Dienstag, 3. Dezember, 2024

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Goodbye Hamsterrad! Karrierecoach Katrin Moser über ihre Auswanderung nach Ägypten

Entspannter leben, mehr Zeit und Möglichkeiten für die Familie haben, Lebensqualität in einem attraktiven Umfeld erfahren und den Job online gestalten: Diese Wünsche – oder einige davon – stehen bei Auswanderern ganz oben. Dass sie längst nicht immer in Erfüllung gehen, davon zeugen unzählige TV-Dokus. Doch gibt es selbstverständliche auch viele Erfolgsstorys von Menschen, die in der Ferne eine neue Heimat gefunden und es nicht bereut haben. So auch Katrin Moser (im Bild mit ihrem Mann).

Neue Heimat Ägypten: Entspannt Leben im Reich der Pyramiden

Die Mutter zweier Kinder ist mit ihrer Familie nach Ägypten ausgewandert. Wie es dazu kam, dass ein neues Leben im Land der Pyramiden begonnen wurde, erzählt uns die sympathische Auswanderin, die sich online um die Karriere von Angestellten und Selbständigen kümmert, im Interview:

FB: Katrin – Du bist samt Familie nach Ägypten ausgewandert. Das ferne Land ist sicher nicht das „typische“ Auswanderungsland, so wie etwa Spanien. Erzähl doch mal, wie es zu diesem spannenden Umzug kam?    

Mein Mann ist Ägypter und ich habe ihn in Dahab, Ägypten, kennengelernt. Ich war also bereits mit dem Land vertraut und hatte es lieben gelernt. Für drei Jahre pendelte ich alle sechs Wochen zu ihm für eine Woche, was sehr anstrengend war. Wir entschieden uns dann, dass er zu mir und meiner Tochter nach Deutschland kommt, und lebten fünf Jahre in Deutschland. Nach unserer Hochzeit wurde unsere gemeinsame Tochter Amira geboren.

Im deutschen Hamsterrad gefangen

Er spricht nicht nur sehr gut Deutsch, sondern wir sprechen zu Hause auch ausschließlich Deutsch. Der Wunsch auszuwandern, kam eigentlich mehr von mir. Ich fühlte mich als arbeitende Mama im Hamsterrad gefangen und war es, die die Idee aufbrachte.

FB: Wie lange bist Du jetzt dort und was waren die größten Herausforderungen in der neuen Heimat?

Wir sind nun seit vier Jahren in El Gouna, einem sehr schönen Flecken Erde. Samih Sawiris, ein bekannter ägyptischer Geschäftsmann und Hotelier, hatte El Gouna erbaut, um ein Ferienresort zu schaffen, in dem sich Menschen wohlfühlen können. Alles wirkt sehr europäisch und westlich geprägt. Mittlerweile ist es zu einer kleinen Stadt mit rund 30.000 Einwohnern herangewachsen.

Planung und genügend finanzielle Mittel sind das A und O einer Auswanderung

Als wir ankamen, war das mitten in der Pandemie, wobei es am Roten Meer diesbezüglich sehr ruhig war. Große Herausforderungen gab es eigentlich nicht, und wir fanden rasch Anschluss. Meine größte Sorge war, ob meine Kunden es akzeptieren würden, dass ich ausschließlich online arbeite. Wie sich herausstellte, war das kein Problem. Wir hatten auch gut geplant und finanziell vorgesorgt, was sehr wichtig ist, wenn man auswandert.

FB: Wie habt ihr euch als Familie organisiert und strukturiert?

Die Kinder gehen in eine Schweizer Schule direkt im Ort. Eine großartige Institution, wo Schule noch so ist, wie man es sich in einer Wunschvorstellung ausmalt: kleine Klassen von maximal zehn Kindern sowie freundliche und hochmotivierte Lehrer. Alle sind eine Gemeinschaft, Mobbing kennen die Kinder nicht. Die Kinder leben ihr bestes Leben und werden ernst genommen.

Es gibt eine Vielzahl an Sport- und Freizeitangeboten auf kleinem Raum. El Gouna ist sehr sicher und die Kinder können sich allein bewegen. Wenn um 14:30 Uhr die Schule endet, gehen alle ihren Hobbies nach. Es bleibt auch Zeit für mich, mich mit Freundinnen zu treffen oder zu schwimmen.

Entspannter durch den Alltag

Ich arbeite ebenfalls nur bis 14 Uhr und der Rest des Tages gehört der Familie. Mein Mann ist selbstständig und Inhaber einer Agentur, die Ferienwohnungen vermietet – Sweethome El Gouna.

Er ist eher derjenige, der viel unterwegs ist und unregelmäßig arbeitet. Wenn es sein muss, klappe ich abends den Laptop nochmals auf, aber ich kann meinen Alltag selbst bestimmen und fühle mich weniger fremdgesteuert.

FB: Wie bist Du beruflich in Ägypten aufgestellt?

Ich habe über 15 Jahre im Bereich Human Resources in der Schweiz in verschiedenen Managementpositionen gearbeitet und war bereits in den Jahren vor der Auswanderung selbstständig als Karriereberaterin, Coach und Consultant. Seit ich in El Gouna lebe, stehe ich meinen Kunden aus der DACH-Region ausschließlich online zur Verfügung. Ich helfe meinen Kunden dabei, ihre Traumstelle zu finden, egal ob sie angestellt sind und den nächsten Job suchen oder ob sie selbstständig sind und ihr Business professionalisieren wollen.

Es macht riesig Spaß, Menschen zu ihrer beruflichen Erfüllung zu führen und sie zum Erfolg zu begleiten. Seit neuestem kann man sich auch vor Ort coachen lassen und mich am Roten Meer besuchen – eine Kombination aus Coaching und Urlaub.

FB: Was sind die fundamentalsten Veränderungen, die der Ortswechsel mit sich gebracht hat?

Ich habe einfach mehr Zeit für mich selbst. Es gibt kaum Bürokratie und wir haben keinen Briefkasten. Das klingt jetzt lustig, aber die Bewirtschaftung des Briefkastens in Deutschland ist ja wirklich ein Zeitfresser. Ägypten ist ganz anders organisiert als in Deutschland, vieles läuft digital und man hat keine Schwemme an Post und Fragebögen.

Mehr Selbstverantwortung, weniger Staat

Es ist kein solidarisches System wie in Deutschland; jeder ist für sich selbst verantwortlich. Vom Staat darf man nicht viel Unterstützung erwarten.

Es ist eher die Familie und die Freunde, die in einer Notlage helfen. Die Solidarität untereinander ist groß, aber eben nicht von Seiten des Staates. Umgekehrt hat man nicht die hohen Steuerabgaben und Sozialversicherungen. Für mich persönlich passt das System sehr gut und es bleibt uns als Familie einiges mehr übrig.

FB: Gibt es eine deutsche Community in Ägypten, vernetzen sich die Auswanderer untereinander? Und wenn ja, was stellt ihr so gemeinsam auf die Beine?

Es leben sehr viele Schweizer, Deutsche und Menschen unterschiedlichster Herkunft hier. Die Hilfsbereitschaft ist groß, Neuankömmlinge werden alle gut aufgenommen.

Eine große Community mit Menschen verschiedenster Herkunft

Man ist sehr schnell in der Community und findet rasch Anschluss. Wir feiern sowohl christliche als auch muslimische Feste zusammen, grillen, haben Poolpartys. Und auch wenn es darum geht, wer die Kinder abholt oder irgendwo hinfährt, bilden wir Fahrgemeinschaften.

Vor allem ist es schön zu sehen, dass Christen und Muslime friedlich und voller gegenseitigem Respekt füreinander zusammenleben. In El Gouna hat es sehr viele koptische Christen, die keinesfalls eine Minderheit darstellen, wie oft in der europäischen Presse beschrieben. Sie sind geschätzte Mitglieder der Gesellschaft und bekleiden oft hohe Positionen.

FB: Was gefällt Dir am besten an Deinem neuen Leben?

Ich fühle mich zum ersten Mal frei und nicht mehr im Hamsterrad.

FB: Gibt es etwas, das Du (aus Deutschland) vermisst?

Spaziergänge und Ausritte im Wald und der frische Waldgeruch.

FB: Dein ultimativer Auswanderer-Tipp – nicht nur für Ägypten?

Gute Vorbereitung ist ungemein wichtig, genauso wie genügend finanzielle Mittel und Reserven. Wer denkt, dass Ägypten so billig ist, den muss ich enttäuschen. Wir haben viele Auswanderer gesehen, die schlecht Englisch sprechen; das ist nicht ideal.

Mit schulpflichtigen Kindern die Auswanderung  besonders sorgsam planen

Um ehrlich zu sein: Die meisten, die es hier schaffen, haben Jobs in Europa, sind selbstständig oder haben andere Einkommensquellen.

Als Angestellte in Ägypten beträgt der Lohn für Ausländer vielleicht 500 bis 1000 Euro pro Monat. Damit kommt man nicht weit. Wer Kinder hat, sollte den Wechsel auf eine englischsprachige Schule nicht unterschätzen. Auch sind die Privatschulen oft viel strenger und den deutschen öffentlichen Schulen voraus. Wir haben Kinder kennengelernt, die aus der deutschen Grundschule kamen und in einer deutschen Privatschule in Kairo zwei Klassen zurückgestuft wurden. All das sollte man vor der Auswanderung gut abklären und vorher auch schon ein paar Mal herfliegen.

Bilder / Copyright: Katrin Moser
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