Was waren das für Jubelmeldungen vor einigen Wochen! Medial wurde von verschiedenen Redaktionen überschwenglich über einen Bluttest zur Früherkennung von Brustkrebs berichtet. Er wurde am Universitätsklinikum Heidelberg entwickelt und schon als eine Art “Durchbruch” beschrieben. Das war und ist er allerdings keinesfalls, wie sich nun herausstellt.
Im Nachrichtenmagazin SPIEGEL, in der Ausgabe 09/2019, kommt eine Wissenschaftlerin zu Wort, die die Dinge ganz anders darlegt. Und zwar Ingrid Mühlhausen. Die 65jährige Hamburger Gesundheitswissenschaftlerin antwortet in dem Magazin auf die Frage, was von dem als “Meilenstein” bezeichneten Bluttest zu halten ist, wie folgt:
“(…)Es wird so überschwenglich über diesen Test berichtet, als wäre er der Durchbruch; doch in Wahrheit befindet er sich noch in einer sehr frühen Phase der Erprobung. Die Studie, in der der Test untersucht wird, ist noch nicht einmal abgeschlossen. Und ich konnte auch sonst keine wissenschaftliche Veröffentlichung zu diesem Bluttest finden. Das ist sehr ärgerlich, denn so gibt es keinerlei Möglichkeit, den Wahrheitsgehalt der Jubelmeldungen zu überprüfen.”
Bluttest klingt noch nicht mal vielversprechend….!
Gefragt danach, ob denn die Meldungen zu dem Bluttest aber nicht irgendwo auch vielversprechend klingen, sagt Frau Mühlhauser:
“Nein. Grundsätzlich wäre es ja sehr zu begrüßen, wenn ein neues Testverfahren zur Früherkennung von Brustkrebs zur Verfügung stünde. Aber ein solcher Test müsste natürlich besser sein als die bisherigen Methoden, also vor allem besser sein als die herkömmliche Mammografie. Bei Frauen über 50 Jahren, die viel häufiger als jüngere Frauen Brustkrebs bekommen, scheint die Sensivität der neuen Bluttests (…) aber nur bei 60 Prozent zu liegen. Das wäre sehr viel schlechter als bei der Mammografie.”
Mit “Sensivität” ist übrigens die Zuverlässigkeit, mit der Brustkrebs durch den besagten Test erkannt werden kann, gemeint. Da scheint es mit dem neuen, so hoch gejubelten, Bluttest, leider nicht sehr weit her zu sein…!
Werden einige Frauen mit falschen Ergebnissen unnötig in Angst versetzt?
Das bestätigt auch die Aussage von Ingrid Mühlhausen, im Zusammenhang mit der Zulassung des besagten Bluttests, Zitat:
“(…)ich habe die große Sorge, dass der neue Bluttest nach der Marktzulassung jungen Frauen vom Arzt als sogenannte Igel-Leistung angeboten wird, für die sie selbst bezahlen müssen. Ich befürchte, dass möglicherweise viele Frauen diesen Test machen werden, obwohl eine ganz wichtige Frage den bislang mitgeteilten Ergebnissen zufolge noch völlig offen ist: Wie oft hat dieser Test ein falsch positives Ergebnis – wie oft zeigt er also Krebs an, obwohl gar kein Krebs da ist? Wenn das häufiger vorkäme, müssten viele Frauen überflüssige Untersuchungen über sich ergehen lassen – und hätten unnötig Angst”.
Also – hier scheint doch das Gebot der Stunde, mit einem gesunden Misstrauen auf diese Neuerung zu blicken! Und in diesen Tagen und Wochen zu verfolgen, was es Neues zu diesem Bluttest gibt. Denn immerhin scheint es Nachbesserungsbedarf zu geben – und das dringend. So oder so muss allerdings auch anerkannt werden, dass es gut ist, dass Forscher sich einem solchen Test widmen, denn er ist überfällig!
Fortschritt des Bluttests zu verfolgen macht Sinn
Und dass die Perfektion nicht von heute auf morgen gelingen kann, ist auch klar.
Ebenso, wie Klarheit darüber herrschen dürfte, dass nur ein wirklich ausgereiftes Produkt auf den Markt kommen darf. Deshalb ist interessierten – und vor allem familiär vorbelasteten – Frauen unbedingt angeraten, die Fortschritte bzw. den weiteren Verlauf der Entwicklung dieses Bluttests stetig zu verfolgen!
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Recherche Inhalt: SPIEGEL, Ausgabe 9, 2019