Samstag, 7. Dezember, 2024

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Display schwarz, Handy tot, 2 Tage offline! Kolumne aus der Chefredaktion

Eine Sprachnachricht von neun Minuten Länge. Was die meisten Männer nervt, ist für den Großteil der Frauen kein Problem. Bekommen Sie so eine ellenlange Audio von einer Freundin geschickt, ist das mitnichten ein Grund, die Augen zu verdrehen. Denn: Die Freundin wird ja wohl ihre Gründe haben, eine so lange Nachricht aufzusprechen. Also wird die Message abgehört, wenn ausreichend Zeit und Ruhe vorhanden ist. Ich wählte mir für das Abhören einer derartigen Nachricht letzte Woche jene Zeit am Morgen aus, in der die Schulbrote geschmiert werden. Das kann schon mal gut und gerne zehn Minütchen dauern, parallel kann die Sprachnachricht meiner Freundin Jessy mitlaufen. Dachte ich mir.

Von jetzt auf gleich: Handy tot!

Also: Gedacht, gemacht! Ich lehnte mein Handy am Messerblock an und begann beim Abhören der Nachricht mit dem Belegen der Brote. Keine zwei Minuten später flog das Handy auf den Küchenfußboden – warum auch immer! Ich weiß bis heute nicht, wie das passiert ist, auf einmal lag es da, mit dem Display nach unten. Der Bildschirm rabenschwarz, nichts ging mehr. Ich machte erst einmal mit den Pausenbroten weiter und widmete mich dann dem Gerät. Aber ganz gleich, was ich auch tat: Nichts rührte sich mehr. Weder ging das Handy an, noch reagierte es beim Anstecken an das Ladegerät. Da die morgendliche Zeit für weitere Experimente nicht reichte, schnappte ich mir ein älteres Handy aus unserer “Technik-Schublade” und wechselte rasch die SIM-Karte von einem Gerät ins andere. Zumindest will man ja erreichbar sein.

Wie der Teufel es will, hatte ich just an jenem Tag einen Termin, bei dem ich Fotos mit meinem Smartphone machen wollte. Das ging freilich mit dem alten Modell von Handy nicht, ich konnte froh sein, erreichbar zu sein und Anrufe tätigen zu können. Während ich mir im Termin mit einer netten Interviewpartnerin noch damit behelfen konnte, dass SIE die Fotos mit IHREM Handy für MICH machte, konnte ich alle anderen digitalen Tätigkeiten nach dem Termin vergessen. Es ging ja nichts. Kein kurzer Mail-Check, kein Klick aufs Konto und auch keine Recherche auf meiner Koch-App, was ich denn am Abend zubereiten könnte.

Ohne Navigation kann`s haarig werden…

Apropos App: Da ich natürlich auch komplett ohne mein Handy-Navi unterwegs war, fuhr ich zu dem Termin wie in alten Zeiten. Sprich: Ich reckte den Hals nach allen möglichen Straßenschildern, um ans Ziel zu meinem Interviewtermin zu gelangen.

Mein Glück im Unglück an diesem Tag war, dass die Verabredung in meiner Heimatstadt stattfand. Zwar in einem Stadtviertel, in dem ich wenig unterwegs bin, aber dennoch waren es irgendwo vertraute Pfade. Nicht auszudenken, wenn ich in einer völlig anderen Stadt zum Interview verabredet gewesen wäre! Ohne mein Handy mit der Maps-App…!!! Katastrophe!!

Apropos Katastrophe: Einen Tag vor dem Handy-Gau und meinem unfreiwilligen Wechsel ins Offline-Dasein, war ich mit meiner Familie in Berlin. Wir hatten einen Besuch auf dem Fernsehturm geplant. Der unkomplizierteste Zugang auf das Aussichtsgebäude funktioniert eigentlich nur digital – über eine bestimmte touristische App, auf die man sich sein Ticket bucht, so wie ich das im Vorfeld gemacht habe.

Vor Ort lässt man dann nur sein Smartphone scannen und ist drin. Was – so dachte ich mir – wäre gewesen, wenn das Handy zu diesem Zeitpunkt heruntergefallen wäre und statt die Tickets nur einen schwarzen Bildschirm angezeigt hätte? Gute Frage, nächste Frage…!

Das Digitale ist überall

Erlebnisse wie diese zeigen einem sehr deutlich, wie stark das Digitale in unserem Alltag bereits präsent und so gar nicht mehr wegzudenken ist. Ob der schnelle Blick aufs Wetter, das Stöbern im Netz während ungeplanter Wartezeiten oder die Unterhaltung via Podcast im Auto – nichts geht mehr. Außer telefonieren…

Schaute ich mir mein Ersatz-Handy an, das mich zwei Tage tagsüber durch die Offline-Welt   begleitete (abends hatte ich ja glücklicherweise meinen Laptop…), konnte ich mir kaum mehr vorstellen, dass diese Dinger vor wenigen Jahren noch DER ultimative Fortschritt schlechthin waren. Schon das altmodisch anmutende Briefumschlag-Symbol für “SMS”, die heute ja auch kaum einer mehr verschickt, kam mir vor wie aus einem anderem Leben.

Vorfälle wie dieser zeigen einem, wie rasant sich die Technik entwickelt und dass wir aktuell sehr wohl noch im “höher, schneller, weiter”-Modus sind. Vor allem, wenn man den Stand der Technik bei den Handys mit dem Anfang der 90iger vergleicht, wo schon ein Mobiltelefon in Form eines sperrigen Knochens das Nonplusultra war….!

Und um noch eine Erfahrung bin ich nach diesem Offline-Quickie reicher: Dass es auch mal ganz schön sein kann, gänzlich ohne Mail- und Sprachnachrichten-Eingang zu sein. Weder musste ich auf Messages reagieren, noch selbst welche verfassen. Angerufen hat außer meinem Partner auch keiner…

Telefonieren ist nicht mehr so gefragt

Nun gut – das ist erklärbar. Denn: Telefonieren ist ja bekanntlich aus der Mode gekommen, seit der Erfindung der bequemen Sprachnachrichten allemal.

Und so waren die beiden Offline-Tage ganz offen gesagt auch eine kleine Auszeit. Länger allerdings hätte ich sie auch nicht haben wollen. Denn erstens sucht man sich das Zeitfenster für seine Offline-Stunden ja gern selbst aus und zweitens bedeutet eine Auszeit für mich ein kleiner Wellnesstrip, ein verlängertes Wochenende oder ein Kurzurlaub.

Aber nicht ohne mein Handy. Denn einfach mal so im Web zu surfen, ohne Mail-Verpflichtungen & Co., ist für mich auch Entspannung. Man muss es ja nicht übertreiben…!

Bild: stock.adobe.com / Mihail
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