Laut aktuellen Medienberichten sind deutschlandweit über fünf Millionen Menschen verschuldet. Viele Betroffene davon sind Frauen. Etliche diese Schuldnerinnen sind unverschuldet in diesen unheilvollen Strudel geraten – durch eine Unterschrift als Bürge. Wie schlimm so etwas ausgehen kann, zeigt das Beispiel von Katharina S.*, die für ihren Partner gebürgt und alles verloren hat. Ein Schicksal im Porträt:
Ein toller Job, eine attraktive Frau und viel Lebensfreude, die da rüber kommt. So der erste Eindruck von Katharina. Vieles jedoch ist eine einzige Fassade. Die 38jährige ist Single und arbeitet in einer Produktionsfirma. Ein interessanter Job, bei dem der vielgerühmte Hauch Glamour immer mit dabei ist. Doch mit Glamour hat Katharinas Leben im Privaten wenig zu tun. Sie ist verschuldet.
Gebürgt ist schnell – die Folgen sind oft verheerend
Vor knapp zehn Jahren war sie mit einem Partner zusammen, der sich mit einem Handwerksbetrieb selbständig machte. Da den Banken das vorhandene Eigenkapital nicht reichte, aber Katharina damals schon gut verdiente und zudem Besitzerin einer Immobilie war, fragt Frank* , ihr damaliger Partner, sie kurzerhand, ob sie nicht für ihn bürgen könne.
Katharina konnte. Und dachte sich nichts weiter dabei. Frank hatte goldene Hände, die Beziehung lief gut, beide planten Nachwuchs. Und wollten irgendwann, wenn die Firma von Frank gut läuft, das kleine Landhaus, das Katharina von einer Großtante geerbt hatte, ausbauen. Und gänzlich aufs Land ziehen. So weit so gut. Der Kredit wurde nach Katharinas Unterschrift als Bürge gewährt, das Unternehmen lief an.
Anfangs sah auch alles danach aus, dass das Paar seinem Lebensplan folgen kann. Die Firma entwickelte sich gut, Katharina machte ihr Job Spaß und zusammen mit Frank schmiedete sie immer wieder Zukunftspläne. Die Zukunft – die sollte sich abspielen in den eigenen vier Wänden! Mit einem Kind oder auch zweien.
Der Traum vom Landhaus war ständiger Begleiter
Das Haus, das Katharina einst von ihrer Großtante erbte, war ideal dafür. Nur wenige Minuten von der Stadt in der sie lebten entfernt und noch ganz gut in Schuss. Mit Franks handwerklichen Händen würde sich das in die Jahre gekommene Häuschen in beider Familiendomizil verwandeln. Daran glaubten sie fest.
Doch das Leben holte sie ein: Irgendwann, nach fast zwei Jahren, zahlte ein großer Kunde von Frank nicht, weil er plötzlich insolvent wurde. Und riss damit ihn, seinen Betrieb und die beiden Mitarbeiter, die zwischenzeitlich eingestellt wurden, ins Verderben. Die offenen Rechnungen konnten nicht anderweitig abgefedert und selbst der Materialeinkauf nicht mehr getätigt werden. Eine harte Zeit. Frank und Katharina gaben alles, steckten viel privates Geld in Franks Betrieb. Es half nichts. Irgendwann waren sie nicht nur am Ende ihrer Kräfte, sondern auch am Ende ihrer Zahlungsfähigkeit. Als dann auch noch das Finanzamt und die Krankenkassen mit Forderungen kamen, bedeutete das das endgültige Aus.
Mit dem Aus ging die Abwärtsspirale los
Frank flüchtete sich ob dieser Situation immer mehr in den Alkohol, ließ alles schleifen, während Katharina versuchte, mit Gläubigern und der Bank zu verhandeln.
Dennoch: Als Bürge für die Bank war nur sie greifbar. Frank hatte längst alles Ersparte in den Betrieb gesteckt und sich schon viele Monate keinen Lohn mehr ausgezahlt. Der Beziehung tat das lange schon nicht mehr gut, beide stritten immer häufiger.
Der schwärzeste Tag aber stand Katharina noch bevor. Denn eines Tages meldete sich die Bank bei ihr mit der Ansage, dass man nun wohl Katharinas Haus versteigern werde, wenn nicht bis dann und dann mindestens 55.000 € von ihr für die Begleichung der Forderung kämen. Wozu sie als Bürge nun eben verpflichtet war – gebürgt ist gebürgt.
Wenn die Bank ernst macht, sind Schulden oft das traurige Resultat
Die Nachricht löste bei Katharina einen Nervenzusammenbruch aus. Sie hatte das Geld nicht, pumpte sie nun doch schon Monate einen Großteil ihres Gehaltes in Franks Firma.
Während Freunde sich um sie kümmerten und Frank nur noch im alkoholisierten Zustand umher irrlichterte, machte die Bank ernst und schickte einen Gutachter zu dem Haus, das einmal Franks und Katharinas Zukunft bedeutet hatte. Der Albtraum wurde wahr – und das Haus irgendwann versteigert.
Katharina erlebte diese Zeit wie durch einen Wattebausch. Sie war lange krank geschrieben und konnte wahrlich von Glück reden, dass ihr Chef Verständnis für die Situation und wahre Größe zeigte. Indem er ihr nämlich versicherte, dass ihr Job nicht in Gefahr ist. Die Beziehung zwischen Katharina und Frank aber hielt den Belastungen nicht stand, sie zerbrach.
Kommen Schulden, zerbricht so manche Beziehung
Sie gaben die gemeinsame Wohnung auf, Katharina zog in ein kleines Singleappartment. Doch während Frank den sogenannten Offenbarungseid leistete, war für Katharina der Albtraum noch nicht vorbei. Da sie nun die einzige war, an die die Bank sich hielt und auch halten konnte, musste sie ihren Pflichten als Bürge nachkommen. Denn: Das betagte Haus hat nur ein Teil dessen bei der Zwangsversteigerung gebracht, was die Bank forderte. Mit Zins und Zinseszins stand Katharina noch immer in den Miesen.
Den Weg des Offenbarungseides aber wollte Katharina nicht gehen. Irgendwann war sie wieder arbeitsfähig und handelte eine finale Ratenzahlung mit der Bank aus. Diese bewahrte sie zwar vor dem von ihr so gefürchteten Offenbarungs-Eid, aber in ihrem Leben hatten diese Forderung von nun an die absolute Präsenz. Um nicht zu sagen: Sie dominierte fortan nun alles. Von Katharinas an sich gutem Gehalt gehen bis heute allein fast 500 € für diese Rate weg, der Rest wird für Lebenshaltungskosten gebraucht.
Einmal gebürgt, kann im Ernstfall alles weg sein
Katharina versucht das Beste draus zu machen. Noch immer leidet sie unter dem Verlust des kleinen Landhauses, das sie so geliebt hat und das für sie einst die Zukunft bedeutete. In den Ort, wo sich das Haus befindet, ist sie nie wieder gefahren. Auch alle Brücken zu Frank sind abgebrochen. Das letzte, was sie von ihm hörte, war, dass er sich der Alkoholsucht völlig hingegeben hat und mehr und mehr abbaut.
Noch immer ist Katharina dabei, sich mit diesem neuen, für sie ungewöhnlichen, Leben zu arrangieren. Mal hier ein Kurztrip am Wochenende, eine kleine Reise oder dort ein schickes, neues Kleid? Was für Freundinnen und Kollegen selbstverständlich ist, ist für Katharina meilenweit weg.
Von ihrem Gehalt bleibt nach der Rate an die Bank und dem Abzug aller Kosten so gut wie nichts übrig. Würde eine Zahlungsvereinbarung platzen, stünde auch für sie die Abgabe der Vermögensauskunft (wie sich der Offenbarungseid schon länger nennt) auf dem Programm.
Jahrelange Verpflichtungen können die Folge einer Bürgschaft sein
Oft fragen Freunde Katharina, warum sie sich denn den Stress antue und nicht auch die „Hand hebt“ – wie es so salopp heißt? Doch davon möchte sie nichts hören. Die Summe, die sie noch abzuzahlen hat, beläuft sich auf um die 20.000,00 €. Sie erachtet das für stemmbar und hofft auf einen Neuanfang – irgendwann, wenn die Schulden abbezahlt sind.
Bis dahin hält sie sich mit Klamotten vom Flohmarkt oder aus einschlägigen Kleinanzeigenportalen im Web über Wasser, kauft nur im Discounter und gönnt sich alle zwei Jahre ein Urlaub auf dem Zeltplatz – irgendwo in Deutschland. Wohin sie per Mitfahrzentrale reist. Denn auch das Auto ist nur noch eine wehmütige Erinnerung an bessere Zeiten…
Bloß nicht leichtfertig unterschreiben!
Ihr Leben hat eine völlig andere Wendung bekommen, ausgelöst durch eine – seinerzeit von ihr als unbedeutend empfundene – Unterschrift.
„Ich kann nur jede Frau warnen, leichtfertig für einen Kredit des Partners zu bürgen“ – so Katharinas Appell an Frauen, die vielleicht gerade vor dieser Entscheidung stehen. „Auch wenn die Liebe gerade sehr frisch ist, niemand weiß, was in einigen Jahren passiert!“ lautet ihr eindringliches Statement.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Infos bei Schulden und Überschuldung liefern die örtlichen Schuldnerberatungsstellen, zum Beispiel hier.
*Namen geändert
Das Foto stellt ein Symbolbild dar – bei der abgebildete Person auf dem Foto handelt es sich nicht um die im Beitrag Porträtierte. Ähnlichkeiten mit anderen Personen sind rein zufällig
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