Donnerstag, 21. November, 2024

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Wohnprofi Alexandra Martin: “Home Staging ist angewandte Verkaufspsychologie”

Ein vollbehangener Wäscheständer, herumliegender Krempel oder klobige Fitnessgeräte neben dem Bett: Scrollt man sich durch das Angebot an Kaufimmobilien, trifft einen nicht selten der Schlag, wie lieblos und unordentlich viele Räumlichkeiten präsentiert werden. So dargestellte Häuser oder Wohnungen erscheinen für potentielle Käufer nicht gerade attraktiv – ganz klar!

Dass es auch anderes geht, beweisen schön eingerichtete Zimmer, die – je nach Immobilienart – mit einem Hauch Eleganz, einer heimeligen Note, im frischen Landhausstil oder in luftiger Coolness daherkommen. Die Bezeichnung für solches Herrichten  zu verkaufender Immobilien ist Home Staging – eine Dienstleistung zur Verkaufsförderung, die mehr und mehr an Bedeutung gewinnt.

Home Staging gewinnt immer mehr an Bedeutung

Doch wer sind die Wohnprofis, die in Sachen Einrichtung, Interieur, Ambiente und Stil ein derart gutes Händchen haben, dass ihre Vorher-/Nachher-Verwandlung von Räumen einen regelrechten Wow-Effekt auslösen und der Immobilie rasch Kaufinteressenten bescheren?

Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Einrichtungsexperten, die von Maklern und Eigentümern für Home Staging gebucht werden. Alexandra Martin (im Bild) ist eine von ihnen. Mit ihrer Firma WOHNEN IST bietet sie sowohl diesen Service – für den man eine spezielle Ausbildung durchlaufen muss – als auch die klassische Einrichtungsberatung an.

Letztere wird von Menschen in Anspruch genommen, die ihrem Zuhause neuen Schwung verleihen wollen.

Dass hier neben einem erstklassigen Gespür für Räume und Stile oft auch Handwerkswissen gefragt sind, ist klar.

Und im Fall von Alexandra Martin überhaupt kein Problem, denn die kennt sich in diesem Berufsstand aus.

Zudem hat sie sich mittels Fachstudien folgende Berufsbezeichnungen erworben: Interior Designerin, Dipl. Badgestalterin sowie Home Staging Advanced Professional (DGHR).

Einrichtungsprofi Alexandra Martin kommt aus dem Handwerk

Wir haben die stilsichere Expertin interviewt:

FB: Frau Martin, Sie kommen beruflich aus dem Handwerk – erzählen Sie doch mal!

Handwerken war mir schon immer lieber als Handarbeiten…Ich habe schon früh begonnen, Zuhause Dinge zu „verschönern“. Am liebsten einzelne Möbel oder gleich ganze Räume. Was als Teenager eher laienhaft, durch einfach mal ausprobieren begann, bekam mit meiner Ausbildung als Raumausstatterin endlich einen soliden Sockel an echtem Fachwissen.

Egal ob Böden verlegen, Tapezieren, Streichen, Polstern oder Fensterdekorationen – ich kann das. Darauf bin ich heute stolz.

Mädchen waren damals (in den frühen 90er Jahren) noch eher selten im Handwerk zu finden. Da musste man schon mit dem ein oder anderen „coolen“ Spruch umzugehen lernen. Aber noch heute denke ich supergern an meine Baustellenzeiten zurück.

Raumplanungen müssen passend zum Budget sein

Das Wissen was ich mir in dieser Zeit aneignen durfte, ist heute ein unbezahlbarer Schatz, gerade für meine Raumplanungen. Diese müssen ja auch realistisch sowie passend zum Budget umsetzbar sein.

FB: Wie kamen Sie dazu, als „freie“ Einrichtungsberaterin und Raumplanerin zu arbeiten?

Ich bin meinem Naturell gefolgt. Ich liebe Räume, denen man ansieht wer darin wohnt. Vorausgesetzt, sie sind auch harmonisch und folgen einer gewissen Grundordnung. 

Nach meiner Ausbildung im Handwerk wechselte ich als „Vorhangfee“ in ein renommiertes Möbelhaus. Ich hatte dort den großen Vorteil völlig selbstständig arbeiten zu dürfen. Von Beratung, zum Verkauf, Montage und Rechnungslegung – alles lag komplett in meiner Hand. Das gefiel mir.

Schon bei meinen damaligen Kunden blieb es nie bei einer ausschließlichen Vorhang-Beratung. Eigentlich habe ich schon damals komplette Räume geplant, nur eben rein gedanklich im Beratungsgespräch.

Durch die Liebe in den Schwarzwald

Ein paar Jahre später lernte ich meinen heutigen Ehemann während einer Reise kennen.

Mit der Liebe verband sich ein Umzug in den schönen Schwarzwald. Der dazu gehörende Jobwechsel in ein Schweizer Unternehmen, war für mich allerdings eher ernüchternd. Ging es doch in erster Linie um den generierten Umsatz als um eine gute Beratung. Das fand ich ganz platt gesagt blöd. 

Mein eigentlich schon immer existenter Wunsch nach dem Schritt in die Selbstständigkeit war dann relativ schnell naheliegend. Es folgten ein Fachstudium, diverse Weiterbildungen und zwei zuckersüße Kinder.

Kein leichter Start als Unternehmerin, aber ich würde es heute wieder genau gleich machen. Der größte Lohn für die großen und kleinen Strapazen ist doch, das tun zu können was man liebt. In meinem Fall: meine Kreativität ausleben und Menschen zu schönen Räumen zu verhelfen.

Schöne Räume machen glücklich

Für mich fühlt sich das auch ein bisschen wie “Welt verbessern” an. Der uns umgebende Raum hat immer auch eine Wirkung. Dass schöne Räume glücklicher machen, ist wissenschaftlich längst erwiesen. Glückliche Menschen führen meist ein zufriedeneres sowie sinnerfüllteres Leben.

FB: Wer sind Ihre Kunden und worauf legen sie den größten Wert?

Jedermann der gern seine Räume verändern möchte. Das kann das eigene Zuhause betreffen, ein beruflich genutzter Raum sein oder ein Feriendomizil.

Kürzlich habe ich zum Beispiel den Warteraum einer Praxis und ein kleines Ferienhaus auf einer kroatischen Insel geplant. Dabei sind die Wünsche meiner Kunden sehr verschieden.

Dem einen geht es lediglich um gute Ideen, ein paar Tipps vom Profi oder eine Anleitung im Rahmen eines Beratungsgesprächs.

Andere wiederum wünschen sich ein ganz klares, ausführliches Konzept. Also gezeichnete Grundrisse und Raumansichten mit den entsprechenden Farben und passendem Inventar.

Vorhandene Lieblingsstücke werden integriert

Dabei schätzen meine Kunden, dass ich Ihnen nicht einfach eine trendige Lösung verkaufen möchte. Ich frage im Vorfeld vieles ab, höre zu und versuche dann ganz auf die Bewohner zugeschnittene, auch mal außergewöhnliche Konzepte zu erarbeiten.

Gerne auch mit bereits vorhandenen Lieblingsstücken. Oder auch mal mit eher überschaubarem Budget. Je individueller, umso besser. Das ist meine Stärke.

Da ich weder mit Herstellern noch mit Anbietern verbandelt bin, können meine Kunden völlig frei entscheiden wo und wann sie kaufen. Damit unterscheide ich mich von vielen meiner Berufskollegen. 

FB: Welchen Stil wählen Sie für Innenräume aus, wenn das Objekt eher neutral – also nicht im Landhaus- oder Bauhausstil – daherkommt?

Ausschlaggebend sind in erster Linie die verwendeten Farben, denn diese wirken immer als erstes auf uns. Soll ein Objekt neutral wirken, verwende ich meistens Weiß, Grau und Beige in Kombination mit natürlichen Grüntönen.

Zeitlos und klassisch dominiert

Das Mobiliar sollte zeitlos und geradlinig sein, also dem sogenannten „Archetyp“ entsprechen. Auch beim dekorativen Inventar greife ich dann eher zu klassischen Mustern und Designs.

FB: Wie gehen Sie beim Home Staging vor, mit welchem Mobiliar und welchen Accessoires arbeiten Sie?

Beim Home Staging zählt nur, dass die Immobilie der Käufer-Zielgruppe gefällt.
Bei Bestandsimmobilien gibt es oft farbliche Vorgaben, da ja schon Dinge vorhanden sind, die während dem Verkauf verbleiben. Habe ich beispielsweise farbige Fliesen oder Bodenbeläge, muss ich die in mein Konzept integrieren.

Die Einrichtung muss zudem zur Raumfunktion und den Platzverhältnissen vor Ort passen. Natürlich spielt auch der Verkaufspreis eine Rolle. Wer bereit ist sehr hochpreisig zu kaufen, identifiziert sich nicht unbedingt mit IKEA. Umgedreht wären teure Designerstücke in einer preisgünstigen Immobilie eher unpassend.

Der “Wow-Effekt” ist das Ziel

Am Ende muss es mir gelingen, dass Interessenten schon bei der ersten Berührung mit der Immobilie erleben, wie schön es wäre dort zu leben. Für eine Kaufentscheidung braucht es Sicherheit, sich für das Richtige zu entscheiden. Und ein: „Wow, das ist schön – genau das will ich.“

FB: Ist der Erfolg Ihrer Arbeit direkt messbar? Und wenn ja, wie?

Home Staging ist angewandte Verkaufspsychologie.

Positive Emotionen sind fast immer ausschlaggebend, ob wir ein Produkt kaufen oder eben nicht.

Wir alle wünschen uns nun mal die Dinge am meisten, die ein gutes Gefühl bei uns auslösen. Das gilt natürlich ganz besonders auch für unser zukünftiges Zuhause.

Dass dies stimmt, belegen auch Statistiken zum Home Staging. Ebenso bekomme ich entsprechendes Feedback von meinen Verkäufern bzw. Maklern. Gestagte Immobilien verkaufen sich im Vergleich schneller und zu einem höheren Preis. So rechnet sich die Investition in eine gute Verkaufsvorbereitung.

FB:  Sie bieten auch Wohnberatungen an – worauf legen Ihre Kunden hier den Schwerpunkt und wie läuft eine typische Beratung ab?

Meine Kunden können sich frei entscheiden: Möchte ich „nur“ beraten werden wie ich schrittweise zum fertigen Raum komme oder brauche ich ein ausgearbeitetes, anschauliches Konzept.

Individuelle Beratung, bis es für den Kunden passt

Die Beratung gibt es entweder vor Ort oder via Zoom-Meeting. Ich erkläre, wie man Möbel, Leuchten, Vorhänge und Dekoration perfekt im Raum platziert. Welche Größen, Materialien oder Farben dazu passen und natürlich auch, wie man alles harmonisch miteinander kombiniert.

Wie oft wir uns verabreden, entscheidet mein Kunde. In der Regel aber so lange, bis er glücklich in seinem neuen Lieblingsraum sitzt.

Wer von Beginn an schon ein klares Bild vom fertigen Raum haben möchte, entscheidet sich eher für eine ausführliche Planung. Steht das Konzept, zeichne ich dieses im Grundriss und verschiedenen Raumperspektiven.

Dazu gehören ein Moodboard sowie eine Einkaufsliste vom geplanten Inventar mit den jeweiligen Größen und Farbangaben.

So weiß mein Kunde ganz sicher, was er kaufen sollte, damit es am Ende auch passt. So ein Entwurf hilft natürlich auch ungemein, um ausführenden Handwerkern sein Vorhaben zu erklären.

FB: Wie läuft ein typischer Arbeitstag für Sie ab, wenn Sie eine Immobilie mit Home Staging attraktiv herrichten?

Der Tag beginnt mit viel Mühe und Schweiß. Schließlich muss das Inventar ja erst einmal ins Objekt kommen. Das heißt, Möbel, Teppiche, Leuchten, Bilder und jede Menge Umzugskartons mit Kleinkram wollen erst einmal (hoch)geschleppt werden.

Beim Home Staging wird mit Liebe zum Detail gestaltet

Danach wird das Möbel entsprechend der Planung verteilt. Dann kommen Teppiche und Heimtextilien dazu. Am Ende werden Bilder und Vorhänge aufgehangen, das künstliche Grün verteilt und die heimeligen Accessoires mit viel Liebe zum Detail dekoriert. Das ist ähnlich wie beim privaten Einrichten.

Nur muss ich beim Stagen auch an die Objektfotos denken. Die Einrichtung soll natürlich auch auf den Bildern perfekt zur Geltung kommen und die Platzverhältnisse vor Ort realistisch darstellen.

Am liebsten höre ich dabei meine Lieblingssongs. Dann passen Stimmung und Laune, auch wenn es mal wieder etwas später wird. Zum Glück haben meine Helfer einen ähnlichen Musikgeschmack.

FB: Sind Sie aufgrund Ihrer handwerklichen Fähigkeiten zuhause für Reparaturen zuständig?

Reparaturen erledigen mein Mann und ich beide. Hauptsache nicht gemeinsam und zur gleichen Zeit, an der gleichen Sache. (lacht)

Renovieren als Hobby

Beim Renovieren habe ich zum Glück fast freie Hand. Heißt aber, ich setze es meistens auch alleine um. Da renovieren für mich eigentlich schon als Hobby zählt, ärgert mich das aber nicht im Geringsten.

FB: Ihr beruflicher Alltag ist ausgefüllt – wie entspannen Sie in der Freizeit? Gibt es Hobbys?

Viel Freizeit bleibt nicht über. Wenn mich nicht ein Auftrag beschäftigt, sind es administrative Dinge oder das eigene Marketing. Ich werde leider nicht so leicht gegoogelt wie mein Friseur.

Allerdings habe ich das große Glück, mit meiner Familie in einer unglaublich schönen Natur wohnen zu dürfen. Natur, Freunde und ab und zu tolle Urlaubsreisen sind eine hervorragende Quelle zur Entspannung. Sollte Langeweile aufkommen, gibt es zuhause immer etwas zu werkeln.

Bilder: Alexandra Martin
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