“Liebe macht blind” – diese Binsenweisheit trifft so gut wie immer zu. Ganz gleich, ob der oder die Verliebte 16 oder 60 ist. Hängt die rosarote Brille erstmal auf der Nase, rutscht sie von dort so schnell auch nicht weg. So richtig fest sitzt sie bekanntlich in der Kennenlernphase. Wenn man verliebt und auf Wolke 7 ist. Leider trifft dieser Zustand nicht immer auf beide Protagonisten gleichzeitig zu, so dass dieser berühmt-berüchtigte Zeitabschnitt nach dem ersten Date häufig unterschiedlich wahrgenommen wird. Ist der eine verliebt, ist es für den anderen nicht selten nur ein nettes Intermezzo ohne weiterführendes Interesse oder tumbes Paralleldating.
Häufig werden wahre Absichten in der Kennenlernphase verschleiert
Dumm nur, dass gerade in der Kennenlernphase die wahren Emotionen und Absichten oft nicht gezeigt werden. So ist sie für viele Singles auf Partnersuche der reinste Eiertanz, bei dem die Unsicherheit groß ist.
Der Begriff “Kennenlernphase” dürfte deshalb das mit am häufigsten verwandte Wort in Internetforen sein. Dort, wo Menschen anonym und online nach Ratschlägen und Sichtweisen suchen. Das Zwischenmenschliche steht hier besonders hoch im Kurs. Und damit immer wieder verfahrene Situationen in der Kennenlernphase, die für jene, die sich total verliebt haben, schwierig zu händeln oder zu begreifen sind.
Meist sind es Situationen, die für Außenstehende eindeutig sind. Betroffene jedoch leiden höllisch und reden sich vieles schlichtweg schön oder wollen den IST-Zustand ihrer fragilen zwischenmenschlichen Verbindung nicht wahrhaben. Exemplarisch hierfür ist das veränderte Verhalten, dass vor allem Männer in Kennenlernphasen oft an den Tag legen und welches gefühlt millionenfach im Internet ein Thema ist.
Onlinedating und die gefürchtete Distanz…
Viele Frauen verstehen – zu Recht! – die Welt nicht mehr, wenn nach dem ersten Dates alles in Butter und der Himmel voller Geigen war und ER schon bald darauf völlig verändert ist. Dieses Phänomen kommt vor allem beim Online-Dating vor. Denn hier hat sich die Unsitte etabliert, dass man(n) oftmals auch dann noch weiter datet, wenn man eigentlich in einer sehr intensiven Kennenlernphase mit jemandem ist. Viele können dem extremen “Überangebot” an Singles im Web offenbar nicht widerstehen. Sie daten deshalb heimlich weiter, häufig wohl wissend, dass sich der andere Hoffnungen auf was Festes macht und die bisherige Verbindung sehr ernst nimmt.
Frauen, die an solche Männer geraten, beschreiben im Web, in entsprechenden Foren, eigentlich fast immer die gleiche Situation und geben schon in ihrem Erstellungs-Threat zu, dass sie das Gefühl haben, dass etwas nicht stimmt. Oft jedoch – das lässt sich in den Postings herauslesen – neigen sie dazu, die jeweilige Situation schön zu reden.
Offen sein für den Realitätscheck
Hier drei Beispiele für eine IST-Situation in einer Kennenlernphase, die definitiv darauf schließen lassen, dass ER kein weiterführendes Interesse bzw. nicht das Zeug zum Mr. Right hat, SIE es jedoch nicht wirklich wahrhaben will:
- Während des Dates schaut er neuerdings alle naselang aufs Handy
Sehr wahrscheinlicher IST-Zustand: ER datet weiter und hat einen heißen Kontakt an der Angel
Sehr wahrscheinliches Schönreden durch SIE: Er hat viel für die Arbeit zu erledigen und muss für ein wichtiges Projekt erreichbar sein (zumeist wird sowas in der Art bekanntlich auch von den üblichen Verdächtigen als Ausrede genutzt, man kennt es…!)
- Nachdem er das Handy permanent bemühte, muss er nach einer Nachricht von jetzt auf gleich weg
Sehr wahrscheinlicher IST-Zustand: ER hat von einem Parallelkontakt den Vorschlag für ein Treffen bekommen
Sehr wahrscheinliches Schönreden durch SIE: Auf Arbeit gab es einen Notfall, deshalb muss er sofort weg
- Inmitten der Kennenlernphase, die SIE als Auftakt für eine feste Beziehung sieht, verändert ER sich. Die Antworten auf Nachrichten kommen später, die Anrufe werden etwas seltener und eine gewisse Distanz schleicht sich ein
Sehr wahrscheinlicher IST-Zustand: Er hat weiter gedatet und eine für ihn “bessere” Kandidatin getroffen
Sehr wahrscheinliches Schönreden durch SIE: Er hat momentan viel zu tun, familiäre Dinge belasten ihn, er ist erkältungstechnisch angeschlagen, und, und, und…
Die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Kennenlernphase sprechen Bände
Natürlich können all die Situationen, die hier unter “Schönreden” aufgeführt sind, tatsächlich so eintreten und der Grund für eine veränderte Kennenlernphase sein. Natürlich kann sich Stress auf der Arbeit auf die noch junge Veränderung auswirken und familiärer Stress das gegenseitige Kennenlernen belasten. Gar keine Frage. Nur: Die Erfahrung zeigt, dass diese Gründe so gut wie nie vorhanden sind, wenn ein verändertes Verhalten in der Kennenlernphase auftritt.
So ist der Ganzkörpergips nach einem Unfall, der IHN nicht zum Handy greifen lässt, nun wirklich die absolute Ausnahme. Und das Finden von pikanten Nachrichten in SEINEM Handy – wenn SIE denn aufgrund eines unguten Bauchgefühls nachschaut – indes die Regel. Unbenommen dessen, dass sich “sowas” eigentlich so gar nicht gehört.
Deshalb: Ist es mit Schönreden wirklich getan? Eben!
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