Donnerstag, 21. November, 2024

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Die „andere“ Frau – das Böse schlechthin?

„Dieses Miststück! Wenn ich die in die Finger kriege! Die bringe ich um!“ Wie oft habe ich das schon gehört, während ich eilig einer schluchzenden Freundin Taschentücher reichte. Ich kann es gar nicht mehr zählen.

Der Anlass ist immer derselbe: Irgendein Lebensgefährte oder Ehemann namens Horsti, Günti  oder Florian (suchen Sie sich einen aus) ist fremdgegangen.

Entweder wurde er in flagranti erwischt, er bekam eine verfängliche SMS, die entdeckt wurde, oder jemand hat hinter vorgehaltener Hand erzählt, dass Horsti an dem Tag, an dem er angeblich seine verstorbene Oma zu Grabe getragen hat, quietschfidel im Hotel „Zur zornigen Hornisse“ mit einer mehr als spärlich bekleideten flotten Biene gesehen wurde, wo beide eimerweise Champagner aufs Zimmer bestellt haben. Der Schaden ist da. Größtmöglicher Unfall. Sozusagen der Beziehungs-Super-GAU.

Wir winden uns in Zorn und Wut, heulen, stampfen mit den Füßen auf, leeren erst mal ein paar Piccolos oder auch Weinflaschen, erzählen allen, die wir kennen, die Geschichte unserer abgesoffenen Beziehung, schnäuzen zwei Kilo Papiertaschentücher voll und streicheln wehmütig und verständnislos die jämmerlichen Reste unser ehemals kleinen heilen Welt und unseres in die Brüche gegangenen Selbstwertgefühls, weil das Ungeheuer aus dem moralischen Sumpf es zertrampelt hat.

Und mit „Ungeheuer“ meinen wir komischerweise NIE den Mann, sondern immer seine neue Flamme.

Ja, meistens sind wir sauer auf die Damen, mit denen unsere Typen sich eingelassen haben und nicht auf die Männer selbst. Ist ihr bestes Stück von allein zwischen zarte Schenkel gerutscht, oder haben die Männer nicht doch kräftig mitgeholfen? Wurden sie mit vorgehaltener Pistole gezwungen, die Hosen herunterzulassen? Hat jemand sie an einen Stuhl gefesselt, mit kompromittierenden Kontoauszügen erpresst, oder genügte einfach nur ein koketter Augenaufschlag mit zu viel Lidstrich, ein kleiner Minderwertigkeitskomplex und eine erstklassige Gelegenheit? („Das kommt nie raus, da breiten wir den Mantel, äääh… die Bettdecke des Schweigens darüber.“)

Und trotzdem waschen die Herren der Schöpfung ihre Hände in Unschuld. Während die betrogene Frau vor Wut kocht und ihre Rachegelüste nur mühsam im Zaum zu halten vermag. Ich finde das grotesk.

Wieso wollen wir nur immer den Mädels die Augen auskratzen, ihnen die Klamotten vom Leib reißen und sie auf dem nächsten hastig aufgetürmten Scheiterhaufen verbrennen, aber den Fremdgänger lassen wir ungeschoren?

Ich habe einen umfangreichen Bekanntenkreis mit einer Menge toller Frauen. Alle sind sie großartig, verdienen ihr eigenes Geld, sind hübsch anzusehen, fleißig, loyal und selbständig. Man sollte meinen, diese Teufelsweiber wirft so schnell nichts um. Bis es dann passiert.

Nehmen wir zum Beispiel Laura. Sie lebte lange Jahre in einer strapaziösen Beziehung, denn ihr Freund sah verdammt gut aus. Er war eine ansehnliche Mischung aus dem jungen Tom Selleck und einem gereiften George Clooney. Wo er hinkam, flogen ihm die Herzen zu, und nicht nur die. Sämtliche Damen, auch die im nicht mehr fortpflanzungsfähigen Alter, schürzten in seiner Gegenwart freiwillig die Röcke und kicherten albern um die Wette bei jedem seiner Flachwitze. Mehr als einmal saß Laura vor Wut mit den Zähnen knirschend am Tisch und verwünschte sich für die dumme Idee, irgendwelche weiblichen Wesen zum Kaffee oder zum Abendessen bei sich einzuladen.

Sobald Lukas, Lauras Herzensmann, den Raum betrat, verwandelten sich nämlich die weiblichen Gäste in gickernde Hühner, die ihm ihr Ei anboten. Und ja, das meine ich wörtlich.

Eines Tages, an einem Wochenende, während sie gemeinsam frühstückten, erzählte Lukas  der mittlerweile ziemlich verunsicherten Laura langatmig, er hätte ein paar Probleme in ihrem Zusammensein entdeckt, an denen sie beide arbeiten müssten. Mit „daran arbeiten“ meinte er selbstverständlich Laura, denn er selbst war ja in seinen Augen perfekt, wie ihm sein Fanclub immer wieder bestätigte.

„Wir sollten eine neue Qualität in unsere Beziehung bringen“ begann Lukas vorsichtig.

„Deshalb halte ich es für wichtig, dass wir etwas Abstand voneinander bekommen und nicht immer aufeinander kleben. Wenn das hier funktionieren soll, dann musst du mir in Zukunft eine verdammt lange Leine lassen. Ich brauche ein wenig Freiheit. Außerdem wäre eine kleine Auszeit nicht schlecht. Du bist ja eine intelligente Frau und siehst das bestimmt auch so.“

Roter Alarm. Zumindest wäre das bei mir der Fall. Alle Mann in die Wanten. Ein Sturm naht, und der könnte diese kleine Nuss-Schale namens Beziehung zum Kentern bringen.

Laura ist ein taffes Weibsbild und hat schon alles gesehen. Als Tierärztin spendet sie häufig Trost, hat schon die schwierigsten Fälle durchgebracht und übrigens erst vor vier Jahren, nur weil sie Lust darauf hatte, den LKW-Führerschein gemacht. Wirklich wahr.

Sie ist attraktiv, selbstbewusst, sportlich, kultiviert und sehr belesen. Aber als Lukas ihr lang und breit aufzählte, wie eingeengt er sich in der Beziehung mittlerweile fühle, saß sie fassungslos am Tisch und schnappte nach Luft.

Keine Frau hört es gern, dass sie das menschliche Äquivalent einer Bärenfalle sein soll, nicht wahr? Also nickte sie nur entgeistert und sah zu, wie Lukas sich sein Handy schnappte, das ohnehin die ganze Zeit gepiepst hatte, und verschwand. Dann trank sie einen Kaffee und dachte nach. Ungefähr zwei Stunden lang.

Aber das Gefühl, als wäre sie gerade dazu gezwungen worden, auf Seife zu beißen blieb. Irgendetwas stimmte nicht. War das derselbe Mann, der ihre Mülltonne durchwühlt hatte, auf der Suche nach einem uralten Adressbuch, in dem die Telefon-Nummern ihrer Exfreunde notiert waren? War das derselbe Mann, der eifersüchtig darüber wachte, dass sie nicht mit fremden Männer zu lange sprach? Es kam ihr merkwürdig vor. Also setzte sie sich in ihr Auto und fuhr zu Lukas, der 10 Kilometer entfernt wohnte.

Sarkastiker würden sagen, eine lange Leine benötigen nur Leute mit mindestens einem Hund. Und Laura wurde mit jedem Kilometer misstrauischer. Denn Lukas war in den letzten Jahren nicht der Zuverlässigste gewesen und kam gerne mal einen halben Tag zu spät zu einer Verabredung. Trotzdem liebte sie ihn. Irgendwie.

„Kann ich dir nicht sagen“ antwortete sie patzig auf meine diesbezügliche Frage. „Er hat einfach was, das mich fasziniert.“

Wenn Männer so etwas sagen, wollen sie meistens (Ich betone: meistens!) eigentlich nur mehr Zeit zum Fremdgehen haben und fixe Termine bei festen Freundinnen sind da eher lästig. Das gehört zum Basiswissen jeder Frau und sollte in der Schule gelehrt werden. Selbstverständlich kann man nicht 24 Stunden am Tag aufeinander sitzen, aber wenn das Zusammensein zur lästigen Pflicht wird, so dass man sich daraus befreien möchte, dann sollte man ohnehin alles nochmal überdenken.

Während Laura ihren Wagen über die Landstraße steuerte, beschwor sie sich selbst, unbedingt  gelassen zu bleiben und Lukas nach konkreten Gründen für seine Unlust zu fragen. Sie nahm sich vor, in Zukunft nicht mehr so „lästig“ zu sein („Was denkst du gerade?“), nicht mehr zu verlangen, dass er seine Wochenenden ausschließlich mit ihr verbrachte („Was, du willst schon wieder mit deinen Kumpels nach Mallorca? Da warst du doch erst vor zwei Wochen!“), und nicht mehr wütend über Lukas herzufallen, wenn ihm „wildfremde“ Frauen um den Hals fielen und sie dabei anzüglich und triumphierend anlächelten. („Musst du die auch noch umarmen? Woher kennst du die überhaupt?“).

Lukas war ein Mistkerl, aber Laura sah in ihm nur das Gute: einen 185 Meter großen attraktiven Mann mit blauen Augen, einem repräsentativen Job und Schwiegersohn-Qualitäten. Sie hatte völlig vergessen, dass ja nicht ihre Eltern mit Lukas leben mussten, sondern sie selbst.

Als Laura mit ihrem Schlüssel die Wohnung von Lukas aufschloss und eintrat, bemerkte sie als erstes ein paar blaue Pumps in der Diele. In Größe 40. Laura trug 37. Dann hörte sie das Geräusch der Dusche und ging ins Bad. Dort fand sie Lukas zusammen mit einer ansehnlichen Dunkelhaarigen, wie sie sich gerade kichernd unter dem Wasserstrahl von jüngst begangenen Schandtaten säuberten.

DAS nenne ich mal ein straffes Zeitmanagement. Scheinbar hatte Lukas keine Zeit verloren und war sofort nach seiner Ansprache an Laura unter die nächste Frau geflutscht. Er schien definitiv ein Mann der Tat zu sein, das war ja eines der Dinge, die Laura so an ihm schätzte. Nur welche Dinge er anpackte, hatte sie vor diesem Tag nicht geahnt.

Hätte Laura die von Lukas erwähnte „lange Leine“ in diesem Moment zur Hand gehabt, dann wäre es wohl mit der Brünetten vorbei gewesen, so erzählte sie mir ein paar Tage später.

„Ich war außer mir vor Wut und hätte sie am liebsten stranguliert“ heulte sie.

„Da präsentiert sich dieses Luder völlig nackt vor mir, stemmt beide Arme in die Hüften und grinst mich triumphierend an, während ich mir gerade die Augen aus dem Kopf heule. Und Lukas, dieser Feigling, steht schlotternd daneben, weil er aufgeflogen ist.“

„Wo hast du die versteckt bisher?“ fragte Laura ihren frischgebackenen Exfreund schluchzend und zeigte auf die nackte Dritte im Bunde.

„Ich glaube, das hat er nicht nötig, dass er mich versteckt“ antwortete die Brünette süffisant und stieg graziös aus der Duschwanne, während sie sich ein Handtuch schnappte.

Laura flüchtete schniefend vors Haus und setzte sich auf eine Mauer. Lukas war ihr im Bademantel nachgekommen und nahm neben ihr Platz.

„Es ist nur was fürs Bett“ stammelte er hilflos, während er verlegen versuchte, Laura zu umarmen. Es schien ihm peinlich zu sein, dass er aufgeflogen war, denn er hatte ein Ego wie der Watzmann und doch immer alles so gründlich durchgeplant.

Außerdem nannte er alle seine Bekanntschaften „Schatz“ – dadurch konnte er sichergehen, nie einen Namen zu verwechseln.

Ja, Lukas war verlegen. Nicht schuldbewusst. Es stellte sich im Nachhinein heraus, dass er diese Dame namens Sieglinde schon sechs Monate lang traf. Sozusagen mitten zwischen die Knie.

Das darf man ruhig so nennen.

„Warum hast du ihm denn nicht wenigstens eine geschmiert für das, was er dir angetan hat?“ fragte ich Laura völlig entgeistert.

„Weil ich ihn doch liebe“ platzte Laura heraus.

„Ich war unglaublich sauer auf dieses Miststück. Ich hätte sie am liebsten gekillt, egal womit. Aber auf ihn konnte ich einfach nicht böse sein. Er meint es nicht so, er ist nur schwach.“

Da fehlen mir die Worte, und das will was heißen.

In der darauffolgenden Woche schmiedete Laura düstere Rachepläne, die allesamt darin gipfelten, dass diese fremde, dunkelhaarige Frau ein qualvolles und langwieriges Ende nehmen würde. Unter der Erde, denn Laura wollte sie anschließend lebendig begraben.

Aber sie hat diese Pläne nie ausgeführt, Gottseidank.

Lukas schien in Lauras Augen lediglich das Opfer widriger Umstände zu sein. Die böse schlanke Schlange mit dunklen langen Haaren hatte sich in ihr Paradies geschlichen und von Lauras Apfel genascht. Sie ist übrigens heute noch davon überzeugt, dass alles nie passiert wäre, hätte die Brünette damals die Finger von Lukas gelassen.

Ich kenne Lukas allerdings, und ich habe schon viel von ihm gehört. Nicht alles konnte ich Laura erzählen.

„Brünhilde“ war nämlich nicht die erste gewesen, die in Lukas’  wurmstichigen Apfel gebissen hatte. Genaugenommen war schon sehr lange von Lukas nur noch das abgenagte Kerngehäuse übrig – metaphorisch gesehen.

Mit Frauen, die mit gebundenen Männern fremdgehen, verhält es sich wie mit dem Kauf von Rüstungsaktien. Es ist zwar moralisch geächtet, aber wenn Sie die nicht kaufen, tut es jemand anderer. Weil sie ja scheinbar verfügbar sind. Weil sie mitmachen.

Weil sie nicht „Nein“ sagen.

DAS ist die Wahrheit. Die Welt ist nicht voller verführerisch glitzernder „böser Mädchen“, die nur darauf warten, sich einen Mann zu krallen, egal, ob verheiratet oder nicht. Meistens geht es nur um eine günstige Gelegenheit, ein paar Bier zu viel oder zu wenig sexuelle Befriedigung zuhause. Und es sind nicht immer nur die fremden Frauen schuld.

Hätte „Brünhilde“ sich damals nicht Lukas geschnappt, wäre es eben eine andere gewesen, denn er konnte seinen Feinripp-Slip einfach nicht bei sich behalten, sobald er weibliche Pheromone witterte.

Laura hätte mir vermutlich nicht geglaubt, dass Lukas ohnehin alles bestieg, was bei 3 nicht auf dem nächsten Baum verschwunden war. Und sie nennt es auch weiterhin „Liebe.“

Jedenfalls war Laura lange, lange Zeit so unglaublich sauer auf die ominöse Dunkelhaarige, dass ich es gar nicht zu beschreiben vermag. Für Laura war sie die Personifizierung des Antichristen, das Böse schlechthin. Dass der arme unschuldige Lukas aber tatkräftig an ihr herumgefummelt hatte, mit ihr in SEINER Dusche geduscht hatte und bereitwillig mit „Brünhilde“ in sein ungemachtes Bett gehüpft war (in dem ein paar Tage zuvor noch sie selbst gelegen hatte), verdrängte sie ganz einfach.

Beide sind jetzt übrigens nicht mehr zusammen. Und das Traurige ist: Es lag nicht an Laura, denn sie hätte Lukas mit Kusshand zurückgenommen, weil sie sich so an ihn gewöhnt hatte. Jetzt hat sie sich einen Mann gesucht, der nicht ganz so gut aussieht, aber eine treue Seele ist. Ich hoffe, die beiden werden glücklich, denn vielen Versuchungen wird der Neue vermutlich nicht ausgesetzt sein.

„Es ist mir egal, ob er aus Mangel an Gelegenheit bei mir bleibt“ erzählte mir Laura vor ein paar Monaten pragmatisch.

„Ich will einfach nur einen Mann, auf den ich mich verlassen kann. Aber wenn Lukas heute zu mir zurückkäme, könnte ich für nichts garantieren.“

Naivität hat viele Gesichter. In Lauras Fall sogar ein sehr hübsches.

So ähnlich wie Laura erging es Vanessa im Februar vor drei Jahren. Sie war nämlich mit einem Mann liiert, der zum damaligen Faschingsprinzen gekürt wurde.

Nun ist „Faschingsprinz“ ein stressiger Job, zumindest, so lange, wie der bierernste deutsche Karneval dauert. Man muss sich ständig in Gesellschaft und bei lauter Musik volllaufen lassen, mit hübschen Mädchen tanzen und darf morgens nie vor 5:00 Uhr ins Bett gehen. So war das zumindest damals. Ich nehme hiermit ausdrücklich alle lieben und treuen Karnevalisten aus.

Jeder „Regent“ umgibt sich mit der sogenannten „Garde“, die vorwiegend aus lauter süßen Käfern in möglichst kurzen Röckchen und einem bis dato kurzen Leben besteht. Es wird geprobt, es finden Auftritte statt, und Vanessa hatte schwer daran zu knabbern, dass ihr Jürgen so gar keine Zeit mehr für sie hatte und nur noch mit blutjungen süßen Mädels übers Parkett hüpfte.

Eines Abends wollte Vanessa „ihren“ Prinzen nur kurz vor einem Auftritt besuchen und ihm Mut zusprechen, da er unter schlimmem Lampenfieber litt.

Sie erwischte ihn, während er seine Zunge gerade in der Speiseröhre der pummeligen blonden Faschings-Prinzessin und beide Hände in deren Dekolleté versenkte. Es war kein schöner Anblick.

Vanessa stürmte wutentbrannt nach draußen, verkroch sich den gesamten restlichen Fasching unkostümiert und stinksauer in ihrer Wohnung und schwor der dicklichen Prinzessin (Tochter des örtlichen Großbäckers) schwerste Rache, sollte die ihr jemals allein zwischen die Finger geraten. Sie wollte ihr die Haare im Schlaf abschneiden, ihr Auto und das Gesicht zerkratzen, sie wollte ihr mindestens einen Zahn ausschlagen und sie vor allen Leuten unmöglich machen, indem sie behauptete, Prinzessin Blondie litte an einer sexuell übertragbaren Krankheit.

Außerdem kauft Vanessa seit drei Jahren ihre Brötchen aus Protest jetzt bei ALDI. Wobei ich sehr bezweifle, dass die ehemalige Prinzessin das bemerkt hat.

Und Jürgen – war wieder mal an gar nichts schuld.

„Er kann so gut tanzen und sieht klasse aus, klar dass alle auf ihn stehen“ greinte Vanessa, als sie heulend bei mir am Tisch saß und ein Taschentuch nach dem anderen vollschnäuzte.

„Außerdem ist er schon öfter fremdgegangen. Ich hab’s nur noch nie live gesehen, das war eine ganz andere Qualität. Und die blöde blonde Kuh hat sich ihm an den Hals geschmissen. Der wollte das doch gar nicht. Der steht doch nicht mal auf mollige Frauen. Und auf Blondinen schon gar nicht.“

An dieser Stelle wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.

Übrigens wurde Vanessa ein halbes Jahr darauf von ihrem Prinzen wegen einer dürren Dunkelhaarigen verlassen. Zumindest, was Jürgens Vorlieben anging, hatte sie Recht behalten.

Ich könnte Ihnen noch etliche Fälle aufzählen, in denen Frauen betrogen wurden, die jedes Mal, wirklich jedes einzelne Mal, der „anderen“ Frau die Schuld daran gaben.

Wissen Sie, in dieser Debatte vermisse ich eines ziemlich: weibliche Solidarität. Meine Oma sagte immer: „Wie man sie kriegt, so verliert man sie wieder“, und ich durfte das mehr als einmal beobachten.

Elvira zum Beispiel hat ihren Mann seiner Ehefrau ausgespannt, ihn unter Triumpfgeheul geheiratet und wurde dann nach 10 Jahren von eben diesem Mann wegen einer Jüngeren verlassen. Die triumphierte dann auch.

Katrin ergatterte sich einen verheirateten Zahnarzt, der sich wegen ihr scheiden ließ, mit ihr eine rauschende Hochzeit auf den Malediven feierte… und sie dann wegen seiner Exfrau wieder sitzenließ.

Aber darum geht es gar nicht. Es geht nicht um Moral, es geht um Integrität. Wir Frauen sollten zusammenhalten, denn wir haben es schwer genug in dieser Welt. Jede fremde Frau, die ich treffe, sollte meine Freundin und Verbündete sein, nicht meine Konkurrentin oder meine Feindin, die ich im Auge behalten muss.

Weltweit haben immer noch die Männer die Macht. Und wenn wir uns untereinander schon das Leben so schwermachen – wie wollen wir es dann in die Führungsetagen schaffen?

Ein kleines bisschen Solidarität wäre wirklich schön. Und wenn Sie mich hundert Mal altmodisch schimpfen: Man klaut einer anderen Frau nicht den Mann. Das tut man einfach nicht. Es ist so einfach wie logisch. Und meistens auch ein Pyrrhussieg.

Denn einer, den sich von Ihnen „klauen“ lässt, auf den müssen Sie, wenn Sie ihn dann „haben“, ganz gewaltig aufpassen, er scheint ja eher der wankelmütige Typ zu sein, der sich gerne von einem flott gezogenen Eyeliner oder einem Schmollmund zum Wechsel in eine andere Mannschaft überzeugen lässt. Und das alles nur wegen ein paar Trikot-Wechseln?

Wo wird er wohl in der nächsten Saison spielen?

Ja. Ich wirke vermutlich antiquiert, wenn ich im Jahre 2018 schreibe: „Das tut man nicht.“ Weil wir doch in der freiesten Gesellschaft leben, die wir uns vorstellen können. Aber ich erwarte von einem Mann ganz einfach, wenn er sich für mich entscheidet, dass er sich auch daran hält. Sollte die Beziehung für beide Teile nicht zufriedenstellend sein, kann er sich gern dorthin begeben, wo ihm das Gras grüner scheint. Oder der Pfeffer wächst. Aber ich möchte keinen fliegenden Wechsel von einer Blüte zur nächsten erleben.

Die Herren der Schöpfung sind nämlich keine Bienen, sondern Drohnen. Und die Königinnen sind immer noch wir, vergessen Sie das bitte nicht.

Männer sind selbstverständlich nicht unser Eigentum. Und jeder Mensch hat einen freien Willen, auch wenn er behauptet, er hätte sich nicht wehren können gegen dieses Bollwerk an Verführungskunst, das ihm neulich in einer schummrigen Pilsbar schöne Augen gemacht hat.

Auch wenn er behauptet, er hätte nicht gewusst, was er tat. Auch wenn er behauptet, es sei nur eine einmalige Angelegenheit gewesen.

„Die hat sich mir an den Hals geworfen, Uschi!“ beteuern sie und vergessen ganz nebenbei, dass sie ihren Hals vermutlich bereitwillig in Richtung des verführerisch geöffneten Dekolletés gestreckt haben.

„Es ist nur was fürs Bett, Schatzi!“

Wie bitte? Ich habe ja auch keinen Mann nur für den Müll, oder einen, der ausschließlich fürs Rückenschrubben zuständig ist.

Mitgefangen, mitgehangen, liebe Herren der Schöpfung. Eine Beziehung ist nämlich all inklusive, und das Buffet wechselt nicht täglich, auch wenn Sie das manchmal gern hätten. Also denken Sie nach, ehe Sie eine holperige Kreuzfahrt auf dem Seitensprung-Dampfer buchen.

Ich wünsche mir für alle Frauen dieser Welt ein wenig Solidarität. Lassen Sie uns zusammenhalten. „Böse Mädchen“ bekämen gar keine Chance, wenn es nur „brave Männer“ gäbe.

Bleiben Sie gelassen. Denn für fast alle für uns gilt das „AMIGA“-Prinzip: „Aber meiner ist ganz anders“. So gut wie immer stimmt das auch.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Nehmen Sie mich nicht allzu ernst. Ich selbst tue das auch nicht.

Mit augenzwinkernden Grüßen,

Ihre Barbara Edelmann

Bildnachweis: pexels.com

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