Samstag, 22. November, 2025

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Hebammen-Aufstand in Rottweil: Warum das ganze Team kündigte

In der Helios-Klinik in Rottweil (Baden‑Württemberg) haben alle elf aktiven Hebammen ihre Kündigung eingereicht – ein bisher nie dagewesener Schritt. Der Auslöser: Ein neuer bundesweiter Hebammenhilfevertrag, der nach Meinung der engagierten Geburtshelferinnen die berufliche Existenz gefährdet.

Neuer Tarifvertrag markierte für die Hebammen den Wendepunkt

Der neue Vertrag, der seit dem 1. November 2025 gilt, regelt, wie freiberufliche Hebammen in Kliniken künftig vergütet werden. Das Vertragswerk enthält fatale Modalitäten: Wird mehr als eine schwangere Frau oder frischgebackene Mutter gleichzeitig betreut, sinkt die Vergütung für die zweite und dritte Gebärende auf nur noch 30 % der bisherigen Sätze. Zudem müssen die Leistungen der Geburtshelferinnen minutengenau abgerechnet werden. In Fünf-Minuten-Schritten!  Pauschale Honorare sollen gänzlich entfallen.

Drohender Einkommensverlust und steigende Bürokratie

Hebamme Jessica Wenzler (43), die laut einem Bericht der BILD in 22 Jahren rund 1.300 Babys auf die Welt geholfen hat, rechnet mit einem Gehaltsverlust von bis zu 30 %. Ihre Kollegin Isabelle Kaltenbacher (45), ebenfalls langjährige Lebenshelferin, teilt die Wut der Kollegin und spricht öffentlich darüber, dass der neue Vertrag ihren Beruf kaputt macht.

Die bürokratischen Anforderungen steigen mit diesen fragwürdigen Bedingungen rmassiv – die Hebammen müssen jede erbrachte Leistung minutengenau dokumentieren. Für das betroffene Team geht das über einen schnöden Mehraufwand hinaus. Für die Hebammen ist es vielmehr ein Zeichen, dass ihre Arbeit nicht mehr als wertvoll, sondern als rein abrechenbare Leistung gesehen wird.

Klinik und Krankenkassen im Clinch – Hebammen machen ernst

Die Helios-Klinik Rottweil steht nun ohne ihr gesamtes Hebammen-Team da, unterstützt aber das Ansinnen der Frauen dennoch. Immerhin war es keine Maßnahme der Klinik, die die Hebammen nun auf die Barrikaden treibt, sondern der neue Hebammenhilfevertrag, der bundesweit gelten soll.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) verteidigt den neuen Vertrag. Man argumetiert, dass die Betreuung „hochwertiger“ wird, da Hebammen mehr Zeit vor und nach der Geburt mit einzelnen Frauen verbringen können. Doch wie so oft scheint das blanke Theorie zu sein, denn aus Sicht der Hebammen geht dieses Modell völlig an der Realität vorbei. In der Praxis lassen sich Mehrfachbetreuungen kaum vermeiden. Jede Mutter, die ein Kind mithilfe einer Hebamme zur Welt gebracht hat, weiß das.

Vor diesem Hintergrund haben sich die Hebammen der Rottweiler Klinik schon lange Gedanken über diese berufliche Verschlechterung gemacht. Fachfrau Wenzler sagte dazu der BILD-Zeitung: „Der Entschluss, geschlossen zu kündigen, ist über die vergangenen Monate in vielen Teamsitzungen herangereift. Wir wollen nicht unter diesen Bedingungen weiterarbeiten.“ Und sie verweist auf ihre Überlegungen, notfalls den Beruf zu wechseln, sollten keine Nachbesserungen kommen.

Steht die Zukunft der Geburtshilfe auf der Kippe? 

Doch: Aufgeben wollen die Hebammen so schnell nicht. Proteste sind geplant  – gemeinsam mit Müttern. Helfen diese nicht, könnten weitere Kündigungen und damit ein regelrechter Kreißsaal-Kollaps folgen.

Bleibt zu hoffen, dass es soweit nicht kommt und die Theoretiker umschwenken. Es gibt immerhin schon genug Notstand im Gesundheits- und Pflegewesen!

Bild (Symbolfoto): pexels.com / Jonathan Borba

Quelle: bild.de vom 19. November 2025

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