und Wehklagen.

 

3. Zum Verpacken von Geschenken darf ausschließlich Papier verwendet werden – niemals Kräuselband aus Aluminium oder Bast – diese Katze schluckt alles und übergibt sich danach an den unmöglichsten Stellen, bevorzugt auf dem Treppenabsatz im ersten Stock, weil es sich von da aus besser verteilt.

 

4. Leckerlis in Form von getrocknetem Fisch müssen immer zur Hand sein – alternative Möglichkeiten, Odin vom Balkon wieder in die Wohnung zu bekommen (oder ihn in einem seiner unzähligen Verstecke aufzuspüren) existieren nicht.

 

5. Keine grauen Bodenbeläge oder Badematten mehr kaufen – sie sind nämlich Tarnkappen für gleichfarbige Katzen, und man tritt dann versehentlich drauf. Das ist unschön, und beim letzten Mal habe ich mir dabei einen Zeh gebrochen. Dafür wurde ich sogar im Krankenhaus ausgelacht.

 

6. Katzentoiletten müssen täglich um die gleiche Uhrzeit akribisch gesäubert werden. Sollte das nicht der Fall sein, findet man den „Protest“ neben dem Klo. Wenn man viel Glück hat.

 

7. Nicht festgeklebte Teppiche müssen einmal pro Woche entfernt werden, um das aus geklauten Schaschlikstäbchen und verschwundenen Vitaminpillen bestehende Lager auszuheben, das Odin dort regelmäßig anlegt. Neulich habe ich ihn dabei erwischt, wie er versuchte, meinen Staubsauger-Roboter unter den Teppich in eine Falle zu locken. Der steckte bereits fest und spielte dabei eine traurige Melodie. Odin saß daneben und schaute mich unschuldig an. Wirklich wahr.

 

8. Beim eigenen Toilettengang die Katze möglichst aussperren und alles WC-Papier unzugänglich aufbewahren. Perforiert ist es äußerst schwer zu benutzen.

 

Katzen übergeben sich oft und gern, vor allem, wenn sie älter werden. Man sitzt gerade entspannt vor dem Fernseher / beim Essen, als plötzlich das altbekannte Geräusch ertönt: „Onk, onk, onk, bruaaaah, platsch.“

Katzen erbrechen sich wesentlich leichter als Menschen

Dann steht man seufzend auf, streift sich Einweghandschuhe über, schnappt sich eine Küchenrolle und sucht die besagte Stelle. Katzen kotzen. Viele. Viel. Der Tierarzt erklärte mir, dass sie, genau wie Hunde übrigens, wesentlich leichter erbrechen können als Menschen und dies sogar teilweise absichtlich herbeiführen.
Man findet ihre Hinterlassenschaften zu 90 % an unzugänglichen Stellen: hinter dem Schrank, im Lampenschirm, auf dem nagelneuen Teppich (da besonders gern) oder im geflochtenen Weidenkorb. Keine Chance, das jemals wieder rauszubekommen.

 

Letzten Dezember packte ich im Esszimmer Geschenke ein und musste kurz in die Küche, als ich wieder das vertraute „onk, onk, onk“ hörte. Odin ist eine Drama-Queen und schreit zum Steinerweichen, weil es ihn jedes Mal überrascht, wenn beispielsweise 20 Zentimeter breites Seidenband oder anderer unverdaulicher Kram sich seinen Weg nach draußen bahnt. Er klingt dann, als würde er gefoltert.

 

Als er ungefähr 100 Gramm gefrorener Butter mitsamt der Alufolien-Verpackung verdrückt hatte, rief ich panisch den Tierarzt an und fragte, ob er operiert werden müsse. Der sah es gelassen und erzählte was von einem Hund, der schon mal 16 Teelichter gefressen hatte. „Warten Sie einfach ab“, riet er mir. „Normalerweise kommt das hinten wieder raus.“

 

Jaja, „kommt hinten wieder raus“. So wie gute 20 Zentimeter silbernes Weihnachts-Kräuselband, das Odin gefressen hatte. Ich fand es in der Katzentoilette. Fragen Sie bitte nicht, worin es eingebettet war.

 

„Keine Ahnung, warum er alles runterschlingt“, erklärte mir der Tierarzt bedauernd. „Es gibt solche Charaktere.“ „Aber ich kann doch nicht alles wegsperren“, antwortete ich resigniert. „Neulich hat er Verpackungs-Chips aus einem Karton verdrückt, mindestens drei Stück.“ „Und?“, fragte der Tierarzt. „Scheinbar hat er sie verdaut, keine Ahnung, wie“, musste ich kleinlaut zugeben.

 

Keine meiner Katzen wurde so oft geröntgt wie Odin, aber wenigstens hat er bis heute alles auf natürlichem Wege durch die eine oder andere Öffnung wieder ausgeschieden.

Bodenbelag mit Kunstfasern macht sich besser

Es ist nicht mal so sehr das Erbrechen, das mich stört, sondern, WO es stattfindet. Vor neun Monaten leistete ich mir zum ersten Mal im Leben einen handgeknüpften Perserteppich in Taubenblau. Darüber hatte ich lange nachgedacht (kommende Tierarztrechnungen in monströser Höhe…), aber ich wollte weg von den toten kleinen Polyestern in meinem damaligen Bodenbelag. Sobald ich am Tisch saß, lud ich mich nämlich elektrisch auf und kriegte eine gewischt.

 

Neun Monate liegt der edle Perser nun in der Wohnung. Ein Vermögen habe ich dafür ausgegeben. Für eine obszön teure, hochwertige, aus reiner Wolle bestehende Kratz- und Kotzmatte. Mehr ist mein Teppich nämlich nicht, musste ich feststellen.
Täglich werden Fäden herausgepiekt, die ich überall in der Wohnung finde, und die ehemals hellblaue Farbe ähnelt jetzt einem Army-Tarnanzug in Camouflage, weil “handgeknüpfter Perserteppich” in Katzensprache vermutlich bedeutet: “Bitte übergib dich auf mir, aber nur, wenn es sich lohnt und das Futter besonders dunkle Farbe hat.” Ich liebäugle jetzt frustriert wieder mit einem dunkelblauen Bodenbelag aus Kunstfasern. Tut mir leid, Umwelt.

 

Katzen werden krank. Leider. Bevorzugt Samstagnacht gegen 23:00 Uhr oder am Sonntagmorgen um 5:30 Uhr – Voraussetzung für Unwohlsein ist auf jeden Fall, dass kein Tierarzt erreichbar sein darf, außer in 150 Kilometern Entfernung. Da bin ich auch schon hingefahren, mitten in der Nacht. Sie kennen das ja sicher.

Ein guter Tierarzt ist Gold wert!

Gottseidank habe ich mittlerweile einen richtig guten gefunden, dem ich auch im Morgengrauen eine SMS schicken darf, die er dann prompt beantwortet. Er lässt mich sogar am Sonntag kommen, wenn es sich um einen Notfall handelt. Man fühlt sich ja immer so ohnmächtig, wenn es den Süßen schlecht geht, und man nicht helfen kann.

 

Normalerweise läuft alles gut im “Rudel”, bis auf gelegentliche Reibereien, die selbstverständlich jedesmal von Odin ausgehen. Er lauert der armen blinden Jeannie auf dem Wohnzimmertisch auf, bis sie vorbeitapst, dann hangelt er mit der Pfote nach ihr. Wenn sie dann fauchend auf ihn losgeht, ist er immer total überrascht. Sie kann nämlich ausgesprochen biestig sein, trotzdem sie nichts sieht. Ich muss dann jedes Mal schallend lachen, wenn ich das verdutzte Katergesicht sehe, und ihn trösten.

Auch Katzen können Allergien haben

Jeannie kommt mit ihrer Behinderung gut zurecht, solange die Möbel am gewohnten Platz stehen (vor allem die Toilette…). Und sie ist ein zähes altes Mädchen, mit der ich nur einmal jährlich zum Tierarzt muss, wenn ihre Allergie gegen Birkenpollen wieder aktiv ist. Ja, Sie lesen richtig. Auch Katzen können Allergiker sein.

 

Anstrengend ist es manchmal, wenn eine krank ist und man vor Sorgen nicht schlafen kann. Zermürbend ist es, wenn eine es voraussichtlich nicht mehr schafft und man vor der Frage steht, ob man ihr weitere Schmerzen zumuten darf oder nicht. In diesem Falle muss zugunsten des Tieres entschieden werden, denn als Besitzer möchte oder kann man oft viel zu schwer loslassen. Das sind die schlimmen Momente.

 

Wunderschön ist es, wenn sie beschließen, dass der schönste Schlafplatz Frauchens Schoß ist, sich an einen schmiegen und wohlig schlummern, bis einem die Beine taub werden. Man bleibt natürlich dann trotzdem mucksmäuschenstill liegen, um sie nicht zu wecken. Nervig ist es, wenn sie auf dem Fernseh-Bildschirm genau in dem Moment eine Fliege fangen, wenn der Kommissar den Mörder kriegt.
Zum Haare raufen ist es, wenn sie auf dem Schreibtisch wieder mal Rechnungen angenagt haben, deren abgefressene Ecken sich vermutlich gerade ihren Weg durchs kätzische Verdauungssystem bahnen. Besonders gut schmeckt übrigens scheinbar Post von der GEZ… kein Witz. Ich habe Beweisfotos.

Auch Seife Objekt der Begierde…

Und lästig ist es, wenn die Katze, während man in der Badewanne sitzt, versucht, die Seife zu fressen. Ich bin kein Tierarzt, weiß aber, dass das nicht gesund ist.

 

Ein Leben ohne diese Wesen kann ich mir nicht mehr vorstellen. Sie waren immer um mich, haben mir mit geheimnisvollen Blicken signalisiert, dass sie mehr wissen als ich oder mich mit ihrer Anmut erfreut. Sie gängeln mich, schikanieren mich, und kosten mich regelmäßig ein Vermögen. Sie sind bisweilen unpraktisch, weil ich nie spontan verreisen kann. Ihr Verhalten ist gelegentlich irritierend (“Ist das etwa ein Spinnenbein, das dir aus dem Maul hängt?”). Aber mir würde etwas fehlen, wenn sie nicht da wären. Zu ruhig und zu leer wäre es. Und ein wenig trostlos, weil sie dankbare Abnehmer für die Liebe, Zuwendung und Zärtlichkeit sind, die in uns allen schlummern.

 

An dieser Stelle höre ich auf, sonst wird das hier ein Text in der Länge von “Krieg und Frieden”. Würde aber passen.

 

Abschließend ein Wort noch zu Odin, dem niedlichen Biest: Der darf natürlich alles. Beinahe alles. Außer Seife fressen oder Kräuselband. Nur eines nehme ich ihm gewaltig übel: Neulich entdeckte ich, dass er von meiner gehorteten Luftpolsterfolie in der Ankleide sämtliche Blasen mit seinen Krallen aufgepiekt hat. Alle. Dafür werde ich mich rächen. Mit rohem Thunfisch im eigenen Saft. Oder Rinderherz. Schauen wir mal.

 

Ich grüße Sie herzlich!

 

Ihre Barbara Edelmann

 

Bildnachweis: Barbara Edelmann

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