Alleinerziehend: Das sind in Deutschland circa 2,76 Millionen Menschen, darunter vorwiegend Frauen. Dass diese Lebensform in ganz vielen Fällen mit Entbehrungen, Nachteilen und leider auch Armut einhergeht, ist bekannt. Nicht umsonst kämpfen gerade in diesen Zeiten Initiativen und Verbände darum, dass die Armut von Einelternfamilien stärker bekämpft wird. Denn die Kinderarmut hierzulande ist vor allem die Armut von Kindern von Alleinerziehenden.
Alleinerziehend – ab wann ist man (FRAU) das eigentlich?
So klar und deutlich sagen das wenige, doch ist beispielsweise die ehrenamtliche Geschäftsführerin des SHIA e. V. Landesfamilienverband Sachsen / LANDESKOMPETENZZENTRUM FÜR ALLEINERZIEHENDE UND SOLOELTERN (LKAS), Brunhild Fischer, eine Frau, die derartige Wahrheiten offen und laut ausspricht und sich zudem lange schon vehement für eine sozioökonomische Kindergrundsicherung einsetzt (mehr dazu hier).
Einen aktuellen Einblick in die realen Lebenswelten von Alleinerziehenden gab es dieser Tage auf Instagram, als die ZDF-Sendung “37 Grad” die Frage, wer denn überhaupt als alleinerziehend gilt, in die digitale Runde warf. Kaum wurde das Posting online gestellt, ging die Debatte auch schon los. Sie drehte sich natürlich um die gestellte Frage, doch da auch Mütter reagierten, die sich in einer Beziehung als “alleinerziehend” deklarierten, wurde es sehr bald heftig. Denn so manche Frau, deren Partner sehr viel auswärts oder/und die gesamte Woche über nicht da ist, gab an, sich ebenso alleinerziehend zu fühlen.
Heftige Diskussion um den Status von Soloeltern
Viele “echte” Alleinerziehende wurmte das und sie gaben das Argument zurück, dass sich jemand, der zwar nicht die Anwesenheit, aber sehr wohl die finanzielle Sicherheit eines Partners im Rücken hat, wohl kaum als alleinerziehend bezeichnen dürfe.
So meldete sich beispielsweise Userin “ly.d.ia.sch” zum Thema folgendermaßen zu Wort (Rechtschreibung immer im Original):
“Für mich gibt es da klare Abstufungen und ich wundere mich oft wie leichtfertig sich Menschen als „so gut wie Alleinerziehend“ bezeichnen. Wirklich Alleinerziehend zu sein bedeutet im Alltag zB, dass kein Backup da ist. Keine Oma, Opa, Tante….Papa der/die irgendwann auch nur eine Stunde übernehmen können. Egal ob man ins Krankenhaus, auf Reha, auf eine Beerdigung oder einen Elternabend muss….es ist keiner da um zu übernehmen. Man trägt in jeder Situation die absolute Verantwortung und das alleinige Risiko…..vor allem auch im Finanziellen Bereich. Durch die Kinder nicht voll arbeiten zu können aber voll für die Finanzen verantwortlich zu sein bedeutet oft zuerst ein Aufbrauchen von Rücklagen und dann schleichende Armut. Auch die Angst darum zu wissen, dass keiner da ist für die Kinder wenn einem selbst etwas zustoßen würde ist eine erdrückende Last. Und noch so vieles mehr…Diese Art von Alleinerziehenden gibt es zuhaufe aber sie werden selten vor den Vorhang geholt und oft schaffen es nur jene die sich ein Netzwerk im Freundeskreis bilden.(…)”
Ein Statement zum Status “alleinerziehend” hat auch eine Kommentatorin mit dem Nickname “mingupincore”. Sie schreibt:
“Vollzeit Alleinerziehend: wenn man 24/7 das Kind allein versorgen muss ohne Partner, Oma oder sonstiges. TZ alleinerziehend: mit Unterstützung durch einen KV der Umgang hat, neuer Ersatzpapa Partner, Familie die Babysitter macht und Kids aus Kita abholt während man arbeiten muss. Nicht AE sind für mich Frauen in Partnerschaft mit dem Erzeuger der sich nicht oder halbherzig kümmert denn finanziell sind kosten trotzdem geteilt (miete) und man hat auch jemand um Meilensteine der Entwicklung zu teilen, Probleme zu besprechen oder mal 5 min zur Apotheke laufen zu können ohne krankes Kind im Schlepptau. Auch ne miese Beziehung ist nicht mit alleinerziehend vergleichbar! Ich bin VZ AE und finde das anmaßend wenn Ehefrauen dann behaupten sie seien AE weil der Mann auf Montage ist oder ähnliches: Nein seid ihr absolut nicht!!!”
Ihre eigene Sichtweise zum Leben als Alleinerziehende hat “Cheesecakevernichterin”, die unter dem Posting des Senders folgendes kommentiert:
“Für mich ist’s immer ein Stich ins Herz, wenn sich Menschen in Beziehungen „alleinerziehend“ benennen oder auch jene, die sich die Erziehung nahezu 50/50 aufteilen oder jene, die ihre Familie ständig abrufbereit hat. Jede Lebenssituation führt sicherlich zu Stress und/oder verzweifelung. Allerdings dieses wirklich „alleine sein“- niemand fragen können,ob eine Entscheidung wirklich gut durchdacht ist, Meilensteine alleine erleben, bei Einschulung allein da zu stehen, Angst den Job zu verlieren und alles bricht ein- das ist mMn wirklich „Alleinerziehend“. Das wichtigste aber: wir sind nicht allein, da kämpfen viele andere und gehen den selben weg! (…)das darf man nicht vergessen”
“fraeuleinfremd” schreibt in die Kommentarspalte zur Diskussion um “alleinerziehend in einer Partnerschaft” und “wirklich alleinerziehend”:
“Alleinerziehend bedeutet ALLEIN. Und zwar mit allem. Finanziell, Zeit, etc.. Ist man verheiratet und der Partner “hilft” nicht, verdient dieser im besten Fall die zweite Hälfte des Familieneinkommens. Ist man getrennt und beide kümmern sich, egal wieviel, ist es getrennterziehend.”
So und ähnlich lesen sich die vielen, vielen weiteren Kommentare unter der Frage des ZDF-Teams. So manche Kommentatoren gehen via Tastatur fast aufeinander los, es spritzt verbal so richtig Gift.
Nicht noch gegenseitig zerfleischen…
Dass das ja nun wirklich nicht sein muss und man die verschiedenen Sichtweisen durchaus zulassen sollte, schlägt eine weibliche Userin namens “a_girl_in_clouds” vor.
Ihr profaner, aber doch sehr kluger Rat:
“(…)Egal wer etwas wie definiert, wir müssen uns doch nicht noch gegenseitig fertig machen, egal wie”
Besänftigende Worte, die das tobende Rauschen in der Kommentarspalte aber nicht wirklich abstellen können.
Etliche Wortmeldungen werden weiter spitzzüngig gehalten und das gegenseitige Absprechen der Lebenssituation “alleinerziehend” rattert munter weiter. Schade eigentlich.
Was zählt, ist Zusammenhalt!
Denn: Gerade aktuell haben doch so viele Familien Existenzsorgen, Zukunftsängste und nicht selten weniger in der Geldbörse als vorher. Ganz gleich, ob Ein- oder Zwei-Eltern-Familien. Gegenseitiger Respekt für die Lebensumstände des anderen, ohne Schaum vor dem Mund, sollte deshalb selbstverständlich sein.
Schon allein deshalb, weil man als Gemeinschaft stark ist und auf diese Weise ja vielleicht doch noch die eine oder andere Erleichterung für den Familienalltag – ganz gleich, ob er in Partnerschaft oder alleinerziehend stattfindet – erreichen kann.
Nichtsdestotrotz sollte natürlich die immense Mehrfachbelastung von Einelternfamilien unbedingt anerkannt werden. Denn man kann diskutieren wie man will: Richtig alleinerziehend ist auch häufig ein “mutterseelenalleinerziehend”. Vor allem finanziell.
Bei “echten” Alleinerziehenden dürfte die Last größer sein
Eben weil es keinen (Ex)Partner gibt, der entweder für die Kinder persönlich da oder durch seine Geldzuwendungen unterstützend involviert ist.
Hier den Blick für jene, die oftmals unfreiwillig in der schwächeren Position sind zu schärfen, sollte nicht schwerfallen!
Quellen:
Instagram – Account @zdf37grad vom 28. August 2023
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