Dienstag, 4. November, 2025

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20 Schnitzel zum Mittag: Eine Zehnfach-Mama & ihr Alltag

Im beschaulichen Helmbrechts in Oberfranken ist die 39-jährige Conny Weber zuhause. Zu ihr gehören Ehegatte Marcel und neun Kinder. Das zehnte – und letzte – ist aktuell unterwegs. Was in heutigen Zeiten oft ein Kopfschütteln hervor ruft, war eine bewusste Entscheidung des Ehepaares. Beide wollten eine große Familie. „Ich hatte bereits drei Kinder, als mein Mann und ich uns kennenlernten. Dann haben wir von Kind zu Kind neu entschieden.“, sagt Zehnfach-Mama Conny Weber gegenüber der WELT AM SONNTAG. Jeweils alleine bei den Eltern groß geworden, verspürten beide den Wunsch nach einer großen Gemeinschaft. „Wir sind beide als Einzelkinder aufgewachsen und hatten einfach den Wunsch nach einer großen Familie, in der alle zusammenhalten und füreinander da sind“ so die außergewöhnliche Mama von zehn Kindern (das kleine Wesen im Bauch schon mal mitgerechnet).

Gegen 5 Uhr startet die Zehnfach-Mama in den Tag

Der Alltag der Großfamilie hat es in sich und beginnt werktags schon gegen 5 Uhr. Nach dem Weckerklingeln beginnt Mutter Conny mit der Frühstückszubereitung für die ganze Crew. In verschiedenen Brotboxen landen Wurstbrote, Käsewürfel, Obst und Brezen. So gerüstet, steigen die Kinder gegen 7:15 Uhr in den Familienbus. Das Pendeln zu Schule und Kita ist auf dem Land, wo die Familie zuhause ist, obligatorisch. Connys Mann arbeitet als Lokführer und ist im Güterverkehr viel unterwegs. Oft über mehrere Tage hinweg, so dass Alltag und Haushalt von seiner Frau gestemmt werden. Die Mehrfach-Mutter sieht das pragmatisch: „Dafür stimmt der Verdienst“.

Ein Haus als Kinderparadies – Struktur, Raum und Gemeinschaft

Das Zuhause der großen Familie ist noch neu. Erst letztes Jahr bezog man gemeinsam ein  300 m² großes Haus auf dem Land, gefördert durch Landesmittel. Das Grundstück bietet alles, was Kinderherzen höher schlagen lässt: Einen umzäunten Pool, einen großen Sandkasten, Trampolin, Kettcars. Ein Traumzuhause, das so in der Stadt nie drin gewesen wäre. Hier im Ländlichen ist nun der Lebensmittelpunkt der Webers, wird ein Familienalltag mit Struktur gelebt. Klare Regeln sind das A und O, wie Mutter Weber verlautbaren lässt.

Einkauf, Ernährung, Alltag – es ist viel, aber erfüllend

Was den Verbrauch der Familie in Sachen Lebensmittel betrifft, so kommen hier beeindruckende Zahlen ins Spiel: Ganze 20 bis 25 Kilogramm Obst pro Woche werden gegessen, zweimal innerhalb sieben Tagen geht es zum Einkauf. Ein normales Mittagessen schlägt hier schon mal mit fünf Kilo Kartoffeln und 20 Schnitzeln zu Buche. „Neulich gab es Mini-Hamburger, da haben 45 Stück nicht mal gereicht“, berichtet Zehnfach-Mama Weber.

Intensiver Familienalltag und Ehrenamt: Das geht!

Neben ihrem intensiven Familienalltag engagiert sich Mutter Conny ehrenamtlich – etwa im Elternbeirat oder Vereinen. Dieses Engagement resultiert aus ihrem Bedürfnis, mit anzupacken – so das ungewöhnliche Familienoberhaupt gegenüber der WELT AM SONNTAG.

Familien mit fünf oder mehr Kindern machen nur etwa 0,8 % der deutschen Familien aus – solche wie die der Webers sind echte Ausnahmen. Vorbehalte gegenüber kinderreichen Familien seien oft „in der Luft“ hört man von Conny Weber. Ihr selbst allerdings sei noch kein direktes Vorurteil begegnet. „Ich hatte aber vielleicht auch Glück, weil ich sehr engagiert bin.“ mutmaßt sie.

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen für Kinderreiche sind ein Thema

Familien mit vielen Kindern stehen hierzulande etlichen Herausforderungen gegenüber. So zählt die Vorsitzende des Verbandes kinderreicher Familien Deutschland e.V., Dr. Elisabeth Müller, unter anderem die Abschaffung der Familienreservierung bei der Deutsche Bahn AG auf: „Die neuen Reservierungsgebühren treffen insbesondere kinderreiche Familien unverhältnismäßig hart. Bei fünf Kindern steigen die Reservierungskosten für eine Fahrt um über 270 % von bisher 20,80 € auf 77,00 €“. so Müller. „Wer mit mehreren Kindern reist, braucht verlässliche, zusammenhängende Plätze. Das ist keine Frage des Komforts, sondern der Zumutbarkeit.“

Auch die Debatte um das Ehegattensplitting kommt immer wieder zur Sprache: „Das Ehegattensplitting ist kein Privileg, sondern Ausdruck eines steuerlichen Ausgleichs. Eine Abschaffung würde viele Familien, gerade kinderreiche, spürbar treffen“, warnt Müller. „In solchen Familien reduziert ein Elternteil häufig seine Erwerbstätigkeit zugunsten von Sorgearbeit.“ Für Conny Weber bedeutet das konkret: „Wir profitieren aktuell vom Ehegattensplitting – aber dass das unter Gleichberechtigungs­gesichtspunkten zur Disposition steht, sorgt auch bei uns für Unsicherheit.“ Und zur Bahnreservierung ergänzt sie: „Wenn wir mit der ganzen Familie verreisen wollen, muss alles minutiös geplant werden – da jeder Platz zählt. Wenn dann solche Reservierungen teurer oder schwieriger werden, ist das eine reale Belastung.“

Eine Familie, viele Aufgaben – und eine klare Vision

Familie Weber lebt einen Lebensentwurf, der heute ungewöhnlich ist – großfamilienfreundlich, engagiert, strukturiert. Dabei betont sie, dass der Alltag zwar anstrengend, aber auch sehr erfüllend ist. Als Mutter hat Conny Weber ihren Platz zwischen frühmorgendlichem Familienbetrieb, Struktur, Eigenverantwortung und gesellschaftlichem Engagement gefunden. Und bestätigt damit: Wer Großfamilie lebt, leistet nicht nur Erziehung, sondern schafft einen Mikro-Kosmos von Liebe, Zusammenhalt und Gemeinschaft.

Quelle: WELT AM SONNTAG, 2. November 2025

Bild (Symbolfoto): pexels.com / Muffin Creatives

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