Freitag, 26. Juli, 2024

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“Ich setzte Himmel und Hölle in Bewegung, um Miranda zu retten”

Susanne Rittscher (im Bild) hörte durch Zufall von einem Pferdeschicksal, das es in sich hatte. Sie setzte sich für das Tier – Miranda – ein und holte es schließlich zu sich auf ihren Hof. Seitdem hat sich ihr Leben total verändert und ihr Alltag wird durch die Pflege und Fütterung von Tieren bestimmt. Bei dem einem Pferd blieb es längst nicht, denn mittlerweile haben noch mehrere vierbeinige Gesellen ein Zuhause bei Susanne gefunden.

Auf Miranda durch Zufall gestoßen

Über ihr ungewöhnliches Projekt, das zwischenzeitlich in einen Tierhilfe-Verein übergegangen ist, berichtet Susanne im Interview:

FB: Susanne, wie kam es dazu, dass Du an die Stute Miranda gelangt bist?

Das war eigentlich ein Zufall. Auf meiner frühen Morgenrunde mit den Hunden, traf ich hin und wieder einen Mann von dem ich wusste, dass er Hannoveraner Pferde züchtete. Er fuhr mit dem Fahrrad zu einer Weide, auf der seine Stuten standen. Ich ging einige hundert Meter neben seinem Rad her, bis ich abbiegen musste. Dabei sprachen wir immer ein paar Worte. So auch an einem Morgen Anfang Mai 2011. Ich fragte, ob er schon Fohlen hätte. Er bejahte, ein Hengstfohlen war gerade auf die Welt gekommen und eine der anderen Stuten hatte eine Totgeburt. Schon das zweite Jahre hintereinander, beklagte er sich.

Gnadenbrot? Von wegen!

Ich wollte wissen wie alt die Stute sei. 20 Jahre, erfuhr ich, er wollte sie jetzt nicht mehr belegen lassen. „Dann bekommt sie jetzt das Gnadenbrot bei dir?” fragte ich naiv, denn ich wusste nichts über die Gepflogenheiten in der Pferdezucht. „Nein die geht zum Schlachter”, sagte er. Da waren wir an der Wegbiegung angekommen und ich ging mit den Hunden nach Hause. Den ganzen Tag wollte mir diese Geschichte nicht aus dem Kopf gehen. Ich fand es so ungerecht, was mit der armen Stute geschehen sollte. Für mich stand fest, ich musste dieses Tiere retten. Als ich anfing Miranda zu retten, kannte ich sie noch gar nicht. Mein näheres Umfeld fand diese Idee völlig verrückt.

FB: Wie ging es dann weiter?

Mir war es egal was Freunde und Verwandte dazu sagten, ich setzte Himmel und Hölle in Bewegung um Miranda zu retten. Merkte aber auch schnell, dass es schwierig war, ein altes und unreitbares Pferd unterzubringen. Niemand wollte Miranda haben, die ja nur Kosten und Arbeit verursachte und kein Geld mehr brachte.

Der Fall ging nun auch durchs Internet und lief durch mehrere Tierschutzverteiler. Viele Menschen hatten Mitleid, aber niemand war bereit Miranda aufzunehmen. Die Zeit wurde knapp, Mirandas Schlachttermin stand schon fest und ich hatte immer noch keinen Platz für sie gefunden. Obwohl ich noch kein Stückchen weiter gekommen war, sagte ich einfach zu dem Züchter ich hätte einen Interessenten für das Pferd gefunden.

Miranda – ein wunderschöner Schatz!

Susanne mit Stute MirandaEr wollte 500.- Euro haben, das war der Schlachtpreis. Ich bat ihn, von der Stute ein paar Fotos für die Interessenten (die es ja gar nicht gab) machen zu dürfen. Dabei sah ich die schöne Fuchs-Stute das erste Mal. Miranda war wirklich ein Schatz und wunderschön! Ganz ruhig stand sie da, mit viel zu langen Hufen. Die hatte er natürlich nicht mehr machen lassen. Das lohnte nicht, bei einem Pferd das eh zum Schlachter geht. Ich stellte die Fotos ins Internet doch mein Problem blieb. Es fand sich kein geeigneter Platz für Miranda.

Die Zeit drängte und so entschloss ich mich das Pferd selbst zu nehmen. Ich hatte zwar überhaupt keine Ahnung von Pferden, aber ich konnte die Stute nicht im Stich lassen. Ich hatte den Platz, da ich auf einem ehemaligen Bauernhof wohne. Zu dem Hof gehörten ein alter, baufälliger Pferdestall und eine Weide. Die stand allerdings schon seit vielen Jahren leer und war nicht eingezäunt.

FB: Wo hast Du dann Unterstützung erfahren?

Nachdem ich mich entschlossen hatte Miranda aufzunehmen, kam plötzlich eine Welle der Hilfsbereitschaft auf mich zu. Es kamen erste Spenden und eine Patenschaft. Dann meldeten sich freiwillige Helfer, die ihre Arbeitszeit und Kraft einsetzen um den alten Stall zu reparieren und die Weide einzuzäunen. Eine großzügige Dame spendete den Schlachtpreis für das Pferd. Es fanden sich noch mehr Menschen die das Projekt „Wie helfen Miranda” finanziell unterstützen wollten.

Zweiter Gnadenbrotplatz wurde geschaffen

So viel Gutes geschah, damit Miranda weiterleben durfte! Das war so toll. Natürlich konnte und sollte die Stute nicht allein stehen und so schafften wir gleich noch einen zweiten Gnadenbrotplatz. Den bekam der alte Wallach Bachus, denn er wäre nach einem langen Leben im Dienste für die Menschen, auch fast geschlachtet worden.

FB: Dein Leben hat sich ja durch Miranda schon etwas geändert – denn heute ist sie nicht die einzige auf Deinem Hof. Erzähl doch mal!

Mein Leben hat sich mit der Rettung von Miranda vollkommen verändert. Die Tiere sind zu meinem Lebensmittelpunkt geworden und der Hof zu einem kleinen Gnadenhof. Hier finden alte und unvermittelbare Tiere, die niemand mehr haben möchte, einen artgerechten Platz und werden liebevoll umsorgt.

Katzen, die schlummernZurzeit leben hier auf dem Hof zwei Pferde – Miranda (die am 23. Februar, 28 Jahre alt wird), Nielsson (ein 24-jähriger Haflinger), drei unvermittelbare Hunde – Chica, Campa, Giada, eine kleine Herde Ouessantschafe und 11 mehr oder weniger wilde Streunerkatzen. Aus meinem kleinen privaten Tierschutzprojekt „Wir helfen Miranda” wurde im Jahr 2015, der Tierschutzverein „Tierhilfe Miranda e.V.”.

FB: Welche Herausforderungen bringt der Alltag mit den Tieren mit sich?

Das Projekt erfordert jede Menge Arbeitseinsatz, Kraft und Energie. Wer sich im Tierschutz engagiert, muss voll und ganz dahinter stehen. Tiere wollen jeden Tag versorgt werden, auch an Sonn- und Feiertagen. Egal wie das Wetter ist oder meine Befindlichkeit. Urlaub oder mal einen freien Tag gibt es für mich seit 2011 nicht mehr. So etwas kann man nur mit einem gewissen Herzblut durchhalten, das ich Gott sei Dank habe.

FB: Welche Rolle spielt der Verein “Tierhilfe für Miranda e. V.”?

Der Verein ist eine ganz wichtige Sache, mit dem das Projekt finanziell unterstütz wird. Wir sind als gemeinnützig anerkannt und dürfen Spendenbescheinigungen ausstellen. Gerade alte Tiere brauchen hochwertiges Futter, eine gute Pflege und öfter mal den Tierarzt. Unsere Pferde haben eine chronische Atemwegserkrankung, was einige Anforderungen an eine gesunde Haltung stellt. Sie bekommen Kräuter, Schüßler-Salze und Reiki, als Unterstützung für die Atemwege.

Die Pflege und Verpflegung der Tiere ist kostenintensiv

Die Hufe sind nicht mehr so gut wie bei jungen Pferden, da muss der Hufschmied noch öfter kommen. Wir benötigen große Mengen an qualitativ hochwertiges Heu und staubarmer Einstreu. Das kostet alles enorm viel Geld und wir sind auf Spenden angewiesen. Das ganze Projekt finanziert sich nur über Spenden. Wir erhalten keinerlei Gelder von der Gemeinde oder vom Staat. Dabei kümmern wir uns auch um die Streunerkatzen in unserem Ort.

FB: Wie stemmst Du das alles? Vor allem in den Wintermonaten? Hast Du auf dem Hof praktische Hilfe?

Aktive Hilfe habe ich zurzeit leider nicht mehr. Die ehrenamtlichen Helfer sind aus alters- oder gesundheitlichen Gründen ausgeschieden. Nachdem die letzten beiden Helfer in ein anderes Bundesland gezogen sind, kümmere ich mich ganz allein um den Hof und die Tiere. Im Winter ist das ganz schön anstrengend. Pferdehaltung bedeutet sowieso körperlich schwere Arbeit. Im Winter ist es aber noch anstrengender.

FB: Wie verbindest Du all das mit Deinem Beruf?

Ich denke, so wie alle Menschen, die ehrenamtlich tätig sind. Mein Tag ist vollkommen durchgeplant und strukturiert. Sonst würde ich meine täglichen Aufgaben gar nicht schaffen. Viel Zeit für mich bleibt da nicht. Doch das ist nicht schlimm, denn ich weiß, warum ich das hier mache. Die Tiere geben mir so viel zurück. Ich kann das wirklich als meine Erfüllung bezeichnen.

FB: Wie sieht ein normaler Tag auf dem Hof bei Dir aus?

HofDas ist je nach Jahreszeit und Wetterlage anders aus. Ich beschreibe einfach mal meinen Tag, wie er zurzeit aussieht. Wir haben Anfang Februar und Dauerfrost. Morgens um 6.00 Uhr bekommen die Pferde und Schafe Heu. Danach gehe ich mit den Hunden die Morgenrunde. Wenn wir zurück sind, geht es in den Stall und die Pferde bekommen ihr Müsli und frisches Wasser. Bei Frost kann ich die Außenwasserleitung nicht nutzen.

Ich muss das Wasser in Eimern aus dem Haus schleppen, um die Tränken der Pferde und Schafe zu füllen. Wenn ich das erledigt habe, miste ich den Stall.

Zwischen Füttern und Pflegen: Kaffee und Büroarbeit

Danach kratze die Hufe der Pferde aus. Je nach Bedarf werden sie auch gestriegelt. Dann bekommen die Pferde noch einmal Heu und es geht ins Haus. Nun füttere ich die Hunde und Katzen und säubere die Katzenklos. Meistens bin ich so gegen 10.00 Uhr mit all dem fertig. Während die Hunde ihren Verdauungsschlaf halten, koche ich mir einen Kaffee und fahre den PC hoch. Bis ca. 12.00 Uhr erledige ich nun Büroarbeiten. Dann bekommen die Pferde noch einmal Heu und ich esse etwas. Anschließend gehe ich mit den Hunden, kümmere mich um den Haushalt und die Büroarbeit. Dann bekommen die Pferde wieder Heu und ich säubere wieder die Katzenklos. Um 16.30 Uhr bekommen die Pferde noch eine Portion Müsli.

Dann schleppe ich wieder Wassereimer und fülle die Tränke auf. Anschließend miste ich wieder den Pferdestall und verteile Heu in den Raufen, ebenso bei den Schafen. Ich lasse die Hunde raus und gehe ein bisschen mit ihnen auf dem Gelände. Sie können sowieso immer raus, wenn sie das wollen. Giada, unsere Herdenschutzhündin, begleitet mich normalerweise immer, wenn ich auf dem Hof unterwegs bin oder die Pferde versorge. Bis 19.00 Uhr habe ich Zeit für meine Büroarbeit und was sonst noch so anliegt. Dann bekommen die Hunde und Katzen ihr Abendbrot und ich koche mir etwas. Um 20.00 und um 23.00 Uhr bekommen die Pferde wieder Heu, damit sie die Nacht gut überstehen. Nach der letzten Fütterung lasse ich die Hunde zum Pinkeln in den Garten und dann geht es ab ins Bett.

FB: Welches war Dein schönstes Erlebnis bisher auf dem Hof, mit Deinen Tieren?

Es gibt eigentlich so viele schöne Erlebnisse, da fällt es mir schwer eins als das schönste zu nennen. Mir fällt jetzt spontan ein Erlebnis mit unserer Herdenschutzhündin „Giada” ein. Dafür muss ich erst mal erklären wie sie zu uns kam und wie sie vorher untergebracht war. Giada ist eine Maremmano Hündin. Ein Maremmano ist ein italienischer Herdenschutzhund. Diese Hunde stellen aufgrund ihrer Veranlagung, besondere Bedingungen an ihr Zuhause und sind deshalb sehr schwer zu vermitteln. Giada war nur wenige Wochen alt, als sie in Italien auf der Straße gefunden wurde. Man ging davon aus, dass der Welpe ausgesetzt wurde. Sie kam in ein riesiges Tierheim, mit über 700 Hunden, davon sehr viele Vertreter ihrer Rasse. Die kleine Maus wurde aufgepäppelt und überlebte. In Italien werden Straßenhunde nicht getötet, sie bleiben den Rest ihres Lebens hinter Gittern.

Giada – eine Bereicherung für den Hof

Dieses Schicksal hatte auch Giada vor sich. Sie sollte bis an ihr Lebensende, in einem kleinen Zwinger eingesperrt bleiben. Auf hartem Betonboden, ohne Decke, ohne Körbchen, ohne Spielzeug, ohne menschliche Zuwendung. Keine Abwechslung, kein Gras unter ihren Füßen, keine Freiheit, niemals rennen können, ein Hund von 700 anderen. Nur Gitterstäbe und Beton vor der Nase. Als Giada ein Jahr alt geworden war, machte uns jemand auf ihr Schicksal aufmerksam. Sie war jetzt zu einem großen Hund herangewachsen, hatte aber nie die Welt gesehen. Wir entschlossen uns ihr zu helfen und holten sie dort raus.

Hund und PferdIhr gesamtes erstes Lebensjahr hatte Giada (im Bild mit Miranda) hinter Gittern verbracht. Als sie hier auf dem Hof ankam, sah sie das erste Mal, dass die Welt hinter den Gitterstäben weitergeht. Was es heißt laufen zu können, wie sich Gras unter den Pfoten anfühlt, oder was für ein Spaß es ist im Teich zu planschen. Sie lernte an der Leine zu gehen und wie es ist einen Menschen zu haben, der sich um sie kümmert. Vor den anderen Tieren hier auf dem Hof hatte sie zuerst Angst. Sie hatte ja auch noch nie ein Schaf, Pferd oder eine Katze gesehen. Ich half ihr, gab ihr Sicherheit und die Zeit die sie brauchte, um sich einzuleben.

Großer Hund kümmert sich um kleine Katzen

Giada machte ganz tolle Fortschritte, obwohl alle wichtigen Prägungsphasen eines Welpen, bei ihr in der reizarmen Umgebung des italienischen Tierheims abgelaufen waren. Ich merkte wie sie sich Mühe gab und immer entspannter und freier wurde. Im Sommer 2018 hatten sich dann mehrere halbwilde Katzen in den Nebengebäuden unsers Hofes einquartiert. Darunter 4 Mutterkatzen mit Babys. Mir gelang es ein paar der Babys einzufangen. Ich nahm sie mit ins Haus und da geschah etwas, womit wir überhaupt nicht gerechnet hatten. Giada, die Hündin die selbst im Hundeknast großgeworden war, kümmerte sich um die Katzenbabys.

Sie nahm alle Babys unter ihre Fittiche, passte auf sie auf, knuddelte sie bei jeder Gelegenheit durch und zähmte sie so. Bald waren 16 Babys, unterschiedlichen Alters, die in Giada eine Nanny gefunden hatten. Giada half mir erst die Babys und dann die Mutterkazten zu zähmen. Ohne die Herdenschutzhündin wäre ich nicht so schnell an die verwilderten Katzen herangekommen.

FB: Wo können sich Interessierte über Dein Projekt informieren?

Wir berichten regelmäßig auf unserem Blog über unsere Arbeit und die Tiere. Außerdem sind wir auch auf Facebook vertreten.

FB: Was steht als nächstes an, gibt es schon Pläne für das Frühjahr oder den Sommer?

Für das Frühjahr haben wir die nächste Katzen-Kastrationsaktion geplant. Es sind noch einige wilde Katzen an der Futterstelle, die noch nicht kastriert wurden. Dafür brauchen wir unbedingt Spenden. Unser kleiner Verein schafft das nicht allein. Pferdehaltung ist im Winter extrem teuer. Dieser Winter ist noch heftiger für uns. Wegen der ungewöhnlichen Dürre 2018, sind die Preise für Heu geradezu explodiert. Wir versuchen momentan alles, damit wir unsere Tiere gut über den Winter bekommen. Da bleibt kein Cent für die Kastration der verwilderten Katzen übrig.

Hilfe wird benötigt!

Eine Kastration ist aber so wichtig, weil wir nur so die unkontrollierte Vermehrung der Streuner verhindern können. Wir wollen in diesem Sommer nicht wieder mit 16 Babys da sitzen, die wir dann versorgen müssen. Die wilden Katzen sind meistens krank und kaum zu vermitteln. Deshalb brauchen wir unbedingt Hilfe.

FB: Sicherlich ist Deine Freizeit – bedingt durch die Tätigkeiten auf dem Hof – knapp. Wenn Du aber doch einmal freie Stunden zur Verfügung, hast, was machst Du dann? Gibt es Hobbys? Wenn ja, welche?

Das stimmt, meine Freizeit ist knapp, da bleibt wenig Zeit für Hobbys. Ich nutze kleine Pausen gern zum Meditieren oder für Reiki. Damit tanke ich neue Kraft und lade meine Batterien auf. Außerdem halte ich mich gern in der Natur auf, bewege mich gern und mag Fotografieren. Außerdem interessiere ich mich für Naturheilkunde und Homöopathie, lese gern, schaue gern einen guten Film und mag gute Gespräche und mit netten Leuten zusammen sein.

Bildnachweis: Susanne Rittscher

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