Einen Partner finden und eine Familie gründen – diese Pläne haben wohl die allermeisten Frauen im deutschsprachigen Raum. Allerdings gibt es in diesen Regionen gegenwärtig auch eine Menge weiblicher Singles. Allein in Deutschland lebten 2018 über 16 Millionen Singles. Darunter viele Frauen, die neben dem Partnerwunsch auch einen Kinderwunsch haben.
Längst ist die Suche nach Mr. Right ins Web verlegt worden, die Anzahl der Singlebörsen ist für normale Leute, die nicht mit der Statistikbrille unterwegs sind, kaum mehr zu erfassen. Allerdings strahlt das Online-Dating oftmals ein trügerisches Bild aus, vermittelt vielleicht sogar auch falsche Vorstellungen. Gerade große Dating-Portale sind mit umfangreichen Kampagnen im Netz und auch offline präsent, die die Botschaft transportieren: “Digital finden sich alle”. Dem ist aber nicht so. Im Gegenteil: man sagt dem Online-Dating auch nach, dass durch selbiges die Partnersuche unverbindlicher geworden ist. Und wie oft hört man – auch im eigenen Freundeskreis – den Satz: “Man lernt heutzutage gar keinen mehr kennen”.
Nun ist es freilich ein Unterschied, ob man mal über einen gewissen Zeitraum keinen Mann kennenlernt oder aber dieser Zustand anhält. Und bei betroffenen Singlefrauen die ersehnte Familie samt Kinder in weite Ferne rückt.
Singlefrau mit Kinderwunsch im Porträt
Ein solches Beispiel ist dieser Tage im SPIEGEL, Ausgabe 18, vom 27. April 2019, veröffentlicht worden.
Dort wird die 42jährige Katja porträtiert. Eine Frau, die im Top-Management einer internationalen Unternehmensberatung arbeitet und nach einer gescheiterten Beziehung über die einschlägigen Datingportale im Netz einen neuen Partner sucht. Denn sie hat einen brennenden Wunsch – ein Kind.
Der richtige Kandidat lässt allerdings auf sich warten und so fasst sie den Entschluss, sich in einem Münchener Kinderzentrum behandeln zu lassen. Dem SPIEGEL erzählte sie ihre Geschichte. Sie handelt davon, wie die taffe Frau ihre regelmäßigen Fahrten zur Behandlung in die Kinderwunschklinik vor den Kollegen geheim hält. Wie sie sich unter Narkose Eizellen entnehmen lässt und diese Prozedur im Zusammenhang mit ihrem Wunsch nach einem Kind schon 14 mal hinter sich hat, als das Nachrichtenmagazin sie porträtiert. Kostenpunkt bis dato dafür: 105 000,00 Euro.
Im Gespräch mit dem SPIEGEL äußert sie Unverständnis darüber, dass es in der Gesellschaft so wenig Akzeptanz für Solo-Mütter oder solche, die es werden wollen, gibt. Auch rechtlich ist die Lage hierzu alles andere als geklärt. Alleinstehende Frauen in Kinderwunschzentren mit gespendeten Samen zu behandeln, ist hierzulande weder erlaubt noch verboten. Laut dem SPIEGEL verzeichnet beispielsweise das Kinderwunschzentrum in München wöchentlich zwei bis drei Anfragen von Singlefrauen. Oftmals müssen sie jedoch Nachweise über ihr Vermögen erbringen, damit Ärzte sie behandeln. Die Mediziner wollen nicht selten im Vorab geklärt wissen, wer im Ernstfall für den Unterhalt der Kinder aufkommt, im Falle der Solo-Mutter stößt etwas zu.
Kinderwunsch per Samenspender
Katja K., die im SPIEGEL porträtierte Frau, hat sich von alledem nicht abhalten lassen und sich bei einer dänischen Samenbank einen Spender ausgewählt: 19 Jahre jung, blauäugig und blond.
2016 startete sie ihren ersten Versuch. Doch die in ihren Uterus eingeführten Samen führten nicht zu einer Schwangerschaft. Vier fehlgeschlagene Versuche folgten. Danach ließen die Ärzte durch eine Hormonbehandlung mehrere Eizellen gleichzeitig heranreifen, entnahmen diese unter Narkose und spritzten die Spermien außerhalb des Körpers von Katja K. in einer Petrischale direkt in die Eizelle. Kommt es bei dieser Methode zu einer Befruchtung, ist die weitere Verfahrensweise so, dass zwei bis fünf Tage später ein oder zwei Embryonen in die Gebärmutter eingesetzt werden.
Zweimal wurde Frau K. auf diese Art schwanger, zweimal waren es Fehlgeburten. In ihrer Hoffnung hatte die Singlefrau schon nach einer Hebamme Ausschau gehalten…Die Enttäuschung dürfte groß gewesen sein, doch sie gab nicht auf. Zumal sie sich im Alter von 39 und 40 Jahren Eizellen hat entnehmen und diese einfrieren lassen.
Im SPIEGEL findet sich auch der Hinweis darauf, wie stark sich Katja K. für den Wunsch, ein eigenes Kind zu haben, finanziell einschränkt. Urlaub, Karriere, die weitere Partnersuche – alles steht hintenan für das Bestreben nach eigenem Nachwuchs. Trost, Rat und Unterstützung wird solchen Frauen vor allem im Internet geboten – in speziellen Kinderwunsch-Foren, in denen zukünftige Solo-Mütter jedweder Couleur unterwegs sind.
Die Zielstrebigkeit nach dem eigenen Kind zahlt sich für die porträtierte Karrierefrau Katja aus: eines Tages ist sie tatsächlich schwanger. Und hofft, dass das Kind diesmal bei ihr bleibt, ihr eine weitere Fehlgeburt erspart wird. Sachen für das Kind bestellt sie in verschiedenen Geschäften, macht aber aus, dass sie all das erst nach der Geburt abholt. Verständlich. Wer möchte in so einer Situation und nach einer womöglich erneuten Fehlgeburt schon von lauter Dingen für`s Baby umgeben sein?
Die Odyssee zahlt sich aus – die Solo-Frau ist schwanger!
Und tatsächlich: Katja K. wird im Frühherbst 2018 Mutter – bekommt eine Tochter. Alles verläuft ohne Komplikationen, das Kind ist gesund. Im SPIEGEL erfährt man dann am Ende des Artikels, dass die frischgebackene Mutter nun neue Pläne hat: ein weiteres Kind! Dafür hat sie bereits bei der Samenbank und im Kinderwunschzentrum vorgesorgt.
Eine einerseits schöne, andererseits aber auch irritierende Geschichte.
Schön deshalb, weil man der Frau ihr Glück gönnt und irritierend deshalb, weil man sich schon die Frage stellt, wie dieses – ja, man kann es ruhig sagen – “Erzwingen” eines Kindes zu bewerten ist? Zumal vor dem Hintergrund, dass parallel dazu unzählige alleinerziehende Frauen ihren Familienstatus als nicht wirklich optimal einschätzen. Und es auch kein leeres Gerede ist, wenn es heißt, dass zu einem Kind Mama UND Papa gehören. Andererseits gibt es auch viele, viele Familien, die aus Mutter, Vater und Kind(ern) bestehen und in denen es dem Nachwuchs gar nicht gut geht. Die Medien sind voll von Berichten über Missbrauch und Gewalt.
Fazit: letztlich kann man sich in einem Fall wie diesem kein Urteil erlauben, finde ich. Die Frau ist glücklich, dem Kind geht es gut – warum eigentlich nicht? Zur Wahrheit gehört aber auch, dass diese kinderliebende Frau und Mutter (die für ihren Nachwuchs ganz alleine sorgte) mit solch` einem Job, der ein Top-Einkommen garantiert, auch nicht die Regel ist. Letztlich konnte sich die im SPIEGEL porträtierte Frau ihren Wunsch nach Nachwuchs nur erfülen, weil die finanziellen Voraussetzungen gegeben waren.
So oder so ist es auf jeden Fall eine Geschichte, die nachdenklich macht!
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