Samstag, 27. Juli, 2024

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Von Nörglern und Besserwissern – Kolumne von Barbara Edelmann

Gehören Sie zu den glücklichen Damen, die mit einem besonderen Exemplar Mann gesegnet sind – einem Nörgler und Besserwisser? So ein richtig kuscheliges Herzblatt, das sich extra ein Kissen mit dem Spruch zulegt: „Ich bin kein Klugscheißer – ich weiß wirklich alles besser“?

Herzlichen Glückwunsch. Dann reihen Sie sich ein in eine lange Liste gebeutelter Frauen.

„Nicht geschimpft ist genug gelobt“ sagt Jan immer, der Mann meiner Freundin Anna. Noch nie hat sie es geschafft, ihm etwas recht zu machen, im Gegenteil:  Jan findet stets das berühmte Haar in der Suppe. Dazu benötigt er nicht mal Suppe, er kann das auch so. Neulich servierte sie ihm Gulasch, und auf ihre bange Frage, ob es ihm schmecke, antwortete er: „Ist wenigstens warm.“ Ihre liebevoll verzierten Weihnachtsplätzchen kommentierte er mit dem Spruch: „Wie die schmecken? Süß eben.“

Da weiß man doch, wofür man stunden- oder tagelang in der Küche stand.

Egal, was Anna tut, sie konnte es Jan in über 20 Jahren Ehe noch kein einziges Mal recht machen. Er findet, seine Frau kleidet sich nicht mehr sexy genug, denn nach ihrem 45ten Geburtstag ist sie dazu übergegangen, Skinny-Jeans mit Long-Pullovern statt Mikro-Minis mit Overknee-Stiefeln zu tragen. Zwei erwachsene Töchter, wenig Zeit fürs Fitness-Studio und jede Menge Stress fordern eben ihren Tribut, was Bindegewebsbeschaffenheit oder das Hautbild angeht.

Annas Haare sind Jan zu kurz (er muss sie ja nicht waschen und pflegen), ihr Make-Up zu dezent („Früher hast du dir mehr Mühe mit deinem Aussehen gegeben“), und ihr Fahrstil sorgt seit vielen Jahren für aufregende Unterhaltungen bei Ausflügen. Wenn Anna denn überhaupt mal ans Steuer darf. Dann bekommt sie jedes Mal von Jan eine Nachschulung. Am liebsten würde er sie wohl wöchentlich zur MPU schicken, wenn man seinen Worten glauben darf.

Laut Kraftfahrt-Bundesamt waren in Deutschland im Januar 2018 insgesamt 56,5 Millionen Fahrzeuge zugelassen. Und jetzt stellen Sie sich vor: Es gibt unter den Haltern dieser 56,5 Millionen Fahrzeuge genau einen einzigen, der zum Führen eines Kfz befähigt ist – Jan natürlich. Alle anderen, die ihm auf Deutschlands Straßen begegnen, sind Idioten. Behauptet er.

Anna hat es wirklich nicht leicht. Zusammen mit Jan betreibt sie einen florierenden Einzelhandel mit großem Ladengeschäft und einen gutgehenden Internetversand. Selbstverständlich ist Jan der Boss. Er kauft Ware ein, überwacht die Buchhaltung (und Anna), beschließt oder ändert Ladenöffnungszeiten und kontrolliert alles. Anna steht tagein- tagaus im Laden, hilft im Versand und darf zum Ausgleich am Feierabend den Haushalt schmeißen oder den Garten versorgen. Meistens beides.

„Manchmal verkrieche ich mich in der Kundentoilette und heule in eine Klopapierrolle“ gestand sie mir neulich am Telefon. „Er macht mich vor den Kunden zur Minna, wenn ich seiner Meinung nach was Falsches gesagt habe. Und er behauptet ständig, dass die Kunden, genau wie ich, von nichts eine Ahnung haben. Die Welt besteht seiner Meinung nach ausschließlich aus Trotteln. Das schließt alle Regierungen auf diesem Planeten mit ein. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.“

Jan nennt seine Anna heute noch „Mausi“ wie am Anfang ihrer Bekanntschaft vor zwei Jahrzehnten. Meiner Meinung nach könnte es nur von Vorteil sein, wenn Anna aus „Mausi“ herausschlüpfen und sich zum Drachen weiterentwickeln würde, aber das getraut sie sich nicht.

Immerhin erzählt er ihr seit zwei Jahrzehnten, wie dumm sie ist, und dass sie ohne ihn aufgeschmissen wäre. Irgendwann fing sie an, ihm zu glauben.

Selbstverständlich ist Jan im Gegensatz zu Anna die Perfektion in Person – seiner eigenen Meinung nach.

Erst kürzlich erklärte er dem Chef der inneren Medizin (zwei Doktortitel!) im nahegelegenen Krankenhaus, dass er dessen Befund aufgrund eklatanter diagnostischer Defizite anzweifeln müsse. Zwar wurde Jan nach neuesten medizinischen Gesichtspunkten untersucht, sein Blut auf alle möglichen Formen von Krankheiten geprüft, und nach Sondierung sämtlicher Körperöffnungen lautete die Diagnose „ohne Befund“. Das war es aber nicht, was Jan hören wollte, denn er tyrannisiert Anna seit Jahren mit selbst angefertigten Diätvorschriften und Vorwürfen wegen mangelnder Rücksichtnahme auf seine wechselnden Befindlichkeiten. Dieses Freizeitvergnügen stünde ihm im Falle einer Spontanremission nicht mehr zur Verfügung.

Der Katalog seiner Symptome liest sich übrigens wie ein Handbuch über psychosomatische Erkrankungen, aber auf dem Ohr ist er taub.

„Bleibt mir ja vom Leib mit diesen Psychokram“ wiegelt er Annas zaghafte Bitte, einen Psychologen aufzusuchen, regelmäßig ab. Therapie ist seiner Meinung nach nur was für hysterische Weiber, die mit seiner männlichen, allwissenden Art nicht klarkommen.

Da Jan als einzige Autoritäten „Doktor Google“ und die YouTube-Universität akzeptiert, hatte Herr Professor Dr. Dr. Weizenkeim vom Krankenhaus in A. einen schweren Stand, denn Jan weiß nicht nur zuhause alles, sondern immer und überall, was er auch gern jedem mitteilt.

Er irrlichtert durchs World Wide Web nach einem für ihn genehmen Krankheitsbild (geheimnisvoll, aber bitte nicht tödlich), gibt ein Vermögen für noch im Teststadium befindliche Medikamente ohne Zulassung aus, injiziert sich mittlerweile diese dubiosen Einkäufe selbst, und ist nach einem Disput mit seinem Zahnarzt jetzt außerdem dazu übergegangen, seine Zähne teilweise eigenständig zu behandeln. Im Internet gibt’s nämlich alles, auch die nötigen Mittel für eine Kariesfüllung.

Sie glauben mir nicht? Wollte ich anfangs auch nicht, stimmt aber.

Jan akzeptiert als Autorität niemanden außer Jan und führt, zusammen mit der Stimme in seinem Kopf, ein sehr einsames Leben. Genau wie seine Frau Anna.

Sie wird von ihm gezwungen, abwechselnd fleisch-, salz- oder eiweißlos zu kochen, das hängt immer davon ab, über welchen Artikel er im Internet gerade wieder gestolpert ist. Momentan hat er sich eine remittierende Lebensmittelunverträglichkeit attestiert, allerdings muss er noch herausfinden, um welche Nahrungsmittel es sich handelt. Einen diesbezüglich aufschlussreichen Bluttest möchte Jan nicht machen lassen, „weil in den Labors nur Idioten arbeiten“, die ihn nicht kennen. Er ist nämlich ein Spezialfall.

Finde ich auch.

Ich fürchte, Sie lesen aus meinen Zeilen eine gewisse Aversion gegen diesen Mann heraus. Da liegen Sie richtig. Ich tröste die schluchzende Anna nämlich am Telefon seit mindestens 15 Jahren, weil sie seit meiner Kindheit eine meiner engsten Freundinnen ist, und ich bin auch selbst schon in den Genuss seiner allumfassender Weisheit gekommen, als er mein erstes Buch in Händen hielt und mir detailliert in harschen Worten erklärte, was an Titel, Cover und Inhalt falsch sei.

Selbstverständlich hat er nie einen meiner Romane gelesen („keine Zeit“), geschweige denn selbst eines geschrieben („Irgendwann setze ich mich hin, da werdet ihr alle Augen machen!“), aber wenn das wirklich mal passiert, werden „Vom Winde verweht“ oder „50 Shades of Grey“ von den Weltbestsellerlisten verdrängt, davon ist Jan überzeugt. Sollte das Manuskript abgelehnt werden, ist eben der Verleger verblendet genug, ein wahres Genie nicht als solches zu erkennen.

Jan liest ohnehin generell nicht. Außer im Darknet geteilte Berichte über geheimnisvolle und hocheffiziente neue Medikamente… und Kontoauszüge. Da kann er Anna dann anschließend tadelnd fragen, warum sie anlässlich ihrer letzten Kiefer-Operation ein Schmerzmittel für 18,95 € kaufen musste, wenn es seiner Meinung nach eine Tasse Kamillentee auch getan hätte („Du bist so wehleidig“).

Immerhin lässt er selbst sich beim Dentisten grundsätzlich nicht einspritzen („Nur was für Weicheier“), wenn er mal tatsächlich einen Zahn nicht selbst reparieren kann und sich zu einem „Pfuscher“ in Behandlung begeben muss. Allerdings habe ich mir von Anna erzählen lassen, dass er seit seiner letzten Wurzelbehandlung anders darüber denkt… Sein Schrei, als der Zahnarzt den Nerv traf, muss bis ins Wartezimmer zu hören gewesen sein.

Mittlerweile ist der Freundeskreis der beiden auf genau 0 geschrumpft. Sie werden nicht mehr zu Grillpartys bei Nachbarn oder Geburtstagsfesten bei Bekannten eingeladen, denn niemand lässt sich in seinen eigenen vier Wänden gern erklären, was er beim Tapezieren/Boden verlegen/Heckeschneiden alles falsch macht. Jan braucht nur einen Raum zu betreten und findet sofort eine schiefe Kante an Ihrer Wohnzimmertapete oder eine herauslugende Lüsterklemme an der Deckenlampe.

Ja, der Mann hat ein Rad ab. Das steht außer Frage. Und er ist ein schwerer Fall mit einer Menge Probleme – die er seiner gebeutelten Frau mit aufbürdet.

Leider gibt es viele dieser Nörgler und Besserwisser in abgemilderter Form überall unter uns. Von bösen Zungen werden sie „Klugscheißer“ genannt, gelegentlich „Kontrollfreaks“ oder auch „Hypochonder“.

Anna hat das unglaubliche „Glück“, dass in Jan mehrere dieser Eigenschaften zu einem einzigen unangenehmen Exemplar verschmolzen sind.

„Ich komme gegen ihn einfach nicht an“ vertraute sie mir an. „Seit 15 Jahren erzählt er mir, was ich falsch mache. Er hat mich noch nie gelobt, sondern nörgelt nur an mir herum. Jetzt sind wir auch noch sozial isoliert und sitzen jedes Wochenende allein zuhause. Aber weißt du, irgendwie ist er total liebenswert und unheimlich intelligent. Er wird von den meisten Leuten nur falsch eingeschätzt. Die kennen ihn alle nicht richtig.“

Da kann man – fürchte ich – nichts mehr machen.

Bei uns in Bayern sagt man in einem Fall wie dem von Anna: „Es gehören immer zwei dazu.“ Einen, der es tut (Nörgeln), und einen, der es mit sich machen lässt. Wohl wahr.

Vor beinahe 30 Jahren war ich auch mal mit so einem Besserwisser / Dauernörgler zusammen. Er hieß Bruno und hatte politische Wissenschaften studiert. Wenn man ihn fragte, wie spät es war, erklärte er einem erst mal die Uhr. Hinterher wusste man die Zeit immer noch nicht, aber wenigstens hatten wir drüber gesprochen.

Bruno nörgelte an allem herum, genau wie Jan. Allerdings auf eine sehr gewählte Art und Weise.

„Bin ich zu abstrakt?“ fragte er anschließend immer, weil er der Meinung war, niemand hätte seine hochgestochene Kritik verstanden.

„Abstrakt ist das Gegenteil von konkret“ antwortete ich dann immer grinsend. Da müssen schon Metzger kommen und keine Wursträdchen, um mich zu verunsichern.

„Meine Mutter hat die immer ganz anders gefaltet, nicht so krumm an der Knopfleiste. Und dein Bügeleisen ist der letzte Schrott, das wird nicht heiß genug“ bemängelte er meine Arbeit, nachdem ich gefälligkeitshalber ein paar zerfledderte 70er-Jahre-Hemden für ihn geplättet hatte.

„Dann mach’s doch besser“ antwortete ich gelassen und warf die Dinger zusammengeknüllt wieder in den Wäschekorb. Von diesem Tag an bügelte der gute Bruno seine Hemden selbst, weil ich mich weigerte. Mit seinem funkelnden – neu erworbenen – Bügeleisen. Das selbstverständlich sehr viel teurer gewesen war als mein eigenes. Er verschmorte einige Krägen wegen zu hoch eingestellter Temperatur, und nach drei Wochen hatte er das Gerät geschrottet, weil er mit der höchsten Stufe seine vergilbten Polyesterhemden zu glätten versucht hatte. Das Hemd war mit dem Bügeleisen eine untrennbare Verbindung eingegangen. Es roch damals ziemlich streng im Haus.

Beim Kochen war Bruno selbsternannter Gourmet. Erstens kannte er nur die Portionsgröße: „ausgehungertes Landsknechts-Bataillon“ und bereitete grundsätzlich Mahlzeiten für mindestens 25 Personen zu, obwohl wir zu zweit waren. Zweitens warf er in alles, das erhitzt werden musste, pfundweise „Kräuter der Provence“, gleich, ob es sich um Gulasch, Rührei oder Grießauflauf handelte. Alles andere schmeckte ihm „zu bourgeois“ und nicht zeitgemäß.

„Du kannst nur aufwärmen“ behauptete er mehr als einmal. Das lag daran, dass ich im Regelfall seine Zwei-Kilo-Portionen klebriger Spaghetti, die er stets zu einem matschigen Klumpen verkochte und dann zusammen mit Olivenöl auf den Teller klatschte, nicht wegwerfen wollte, und deshalb solange täglich in der Pfanne briet, bis sie alle waren. Manchmal gab es 6 Tage am Stück Nudeln. Da bin ich knallhart.

Einmal schleppte er an Weihnachten freudestrahlend eine Monstrosität von Truthahn ins Haus, die gerade mal bis zu den Keulen in meinen Backofen passte. Er schmorte sie nach ein paar vergeblichen Versuchen, den Vogel ins Backrohr zu quetschen, kleinlaut, zusammen mit zwei Handvoll „Kräutern der Provence“ (was sonst?) in der Kasserolle und servierte sie mit den Worten: „Jetzt wirst du mal merken, wie Geflügel schmecken sollte“.

Die Kräuter der Provence überlagerten etwas den Geschmack nach angebranntem Styropor, aber diese Mahlzeit hatte ich mir ohnehin anders vorgestellt: essbar.

Anschließend gab es wochenlang Truthahn-Sandwich, Truthahn-Geschnetzeltes, Spaghetti-Auflauf mit Truthahn und Salat mit Truthahn. Und Kräutern der Provence. Damit Bruno wieder seinen Spruch „Du kannst nur aufwärmen“ anbringen durfte, weil ich es nicht übers Herz brachte, das fade Federvieh in den Mülleimer zu entsorgen.

Bruno hatte mir in jedem Lebensbereich etwas mitzuteilen, und tat das ausgiebig. Nach ungefähr 6 Monaten unserer Bekanntschaft benutzte ich meine innere „Mute“-Taste, sobald er den Mund aufmachte und blendete ihn aus, so dass nur noch eine Art weißes Rauschen zu mir durchdrang. Bis auf die Besserwisserei war er nämlich intelligent, großzügig, kultiviert und charmant. Da sieht man über einiges hinweg.

Aber er ließ sich nicht beirren und machte immer weiter.

Als ich eines schönen Tages vor dem Spiegel stand und mich in meinem neuen schwarzen Kleid bewunderte, trat er hinter mich und meinte: „Du glaubst, das ist schön? Stell dich doch mal echter Konkurrenz“. Vermutlich wollte er mir signalisieren, ich sollte Heidi Klum um ein gemeinsames Fotoshooting bitten und dann heulen, weil ich neben ihr wirken würde wie ein Trampel.

Das ließ mich aber unbeeindruckt, denn mit seinen hervortretenden wässrigen Augen, dem fliehenden Kinn und der Stauung am Mittleren Ring (So nennen wir in Bayern den Rettungsreif um die Taille) war er auch nicht gerade ein Gottesgeschenk, was ich ihm freundlich lächelnd umgehend mitteilte.

Anna hingegen wäre wohl umgehend zum Telefon gestürzt, um sich im Fitness-Studio und beim Schönheits-Chirurgen anzumelden.

„Da kriege ich lauter winzige Viecher in die Haare, und meine Schleimhäute trocknen aus! Es gibt keinen einzigen sinnvollen Grund, offen zu fahren“ quengelte er mal auf einem Sonntagsausflug. Wir fuhren mit meinem Cabrio gerade eine gewundene Landstraße entlang, die Sonne schien, der Himmel war blau, aber Bruno saß mit hochgezogener Kapuze bei 30 Grad im Schatten auf dem Beifahrersitz und starrte mich immer wieder giftig an. Ich ignorierte es.

„Kannst du nicht die Kurven einmal anders nehmen?“ beschwerte er sich. „Du fährst an der Haftgrenze deiner Reifen! Wieso schaltest du so spät? Wieso schaltest du so früh? Warum hast du gerade gebremst? Wieso gibst du ausgerechnet jetzt Gas? Nun überhole doch endlich, das reicht noch ewig. Himmel, ihr Frauen traut euch wirklich gar nichts. Euch fehlt das Peripheriesehen.“

Ich suchte mir einen Feldweg, blinkte rechts und stoppte am Fahrbahnrand.

„Da klingelt was, vorne rechts unter der Motorhaube“ sagte ich auf seinen fragenden Blick hin. „Kannst du mal nachsehen? Hört sich wirklich gefährlich an!“

Maulend stieg er aus – immer noch mit hochgezogener Kapuze. Ich wartete, bis er die Beifahrertür geschlossen hatte und fuhr weiter. Allein. Nie vergesse ich den ungläubigen Blick dieser verloren wirkenden Gestalt am Straßenrand. Sollte er mal schön per Anhalter sehen, wie er weiterkam.

Der brauchte keinen geschlossenen Wagen, sondern eine geschlossene Anstalt.

Das ist sehr lange her, aber ich erinnere mich manchmal noch daran, wie wichtig es ist, Anfängen zu wehren oder sich nicht so sehr von dieser Art Nörgelei beeindrucken zu lassen. Anna hat das leider nie getan. Darum wird sie immer „Mausi“ bleiben und weiterheulen.

Es gehören – wie ich vorhin schon erwähnte – immer zwei dazu. Der Nörgler lebt davon, dass seine Kritik auf fruchtbaren Boden fällt, auf Ihren nämlich. Wenn Sie darauf eingehen, öffnen Sie die Büchse der Pandora und die werden Sie nie mehr zukriegen. Das verspreche ich Ihnen!

Selbstverständlich gibt es absolut berechtigte Kritik. Wenn Ihr Krustenbraten in einer Salzlake schwimmt, die schmeckt wie das Tote Meer, dann haben Sie was falsch gemacht und können das auch offen eingestehen. Wenn Ihr Kleinwagen nach 465 vergeblichen Einpark-Versuchen aussieht, wie ein Golfball von Tiger Woods, dürfen Sie ruhig den Ratschlag eines Menschen annehmen, der schwungvoll sein Kfz einhändig in jeden Säulenparkplatz lenkt. Man kann nicht alles können.

Allerdings verlange ich von jedem, der mich kritisiert, dass er mir vorführt, wie er es besser macht. Das gilt für alles. Personen, die ihr Leben nicht auf der Reihe haben, dürfen mir keine Ratschläge erteilen.

Karlheinz, der es in den letzten 10 Jahren nicht geschafft hat, Menschen anders als kopf- oder beinlos abzulichten, und dessen Selfies aussehen, als wäre er der kleine Bruder von E.T., braucht mir nicht zu erklären, wie ich meine Digitalkamera auf Nachtaufnahmen einstelle.

Der hat genügend eigene Probleme.

Wer über mein Essen nörgelt, sollte mindestens ein Spiegelei zustande bringen. Kritik an meinem Outfit von Männern in Hosen, die aussehen wie eine Kleiderspende von Steve Erkel, mit löchrigem ungepflegtem Bart und in Holzfällerhemden, in denen sie zu ertrinken scheinen, ist nicht erwünscht. Kaufen Sie sich einen Spiegel, meine Herren!

Mit Besserwissern tut man sich ein wenig schwerer. Denen brauchen Sie gar nicht mit Fakten zu kommen. Ich kenne außer Jan noch so ein Exemplar. Gleich, ob Sie mit ihm über die bolivianische Agrarstruktur  oder das Haushaltsdefizit diskutieren, sparen Sie sich die Mühe, nach Beweisen zum Untermauern Ihrer Argumente zu googeln. Der Besserwisser wird sie nicht anerkennen und Ihnen erklären, dass er Einträgen im Internet prinzipiell nicht vertraut, weil da alles gefälscht ist.

Geben Sie einfach auf. Es gibt Dinge, die sind sinnlos und verschwendete Lebenszeit. Erfinden Sie einen dringendenTermin und machen Sie sich vom Acker, wenn Sie die Möglichkeit dazu haben.

Sollten Sie die Stellung halten müssen, weil Sie mit dem Besserwisser verheiratet oder liiert sind, dann legen Sie sich eine Stummschalt-Taste zu. Die kostet nichts. Und sie erspart Ihnen viel Ärger. Ich weiß, wovon ich spreche.

Einen Besserwisser überzeugen Sie grundsätzlich von nichts, und wenn Sie sich auf den Kopf stellen, in die Hände klatschen und dazu “La Paloma” singen. Darum ist er ja ein Besserwisser. Würde er das aufgeben, hätte er nichts mehr.

Das Wichtigste im Umgang mit solchen Herren ist innere Gelassenheit und die Notwendigkeit, sich seiner selbst bewusst zu sein. Wenn ich weiß, was ich kann, wer ich bin, und was ich mir zutrauen darf, dann erschüttert mich kein Jan oder ein Bruno. Dann erschüttere ich eher die. Eine in sich ruhende, gefestigte Persönlichkeit, lässt sich nicht von ein paar hämischen Sticheleien oder ein wenig Nörgelei aus dem Takt bringen. Die weiß, was sie wert ist.

Sollten Sie einen Jan oder einen Bruno zuhause haben, dann lächeln Sie ab heute einfach milde zu Vorwürfen jedweder Couleur. Sogar, wenn die Nörgelei einen wahren Kern enthält, ist das noch lange kein Grund, Ihr Selbstvertrauen zu unterminieren zu lassen. Ehrlich gemeinte, konstruktive Kritik hingegen muss man vertragen können.

Aber grundlose Herabwürdigungen, diffamierende Behauptungen oder Verächtlichmachung der eigenen Talente und Fähigkeiten sind nicht in Ordnung. Daran sollten Sie denken.

Es lässt sich immer etwas ändern, und in einer Beziehung ist niemals ein Zustand irreversibel, sondern stets fließend. Kritik muss man als erwachsener Mensch anzunehmen imstande sein, dauerndes Genörgel aber nicht. Lassen Sie sich nicht verunsichern bitte – denn oft geht es wirklich nur darum.

Wir Frauen sind wunderbare, sensible Geschöpfe. Und wir haben gelegentlich ein nettes Wort verdient. Dafür einzustehen müssen Sie sich als gestandene Frau wert sein.

Also, los geht‘s. Wann fangen Sie damit an?

Ich wünsche Ihnen besinnliche, froh und vor allem nörgelfreie Weihnachten!

Herzlichst,

Ihre Barbara Edelmann

Bildnachweis: pexels.com

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