Samstag, 23. November, 2024

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Santorini: Massentourismus kratzt am Charme der Insel

War das schön vor vielen Jahren – in den “Vor-Instagram”-Zeiten: Man konnte auf Santorini, der superschönen charmanten Kykladen-Insel, in aller Ruhe flanieren, sich in ein Café setzen und ohne viel Trubel den spektakulären Blick auf die Caldera genießen. Die Geräuschkulisse war höchstens von leise plätschernden Lounge-Beats geprägt. Beschloss man später, in den engen Gassen bummeln zu gehen und nach einem Souvenir zu stöbern, konnte man das ohne Gedränge oder Platzangst tun. Seinerzeit erfuhr dieses imposante Traumziel lediglich eine normale touristische Begängnis.

Santorini wird täglich von Massen heimgesucht

Davon kann heute längst keine Rede mehr sein, denn das süße Eiland erlebt nahezu täglich einen Ansturm, der seinesgleichen sucht. In verschiedenen Dokumentationen, die in letzter Zeit erschienen sind, lässt sich das unfassbare Ausmaß des Massen- und Influencer-Tourismus am Bildschirm erfassen. Menschenströme ungeheuren Ausmaßes schieben sich durch das weiß-blaue Ambiente und auf Mauern und Sockeln sitzen Leute herum. Das hat schon was von Massenveranstaltungen á la Loveparade in Duisburg. Wie tragisch das endete, weiß man und auch in Santorini fragt man sich angesichts der Massen, wie eine Rettung im Katastrophenfall aussehen soll?

Die negative Entwicklung, die sich auf Santorini seit geraumer Zeit vollzieht, bleibt auch Experten auf dem Reise-Parkett nicht verborgen. So widmet sich das Magazin “Reisereporter” dieser Situation am 6. August 2024 in einem vielsagenden Artikel.

Einheimische sehen die Massen schon als “Monstrum”

Darin heißt es:

“(…)Immer mehr Touristinnen und Touristen überschwemmen die griechische Kykladeninsel. Den Einheimischen ist es zu viel. „Santorin wird zum Monstrum“, fürchtet ein Hotelier. Vergangenes Jahr besuchten 3,4 Millionen Urlauberinnen und Urlauber Santorin. 1,3 Millionen von ihnen kamen mit Kreuzfahrtschiffen. Das war ein Anstieg von 57 Prozent gegenüber 2022. Jetzt, in der Hochsaison, gehen an manchen Tagen gleich mehrere dieser schwimmenden Riesen in der Bucht von Santorin vor Anker.(…)”

Der Beitrag befasst sich mit den Ausmaßen, die die Vulkaninsel gegenwärtig ereilen. Zitat:

“(…)Dann bringen hunderte Reisebusse die Besucherinnen und Besucher über enge Serpentinen hinauf in die malerischen Orte Thira, Imerovigli, Oia und Akrotiri. Dort drängen sich die Menschen durch die engen Gassen. Vergangenes Jahr gab es 63 Tage, an denen mehr als 10.000 Kreuzfahrtreisende auf die Insel kamen. 800 Mal steuerten Kreuzfahrtschiffe im vergangenen Sommer Santorin an. In diesem Jahr sollen es 815 sein.(…)”

Für die Einheimischen hat das Konsequenzen, die ungeheuerlich sind. Vor dem Hintergrund, dass es Tage gibt, an denen auf Santorini über 10 000 Menschen ankommen, wurden die Einwohner von einem Lokalpolitiker gebeten, ihre Wohnungen und Häuser nicht zu verlassen.

Im Haus bleiben, damit Touristen freie Bahn haben?

Das brachte logischerweise einen Sturm der Entrüstung mit sich.

Auszug aus dem Artikel:

“(…)Lockdown für die Einheimischen, damit die Touristen mehr Platz haben? Das ging vielen Menschen auf Santorin dann doch zu weit. Es hagelte Proteste in den sozialen Netzwerken. Auch Nikos Zorzos, der Bürgermeister von Santorin, fand den Post „übertrieben“. Ortvorsteher Kavallaris löschte den Eintrag nach wenigen Stunden. Er musste überdies einräumen, dass die Zahl von 17.000 Besuchern nicht stimmte – es waren schließlich „nur“ 11.000, weil eines der angesagten Kreuzfahrtschiffe nicht kam.(…)”

Wie sehr sich die Lebensqualität auf Santorini bereits verschlechtert hat, geben Einheimische zu Protokoll:

“(…)„Unser Wasserverbrauch ist seit 2012 um 140 Prozent gestiegen, der Stromverbrauch hat sich gegenüber 2019 fast verdoppelt“, berichtet Inselbürgermeister Zorzos. Bei vielen der 20.000 ständigen Einwohnerinnen und Einwohnern der Insel liegen die Nerven blank. Sogar manchen Hoteliers wird es unheimlich. „Unser Lebensstandard hat sich in den letzten Jahren verschlechtert“, sagte Georgios Damigos der Nachrichtenagentur Reuters. Damigos führt ein 14-Zimmer-Hotel, das seine Eltern in den 1980ern eröffneten. „Santorin ist ein Wunder der Natur“, sagt Damigos, aber jetzt laufe die Insel Gefahr, sich zu einem „Monstrum“ zu entwickeln.(…)”

Und weiter berichten die Einwohner, dass manche Touristen, unter ihnen viele Influencer, die sowieso schon die kleinen Gassen über Gebühr füllen, selbst vor Privateigentum auf Santorini nicht halt machen und für ein Foto eiskalt in Gärten und auf Dachterrassen trampeln.

Wird zukünftig eine Eintrittsgebühr erhoben?

Zudem hat dieses Traumziel dasselbe Problem, unter dem auch Städte wie Venedig oder Dubrovnik leiden: Die Kreuzfahrt-Touristen, die täglich einen Ansturm auf das beliebte Reiseziel verursachen. An die 20 000 Menschen sollen an Spitzentagen auf Santorini an Land gehen – eine Zahl, die den Irrsinn gut aufzeigt.

Es wird deshalb wohl darauf hinauslaufen, dass man die Zahl dieser Touristen begrenzen oder vielleicht ja auch eine Art “Eintrittsgebühr” nehmen wird. Medienberichten zufolge sollen die Verantwortlichen in Athen bereits Lösungen suchen.

Ob die märchenhafte Vulkaninsel, auf der man als Tourist vor vielen Jahren lediglich in Gesellschaft einer überschaubaren Besuchermenge war, ihren einstigen Charme jedoch wiedererlangen wird, steht aktuell in den Sternen. Leider.

Quelle: reisereporter.de vom 6. August 2024

Bild: picture alliance / Anadolu | Mehmet Emin Menguarslan
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