Eine bahnbrechende und zugleich umstrittene Selbstbehandlung sorgt derzeit in Kroatien und darüber hinaus für Diskussionsstoff. Die Virologin Beata Halassy von der University of Zagreb gab bekannt, ihren Brustkrebs im dritten Stadium durch eine Behandlung mit Vireninjektionen selbst geheilt zu haben. Ihr Vorgehen erzielte ein sehr beachtenswertes Resultat, doch das Selbstexperiment stößt auch auf Kritik.
Onkolytische Virotherapie: Brustkrebs mit Viren behandelt
Was ist Gegenstand der Diskussion? Nun – die von Halassy angewandte Behandlungsmethode gehört zur sogenannten Onkolytischen Virotherapie (OVT). Diese experimentelle Therapie setzt spezielle Viren ein, die gezielt Krebszellen befallen und gleichzeitig das Immunsystem aktivieren, um gegen den Tumor vorzugehen. Weltweit ist das Verfahren OVT noch nicht als Standardbehandlung zugelassen. Es befindet sich aktuell in der Erforschungs- und Testphase. Trotzdem entschied sich Halassy, den unkonventionellen Weg der Selbstbehandlung zu gehen, um dem Brustkrebs in ihrem Körper den Kampf anzusagen. Eine Freigabe durch medizinische Gremien holte sie nicht ein.
Diagnose Brustkrebs: Der ungewöhnliche Weg der Selbstbehandlung
Die Entscheidung für das ungewöhnliche Selbstexperiment im Zusammenhang mit ihrem Brustkrebs traf die Virologin, nachdem bei ihr ein Tumor am Ort einer früheren Mastektomie festgestellt wurde. Mit 49 Jahren wollte Halassy einer weiteren Chemotherapie entgehen. Stattdessen nutzte sie ihre Expertise als Virologin, um im eigenen Labor zwei spezifische Viren zu züchten: Ein modifiziertes Masernvirus und ein vesikuläres Stomatitis-Virus (VSV). Beide Viren hatten bereits in vorklinischen Studien Potenzial gegen Krebs gezeigt und infizierten jene Zelltypen, aus denen auch Halassys Tumor bestand.
Behandlungsverlauf: Zwei Monate Vireninjektionen und Tumorschrumpfung
Über einen Zeitraum von zwei Monaten injizierte Halassy sich regelmäßig die Viren direkt in den Tumor. Der Behandlungsfortschritt wurde durch Onkologen überwacht, die bereitstanden, um bei Bedarf eine Chemotherapie einzuleiten. Doch dazu kam es nicht – die Vireninjektionen zeigten eine deutliche Wirkung und somit einen Erfolg. Der Tumor begann zu schrumpfen und verlor an Festigkeit. Als er sich schließlich vom Brustmuskel und der Haut ablöste, konnte er chirurgisch entfernt werden. Eine anschließende Gewebeanalyse zeigte, dass der Tumor von Immunzellen zersetzt war, was auf eine durch die Viren ausgelöste Immunantwort hinwies.
„Eine Immunantwort wurde definitiv ausgelöst“, so Halassy. Die Therapie schien gewirkt zu haben – sie ist seit vier Jahren krebsfrei.
Ethische Bedenken und Kritik am Selbstexperiment
Trotz des Erfolges stößt ihr Ansatz in Sachen Brustkrebs in der wissenschaftlichen Gemeinschaft auf Skepsis. Die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse in Fachmagazinen wurde abgelehnt, da die Fortschritte auf einem nicht autorisierten Selbstexperiment basieren. Wissenschaftler und Mediziner äußern Bedenken, dass solche Experimente Laien dazu verleiten könnten, auf eigene Faust experimentelle Behandlungsmethoden zu versuchen und dabei auf bewährte Therapien zu verzichten.
Ein zweischneidiges Schwert…Besonders kritisch wird gesehen, dass Personen ohne die notwendige Fachkenntnis solche Methoden anwenden könnten – und dabei erhebliche gesundheitliche Risiken eingehen. Ob jedoch ein Laie eine solche Untersuchung respektive Behandlung überhaupt alleine angehen könnte, ist mehr als fraglich.
„Die Hauptsorge waren immer ethische Fragen“, erklärte Halassy selbst. Sie betont, dass Selbstexperimente in der Wissenschaft eine lange Tradition haben, erkennt jedoch die Gefahr, dass ihr Fall als Vorbild für Selbstversuche in der breiten Öffentlichkeit missverstanden werden könnte.
Selbstexperimente in der Medizin: Zwischen Tradition und Risiko
Dabei haben Selbstexperimente in der Wissenschaft eine lange Geschichte und viele beachtliche Erkenntnisse hervorgebracht. Sie bergen jedoch durchaus Risiken, ganz klar.
Halassys Fall wirft deshalb nicht nur Fragen zur onkolytischen Virotherapie auf, sondern fokussiert durchaus auch auf die Notwendigkeit klarer Abgrenzung zwischen wissenschaftlicher Forschung und Laienexperimenten. Letztlich ändert das aber dennoch nichts daran, dass die Wissenschaftlerin mit ihrer Methode erfolgreich war. Ob das auch auf andere Patientinnen mit Brustkrebs übertragen werden kann, wird aktuell wohl kaum jemand beantworten können, so dass “Patientinnen von nebenan” auf die offizielle Freigabe einer solchen Therapie warten müssen.
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Quelle: forschung-und-wissen.de vom 10. November 2024