Donnerstag, 21. November, 2024

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Er hat eine andere! Welche Rolle spielen Biologie & Monogamie?

Werden Fremdgehen, Paralleldating, Affären oder Trennungen von (vermeintlichen) Experten thematisiert, muss häufig die Biologie des Menschen herhalten, nach der Männlein wie Weiblein gar nicht darauf ausgelegt sind, monogam zu leben. Millionen Frauen werden tagtäglich mit der bitteren Wahrheit der Untreue konfrontiert, wenn sie von jetzt auf gleich herausfinden: “Er hat eine andere”.

Dass der eigene Partner fremdgeht oder fremdgegangen ist, wird häufig durch Zufall herausgefunden oder aber durch gezieltes Recherchieren. Stichwort: Ins Handy des Partners schauen. Nicht selten sind es auch Freundinnen, Nachbarn oder Bekannte, die der jeweiligen Frau – bewusst oder unbewusst – die Info über den Seitensprung übermitteln.

Er hat eine andere – warum?

Ist die Betroffene erst einmal mit der Tatsache, dass der Partner eine andere hat, konfrontiert, beginnen die Fragen, nach dem Warum, Wieso und dem Wie?

Die erste Anlaufstelle nach so einem Vertrauensbruch ist oft das Internet, da hier permanent Erfahrungsberichte mit untreuen Männern veröffentlicht werden. Zudem holen sich die meisten Frauen seelischen Beistand bei der besten Freundin, um den Schock, auf den zumeist ein heftiger Liebeskummer folgt, abfedern zu können.

Doch ganz gleich, ob man (FRAU) in so einer Lage weint und sich zurückzieht oder wütend ist und den Lack seines Wagens zerkratzt oder ihn im ersten Affekt beim Finanzamt anschwärzt – irgendwann kommt unweigerlich die Frage auf, warum er fremdgegangen ist. Hier spielt natürlich jede Beziehungssituation individuell eine Rolle, doch nähert man sich diesem Thema in ganzer Tiefe, stößt man immer wieder auf das Argument, dass wir Menschen von der Biologie her nunmal nicht für die Monogamie gemacht sind. Zumeist kommen solche Äußerungen aus dem Munde von Experten oder solchen Leuten, die sich dafür halten.

User diskutieren über Aussagen von Paarberaterin in Sachen Monogamie

Wie dünn das Eis im Zusammenhang mit derlei Behauptungen ist, zeigt ein aktuelles Interview, das auf dem Onlineportal der WELT mit Melanie Mittermaier veröffentlicht wurde. Mittermaier agiert laut ihrer Homepage und der Vorstellung auf welt.de als Paarberaterin. Das Interview mit ihr beginnt mit folgender Aussage Mittermaiers:

“„Sobald der Partner denkt, mit der anderen Person habe ich ein besseres Leben, ist er weg“”

Im Artikel geht es um das ewige Thema Fremdgehen und Trennung, es ist von Affären die Rede und vom Retten (wollen) der Beziehung. Auf den ganzen Beitrag soll hier gar nicht eingegangen werden, sondern lediglich auf eine Aussage von Frau Mittermaier, die aufhorchen lässt und die direkt an das Zitat in der Überschrift dieses besagten Beitrages anknüpft.

Für die vermeintlich bessere Frau alles aufgeben?

Sie lautet:

“(…)Das gefährliche ist: Sobald der Partner denkt, mit der anderen Person habe ich ein besseres Leben, ist er weg. Das ist übrigens ein ganz natürlicher Vorgang. Wir Menschen sind biologisch gar nicht darauf angelegt, langfristig monogam zu leben.(…)”

Hmmm…Platt gesagt, könnte das auch heißen, dass sich der eigene Partner, sobald er eine attraktive Blondine sieht und sich mit dieser Frau ein besseres (Sex?)Leben vorstellen könnte, aus dem Staub macht…

Sicher ist das ein wenig weit hergeholt, doch die getätigte Aussage der Paarberaterin impliziert genau das.

Die Menschen haben sich weitergewickelt

Nur: Haben wir Menschen nicht eine zivilisierte Entwicklung durchgemacht? Die im Laufe der Jahrtausende geprägt wurde durch Weiterentwicklung, die Konzentration auf Werte, das “Sich Beherrschen können”, Erfahrungen und der Aneignung von Intelligenz?

Oder stürzen wir uns wie die Affen im Zoo in ganzer Ungestümtheit auf andere (attraktivere) Menschen, um Sex mit ihnen zu haben? Das mag überspitzt formuliert sein, trifft aber den Kern im Wesentlichen. Soll heißen: Die meisten Männer in einer Ehe oder Partnerschaft wissen, dass das Gras woanders auch nicht grüner ist und dass es auch mit einer anderen Partnerin Probleme oder Reibereien geben dürfte.

Und auch wenn gebundene männliche Zeitgenossen den einen oder anderen Blick in Richtung einer anderen attraktiven Frau riskieren oder auch mal einen Flirt haben: Nur in Ausnahmefällen wird ein Mann dafür gleich die eigene Beziehung hinter sich lassen wollen.

Immerhin funktionieren Millionen Partnerschaften

Zudem: Wenn die Monogamie angeblich nicht natürlich ist, weshalb funktionieren dann doch so viele Ehen und Partnerschaften? Warum hielten die Beziehungen unserer Großeltern in den allermeisten Fällen für immer? Hier stets nur darauf verweisen zu wollen, dass das “damals so war” greift sicherlich zu kurz.

Insofern lohnt eine Betrachtung der Kommentare unter dem besagten WELT-Artikel.

So schreibt User Ralph V.

“Ich werde Mitte diesen Jahres 63 Jahre alt. Hatte schon mehrere Partnerinnen. Rückwirkend betrachtet, bemerke ich, dass wir oft einfach zu schnell auseinander gegangen sind. Die Probleme sind fast immer die selben bzw. ähnlich. Wahrscheinlich liegt da an einem selber – doch das wollen wir ja nicht so gerne hören?”

Deutliche Worte hinterlässt User “S B.” Er kommentiert:

“Wiedermal ein/e Ratgeber/in bei dem/r sich im Text kein Hinweis auf echte Kompetenz findet… Stattdessen: „ sie hat auch privat viel erlebt: Sie wurde in ihrer Ehe betrogen, hat sich selbst fremdverliebt und mit ihrem Mann eine offene Beziehung ausprobiert. All diese Erfahrungen fließen in das Coaching ihrer Kunden ein“ . Also: der eigene Müll wird auf die Ratsuchenden projiziert….”

Christian B. schreibt:

“Zitat: “Wir Menschen sind biologisch gar nicht darauf angelegt, langfristig monogam zu leben.” … das dieses “Argument” ständig wiederholt wird, besonders um derartiges Verhalten zu rechtfertigen, ist eigentlich schon billig genug. Nicht weil es “biologisch” falsch wäre, nein. Sondern weil es einen -im Kontext einer Partnerschaft- praktisch irrelevant ist. Entweder halten wir uns für Menschen, Lebewesen mit einer entwickelten Kommunikation, Sozialstruktur und Kultur. Oder wir entschuldigen einfach alles mit dem Argument, dass wir für die tierischen Anlagen ja nichts können. Dann können wir aber auch Mord und Totschlag, Anarchie und Chaos derart argumentieren und entschuldigen. Eine Partnerschaft ist über die Zeit eben nicht die anfängliche Romantik, sondern gegenseitiges Vertrauen und partnerschaftliches Handeln und miteinander Leben. Es ist eine zwischenmenschliche Vereinbarung, dass man gemeinsam im beiderseitigen Interesse handelt.”

Nun – der zuletzt zitierte Kommentar trifft es wohl am ehesten. Insofern: Fremdgehen, Seitensprünge und Affären mit dem Verweis auf die menschliche Biologie, die mit Monogamie angeblich nichts am Hut hat, zu rechtfertigen, greift zu kurz. Viel zu kurz!

Quelle: welt.de vom 5. Januar 20023

Bild: pexels.com / Klub Boks
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