Eine Spaziergängerin kennt jeder, aber eine “Spaziergeberin”? Wohl kaum. Und doch nennt sich eine Frau aus Leipzig-Markkleeberg genau so: “Spaziergeberin”.
Der Name beruht auf einer so originellen wie ungewöhnlichen Geschäftsidee, die Anke John – so der Name der Markkleebergerin, die auch Kinderbuchautorin ist – online auf ihrer Website anbietet.
Ein Klick darauf und man erfährt Details. So zum Beispiel, dass der Service tatsächlich reines Spazierengehen beinhaltet und sich nur an Frauen und Jugendliche richtet, was verständlich ist. Die Kosten liegen bei 25 bzw. 15 Euro.
Die Gründerin des Service möchte mit dieser außergewöhnlichen Offerte wegfallende Lesungen und Veranstaltungen kompensieren, denn die sind der “Spaziergeberin” während der Corona-Krise weggebrochen.
Die Kunst des Zuhörens: Die “Spaziergeberin” will damit punkten
In einem Artikel der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG, die das ungewohnte Angebot ausführlich porträtiert hat, geht Anke John auch auf die Kunst des Zuhörens ein. Eine gefragte Eigenschaft, die heute nur noch bedingt zu finden ist und mit der sie bei ihren Spazierpartnern punkten will. Wer sich mit ihr an der frischen Luft verabredet, kann sicher sein, eine aufmerksame Zuhörerin in der aktiven Frau gefunden zu haben.
Aber auch die Einsamkeit dürfte bei diesem ungewöhnlichen Geschäftsmodell eine Rolle spielen, denn nicht wenige (ältere) Menschen haben niemanden (mehr), mit dem sie eine Runde an der frischen Luft drehen können.
Da dürfte das Angebot wie gerufen kommen. Aber: Wie ist es, mit einer völlig fremden Person spazieren zu gehen?
Solche und andere Fragen hat Anke John auf ihrer Homepage zusammengetragen – und die Antworten gleich mit.
Wichtige Infos liefert die “Spaziergeberin” im Vorab
So lautet auf ihrer Webpräsenz ihre Antwort auf die Frage:
“Ist es nicht verrückt, jemanden dafür zu bezahlen, mit einem spazieren zu gehen?”
folgendermaßen:
“Nein, überhaupt nicht. Warum sollst du drinnen hocken, nur weil keiner deine Freunde Zeit hat und du nicht gern alleine gehst? Außerdem hilft es tatsächlich, mal mit einem Unbeteiligtem zu reden und/oder sich bei einem verschwiegenen Außenstehenden seinen Frust oder eine Verliebtheit von der Seele zu reden.”
Auch für Situationen, die einer buchenden Person vielleicht peinlich sein könnten, hat die “Spaziergeberin” vorgesorgt und in ihrem Fragenkatalog auf der Website folgende Frage
“Was ist, wenn wir jemandem begegnen, den ich kenne? Es ist mir unangenehm zuzugeben, dass ich jemanden dafür bezahle, mit mir spazieren zu gehen.”
so beantwortet:
“Ich trage kein Shirt o.ä. mit “Ich bin bezahlte Spaziergeberin” – wir könnten Freunde oder Kollegen sein, die zusammen spazieren gehen. Bei Jugendlichen: ich könnte eine Tante sein oder eine Freundin deiner Eltern von auswärts, der du die Gegend zeigen sollst. Sei kreativ, ich gehe mit.”
Alles in allem wirkt die Frau hinter dem Service sehr sympathisch und es ist ihr zu wünschen, dass sich das kreative Geschäftsmodell etabliert und trägt. Keine Selbstverständlichkeit in diesen Tagen, wo die Leute jeden Euro zweimal umdrehen.
Aber dennoch: Bei dieser Idee könnte der Gang durch die Natur schnell zum Seelenspaziergang werden! Hat doch was…
Quellen:
lvz.de und Homepage Spaziergeberin
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