Dienstag, 8. Oktober, 2024

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Nachbarn, Gartenzaungespräche und ich…Kolumne von Barbara Edelmann

Seit über 30 Jahren wohne ich auf dem Lande, und ich liebe es, aber es bleibt nach wie vor eine Herausforderung, denn ich scheitere an der einfachsten Aufgabe wie dem zwischenmenschlichen Miteinander.

Wer aufs Land geht, um dort in Ruhe und Einsamkeit vor sich hinzuleben, wird – genau wie ich – ein paar  Lektionen lernen müssen. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es in der Stadt anders ist. Aber bitte urteilen Sie selbst.

An einem herrlichen Samstagmorgen gegen 9:00 Uhr kniete ich am Rande “meines” 300-Seelen-Dorf im Garten und versuchte  halblaut fluchend, einen halsstarrigen Löwenzahn aus dem Boden zu zerren, der seine Wurzeln scheinbar auf der entgegengesetzten Seite des Erdballs festgekrallt hatte.

Spitze Fragen aus dem Hinterhalt

Plötzlich verdunkelte ein Schatten die Sonne, und jemand fragte:

 „Soso, sind wir wieder fleißig?“

Die Stimme gehörte einer Person, die ich nicht mal flüchtig kannte und nur im Vorbeigehen einige Male freundlich gegrüßt hatte. Verlegen blickte ich hoch, weil ich eben überlegt hatte, wo ich ein paar Stangen Dynamit herbekäme, um diesen blöden Löwenzahn aus dem Garten zu sprengen, und den wuchernden Kleinkram daneben, dessen Namen ich immer wieder vergesse, gleich mit.

Die Gestalt stand nach wie vor abwartend da und blickte auf mich herab.

„Soso, sind wir wieder fleißig?“, wiederholte sie langgezogen. Sie würde mich auf gar keinen Fall entkommen lassen. 

Ich saß in der Patsche, denn was bitte entgegnet man darauf? „Ja? Nein? Bin immer fleißig?  Entschuldigung, ich muss los, weil ich sonst meinen Flieger nach dahin, wo der Pfeffer wächst, verpasse”?

Meine Freundin Julia behauptet, die richtige Antwort lautet in einem solchen Fall: „Ja klar, muss eben auch mal sein.“ Es scheint irgendwo auf der Welt ein geheimes Nachschlagebuch für Phrasen  zu geben, das man nicht bei Thalia oder Amazon findet. 

Genau aus diesem Grund denke ich arme Wurst jedes Mal eindringlich über Fragen dieser Art nach – und finde niemals eine passende Antwort. 

Distanzierte Kommunikation im Ländlichen

Dieses „Wir“ in „Sind wir wieder fleißig?“ ist übrigens quasi die Steigerung des „Sie“ – eine Distanzierung der Premiumklasse, und wird häufig in meiner ländlichen Region verwendet.

Das „Sie“ wäre eine direkte Anrede, „wir“ ist wesentlich indifferenter und impliziert: „Ich muss irgendwie mit dir reden, aber komm mir nur ja nicht zu nahe.“

Keine Sorge, habe ich nicht vor. 

Nehmen wir mal an, ich erinnere mich jetzt an Julias Rat und antworte mit „Ja klar, muss auch mal sein.“ Wie geht es dann weiter?

Muss ICH dann was zurückfragen oder mindestens ein Kompliment machen wie zum Beispiel: „Sie haben eine schöne Jacke/Dackel/Sandalen/Dauerwelle“? Darf ich weiter diese Wurzel aus dem Boden ziehen, oder muss ich den Löwenzahn-Ausstecher der Höflichkeit halber fallen lassen? Wie lange sollte so ein Gespräch mindestens dauern? Und vor allem: Wie beendet man es, ohne desinteressiert zu wirken? Fragen über Fragen.

Party-Smalltalk leichter als Gespräche am Gartenzaun

Das klingt von jemanden, der nie um ein Wort verlegen ist und kurz vor der neunten Buchveröffentlichung steht, vielleicht merkwürdig, ist aber leider wahr. Ich kann das einfach nicht – mit Nachbarn unverbindliche Unterhaltungen führen. Dabei bin ich in Wirklichkeit ein umgänglicher, freundlicher Typ, neugierig auf Menschen und immer an deren Geschichten interessiert.

Sie können mich über einer Party mit 500 mir unbekannten Gästen aus dem Helikopter abwerfen, und ich verlasse die Feier nach einer Stunde mit etlichen neuen Telefonnummern. Premierenlesungen halte ich ohne Spickzettel und improvisiere frei Schnauze. Im Kaufhaus oder am Bahnhof quatsche ich unbefangen mit Wildfremden.

Aber diese aufgezwungen Gartenzaungespräche. Ach.

Mittlerweile habe ich den Nimbus einer eigenbrötlerischen Einzelgängerin, die etwas schräg drauf ist, weil ich immer noch nicht begriffen habe, wie man mit Wildfremden locker über das Wetter, das Abendessen vom Vortag oder Läuse auf Landrosen plaudert. 

Diese Unterhaltungen können übrigens nicht nur am Zaun, sondern auch in der Waschküche stattfinden, vor der Haustüre, an der Garage oder beim Spaziergang mit dem Hund. Sie sind mein ganz persönliches Waterloo, meine Schlacht am Wounded Knee. Und sie zementieren meinen Ruf als eingebildete Städterin, die mit anderen Leuten nichts zu tun haben möchte.

Lieber übers Wetter reden?

Vielleicht liegt es teilweise daran, dass diese Gespräche etwas sind, das mir aufgenötigt wird. Ich mag keinen Zwang. Außerdem ist der Themen-Katalog äußerst dürftig.

Ich habe mir sagen lassen, dass „Wetter“ immer funktioniert: zu gut, zu schlecht, zu kalt, zu warm. Dann wäre da noch Corona, was aber mittlerweile böse ins Auge gehen kann. Und damit verlassen mich die Ideen. Ich glaube nicht, dass ich mich mit einer Unterhaltung über Eurobonds, Außenpolitik, meine geliebten Fernsehserien oder das Rentenproblem beliebt machen würde. Es liegt also an mir. Definitiv. Ich bin zu abgehoben.

Öfter sehe ich von meinem Balkon aus auf der Straße kleine Grüppchen, die sich angeregt unterhalten. Leider sind sie immer so weit entfernt, dass ich nicht verstehen kann, worüber. Und ich möchte eigentlich gerne mitmachen. Ich möchte es lernen. Gibt es dafür Kurse? 

Es ist ganz egal, was ich tue, blamieren werde ich mich auf jeden Fall. Kleine Dörfer auf dem Land wimmeln von hervorragenden Hausfrauen, allesamt im Besitz mindestens eines Thermomix, die ihre Steckdosen mit der Zahnbürste putzen (selbst erlebt) und nie, wirklich niemals, mit einem Loch im T-Shirt in einem Blumenbeet knien würden wie beispielsweise ich, die ihre Klamotten einteilt in „zum Ausgehen“, „für werktags“, und „nur noch für Garten- oder Malerarbeiten“.

Als zugezogene Städterin kritisch beäugt

Leider bringe ich gelegentlich etwas durcheinander, habe “zum Ausgehen” (meine Cavalli-Jeans) schon  bei der Gartenarbeit getragen und “nur für Garten- oder Malerarbeiten” zum Einkaufen, weil es beim Anziehen in Griffnähe lag.

Ich hab immer noch nicht gelernt, wie es funktioniert mit diesem unverbindlichen Smalltalk. Wie bleibt man vage und hält seinen Fuß vom allgegenwärtigen Fettnapf fern? Wie stellt man es an, dass anschließend nichts gegen einen verwendet werden kann, das man gesagt hat? Geht das überhaupt?

Das  Gespräch, als ich versuchte, den Löwenzahn aus dem Boden zu ziehen, ging aber noch weiter.

Sie: „Was habt ihr (!) denn da gepflanzt, sind das Landrosen?“

Ich: „Keine Ahnung, ich fand die im Baumarkt so schön und hab sie gekauft“

So, das war’s dann. Vermasselt. Meine Aussage führt beim Gegenüber zu der Überzeugung:  „Keine Ahnung von Blumen, aber Rosen pflanzen. So sind halt die Städter/Schriftsteller. Maulfaul ist sie auch noch. Musste ihr jeden Wurm aus der Nase ziehen. Die glaubt wohl, sie sei was Besseres.“

Was man sagt, ist nahezu immer falsch

Es ist wirklich ganz egal, ob es um Blumen, das Wetter, die Mülltonne oder die Butterpreise geht, ich sage garantiert immer das Verkehrte. Oder zu wenig. Weil es mich einfach nicht interessiert. Weil es mir zu oberflächlich ist. Weil ich meine Lebenszeit nicht damit verschwenden will, mich in Höflichkeiten Unbeteiligten gegenüber zu ergehen, mit denen ich gar nichts zu tun habe, außer dass ich im selben Ort wohne. Weil ich diese aufgenötigten Gespräche nicht leiden kann. Uff – jetzt ist es raus.

Warum darf ich nicht einfach nur meine Tonne rausbringen, freundlich „Guten Morgen“ sagen und dann wieder verschwinden? Warum muss ich tun, als freue ich mich, fremde Menschen zu treffen, nur weil ich ihnen nicht aus dem Weg gehen kann? Warum muss ich Interesse simulieren, obwohl ich nichts zu sagen habe?

Sie wissen gar nicht, wie oft ich schon in Gemeinschafts-Waschküchen um Worte gerungen habe, wenn ich von Leuten angesprochen wurde, mit denen mich nichts außer der Hausnummer verbindet. Ich will doch da nur wohnen. Sie brauchen mich nicht auf ihre Grillfeste einzuladen und mir nicht zum Geburtstag gratulieren, es würde mir genügen, wenn wir uns alle grüßen und dann unserer Wege gehen.

“Hallo und guten Weg” – auch das funktioniert

Nur bei meiner Nachbarin im Haus nebenan funktioniert es gut: Wir grüßen uns freundlich, wenn sie wieder mal zwischen den Pfingstrosen kniet. Ich sage laut „Hallo“ und nicke, sie winkt mir, dann gehe ich weiter. Sie erwartet nichts von mir, und ich nicht von ihr. Warum kann das nicht immer so sein?

Rein metaphorisch betrachtet ähneln diese Gespräche für mich dem Eiskunstlauf und sind das Äquivalent einer anspruchsvollen Kür mit Todesspirale und doppeltem Rittberger, bei der man sich sämtliche Gräten brechen kann. Unsicher und verkrampft schlingere ich an der Bande entlang und warte sehnsüchtig auf den Abpfiff. Dabei sollte ich doch souverän Pirouetten drehen. 

Aber man kann dabei alles, wirklich alles, vermasseln. Ein falsches Wort, und die Beziehung ist im Eimer.

Naja, dann wird man den Rest seines Lebens eben nur noch gegrüßt. Oder nicht mal mehr das. Auch schon erlebt.

Es wäre so schön, wenn ich es locker angehen und einfach drauf los reden könnte, aber ich fühle mich dabei jedes einzelne Mal wie vor Gericht und befürchte, dass ich anschließend ins Zeugenschutzprogramm oder mindestens umziehen muss. Wirklich frei kann man nur sprechen, wenn einem die Konsequenzen egal sind. Und das sind sie mir nicht. Dazu kenne ich Menschen einfach viel zu gut. 

Unter ständiger Beobachtung im Mietshaus

In einem kleinen Ort und auch in einem Mietshaus weiß oftmals jeder alles über jeden: wie oft derjenige seine Wäsche wäscht, staubsaugt, fernsieht, Freunde einlädt, Pommes frittiert, oder die Klospülung betätigt. Man steht ständig unter Beobachtung, obwohl die Nachbarn vielleicht nicht mal absichtlich mitbekommen, dass man sich mit seinem Partner wegen der Heizölrechnung fetzt. Aber man fühlt sich permanent wie unter einem Vergrößerungsglas.

Mieter in einem Haus bilden notgedrungen eine Zwangsgemeinschaft. Ich kann mir vor dem Einzug ja nicht die tollsten heraussuchen, sondern besichtige die Wohnung , finde sie schön, die Miete akzeptabel und die Autobahnanbindung gut. Der Ärger kommt erst hinterher. 

Selbstverständlich würde ich, sollte einer meiner Mitbewohner ein Problem haben, mit Zucker aushelfen, sie ins Krankenhaus fahren oder ihnen für ihre Jubiläumsfeier ein Gedicht schreiben, aber soweit kommt es eigentlich nie.

Bis heute hab ich nicht herausgefunden, was genau man eigentlich für ein gedeihliches Miteinander zu tun hat. All die von mir extra gebackenen Kuchen, das freundliche Grüßen, Geburtstagsglückwünsche oder kleine Geschenke für die Kinder nützten mir nichts, weil ich  nicht ergänzend hierzu den nachbarschaftlichen Smalltalk beherrsche, der so gut wie möglich an der Oberfläche dümpelt und trotzdem ernsthaftes Interesse simuliert.

Gerede ist an der Tagesordnung

Jetzt werden Sie sagen: „Pah, ich vertrage mich mit allen meinen Nachbarn großartig. Wir helfen uns gegenseitig und feiern gemeinsam unsere Geburtstage.“ Das freut mich ehrlich für sie. Aber so weit bin ich leider nie gekommen. Mir fehlt das Leichte, die Unbefangenheit, was auch an der Summe meiner Erfahrungen liegt: 

Bei meinem Einzug vor einigen Jahren bekam ich über das Ehepaar, das vor mir in meiner Wohnung gelebt hatte, viele abfällige Dinge zu hören: Sie hatten gelegentlich zu laut gefeiert, die Küche war nach dem Auszug nicht sorgfältig genug geputzt gewesen (ist hier im Haus außerordentlich wichtig), ohnehin hörte man sie sehr selten staubsaugen…, sie trug meistens Pumps, was den Bewohnern unter ihr Kopfschmerzen wegen des Lärms verursachte, sie hatte ihre Kinder nicht wirklich im Griff, denn die waren manchmal nach 21:00 Uhr noch auf, immer, wenn man mal da klopfte, lief der Fernseher, sogar untertags (!!!) und überhaupt und sowieso.

Ich hörte mir die Suada höflich an und dachte die ganze Zeit „Wie werden sie über mich reden, wenn ich mal ausziehe?“ Aber ich kann es mir schon denken.

Sich Nachbarn vorstellen ist wie ein Bewerbungsgespräch

Sich zukünftigen oder neuen Nachbarn vorzustellen ist wie ein Bewerbungsgespräch für die Mitgliedschaft in einem exklusiven Club. Dazu gehört auch das Akzeptieren geschriebener und ungeschriebener Verpflichtungen, um im gesellschaftlichen Gefüge dieses Mikrokosmos nicht anzuecken. Und vergessen Sie bitte die Kehrwoche nie.

Wenn man Sie aber in diesen elitären Verbund aufnimmt, werden Sie künftig vielleicht zu Geburtstagsfeiern eingeladen, wo Sie jede Menge  Verwandter des Jubilars kennenlernen werden, die Ihnen das Du anbieten. Es wird unter der Woche unverhofft an Ihrer Tür klingeln, weil der Nachbarin unter Ihnen langweilig ist und sie sich ein Stündchen lang die Zeit vertreiben möchte. Da sie keine Geräusche aus unserer Wohnung gehört hat, denkt sie, man hätte ebenfalls Langeweile. Und wenn sie schon mal da ist, könnte man ja dann auch gleich den Rest der Nachbarschaft durch den Kakao ziehen. Oder einfach nur quatschen.

Da ist es dann wieder, mein altes Problem.

Worüber soll man eigentlich sprechen?

Worüber sollte ich reden? Kleine Schwänke aus meiner Jugend erzählen, die gegen mich verwendet werden? Sind Krankheiten ein gutes Thema, obwohl sie mich total runterziehen? Soll ich Kochrezepte austauschen? Mir Putztipps einholen? Und wenn ich meiner Nachbarin noch mehr Komplimente mache, nur damit ich überhaupt irgendwas sage, wird sie irgendwann merken, dass ich lüge wie gedruckt? Denn in Wirklichkeit sieht sie aus wie die böse Cousine von Magret Thatcher und hat die Ausstrahlung von Imelda Marcos. 

„Gewohnheiten sind erst Spinnweben, dann Drähte“, sagt man in Spanien. Und aus einem Kaffee auf meinem Balkon werden eventuell regelmäßige Treffen, einmal oder zweimal die Woche. Werden wir zusammen Essen gehen, Geburtstage feiern, auf unseren Terrassen grillen, uns unsere Autos leihen?

Werden wir gegenseitig auf unsere Wohnungen aufpassen, eventuell viel zu viel Persönliches voneinander erfahren und uns im Endeffekt doch irgendwann wegen einer winzigen Kleinigkeit in die Wolle kriegen – wegen eines falschen Wortes vielleicht oder eines vergessenen Geburtstags?  Weil aus Nachbarn nämlich nur in den allerseltensten Fällen Freunde werden – sie bleiben Fremde, mit denen ich zusammenleben muss. 

Beschwerden über drei Ecken…

Übrigens durfte ich feststellen, dass auch eine gewisse Distanz nicht vor allgegenwärtiger Beobachtung schützt. Als ich mehrere Jahrzehnte in einem freistehenden Haus wohnte, wurden Beschwerden lediglich subtiler an mich herangetragen wie zum Beispiel: 

Vermieterin: „Man sagt, Sie seien sonntags in Ihrem Garten gelegen und hätten einen Bikini getragen.“

Ich: „Darf man das nicht?“

Vermieterin: „Nun ja, einige empfinden es als anstößig, wissen Sie. Und immerhin war es Sonntag.”

Ich darf Ihnen an dieser Stelle versichern, dass meine Badebekleidung nicht gegen irgendjemandes sittliches Empfinden verstößt und ich grundsätzlich Bikinis kaufe, die größer sind als Briefmarken. 

Nachbar: „Sie haben da drüben eine Wildblumenwiese gesät? Aber Sie wissen schon, dass die Samen dann in meinen Garten wehen, oder?“

Nervige Spione von nebenan

Ich: „Tut mir leid, nein, das habe ich nicht bedacht. Dann mähe ich sie eben ab.“

Nachbarin: “Sehen Sie überhaupt noch aus der Windschutzscheibe raus? Die Waschanlage ist doch nicht so weit weg?“

Wo sie recht hatte, hatte sie recht…

Nachbarin: “Neulich stand die Mülltonne einen halben Tag nach der Leerung immer noch am Straßenrand. Warum holen Sie die immer so spät rein?”

Weil ich immer erst daran denke, wenn ich sie brauche. Tschuldigung.

 “Lieblings”-Nachbarin: „Haben Sie am Wochenende wieder Schnecken gesammelt und bei mir in den Garten geworfen? Auf meinem Kompost sind nämlich normalerweise nie so viele.“

Haha, ja. Habe ich. Das war die Rache für das mit dem Bikini, ich wusste nämlich, dass es von ihr kam. Aber das ist eine andere Geschichte. Übrigens waren es  um die 400 Schnecken. Tut mir bis heute nicht leid.

Auf die Tupperparty zu gehen will zweimal überlegt sein!

Vielleicht hätten all diese Beschwerden mich nie erreicht, wäre ich bloß zu jeder Tupperparty gegangen, auf die ich eingeladen war. Dabei quillt das Zeug ohnehin aus allen Schränken, die ich öffne, weil auch meine Freunde diese Veranstaltungen organisiert haben. Und irgendwas kauft man immer. 

Sagen Sie bei so etwas nur niemals “Nein”, kann ich Ihnen heute raten.

Vielleicht wäre ich beliebter geworden, wäre ich nach dem sonntäglichen Gottesdienst nicht freundlich nach allen Seiten grüßend gleich wieder im Auto verschwunden, sondern hätte mir auf dem Friedhof wie der Rest der Leute die Beine vertreten und gesagt: “So ein schönes Grab” oder etwas in der Richtung.

 Oder ich hätte die bewährte Methode versucht und mich einfach mal irgendwo im Dorf an einem Gartenzaun aufgebaut und gefragt: “Na, sind wir wieder fleißig?”

Wer das nicht kann, wer nicht imstande ist, diese Art unverfänglicher Unterhaltungen zu führen, ist der Exote, der Außenseiter, derjenige, der sich ausgrenzt.

Hilfe: Ja. Aber aufgezwungene Gespräche: Nein

Ich weiß das alles, und ich kann es trotzdem nicht. Wenn sie aber mal ein Ei brauchen, oder Zucker, ein Ersatztelefon, eine Fahrt zum Krankenhaus oder Kleingeld – zögern Sie nicht und klingeln Sie bei mir. Ich warte nur auf eine Gelegenheit, mich endlich mal nützlich machen zu dürfen. Hauptsache, ich brauche dabei kein Gartenzaungespräch zu führen.

Seien Sie also bitte nicht enttäuscht. Sie wissen ja jetzt Bescheid.

Bildnachweis: stock.adobe.com / Rainer Fuhrmann

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