Die prekäre Situationen in den meisten Kindertagesstätten des Landes macht schon lange Zeit Schlagzeilen. Und sie wird jeden Tag schlimmer. Aktuell ist die personelle Lage in den Kitas Deutschlands so angespannt, dass die Verantwortlichen nicht mehr umhin kommen, nach echten Lösungen zu suchen.
Seit das Problem bekannt ist, wurden bereits viele Vorschläge gemacht, wie man die Situation der Kinderbetreuung verbessern kann. Tragfähige und nicht tragfähige. Aktuell macht ein Vorschlag aus Baden-Württemberg von sich reden, der gut gehen, aber bei Eltern natürlich auch Vorbehalte auslösen kann.
Betreuen bald Hilfskräfte in baden-württembergischen Kitas die Kinder?
Die Rede ist von Hilfskräften, die in Kitas in dem südlichen Bundesland auf den Personalschlüssel angerechnet werden sollen. Die Helfer – so die Vorstellung – könnten aus Bereichen wie der Hauswirtschaftshilfe oder ähnlichen Branchen rekrutiert und als Kinderbetreuung in Kitas eingesetzt werden. Allein es fehlt ihnen an einer adäquaten Ausbildung. Das ist der Pferdefuß daran, der den gut gemeinten Vorschlag sehr schwierig macht.
Der SPIEGEL schreibt in seiner Online-Ausgabe zu der Diskussion, die aktuell auf dem Deutschen Städtetag in Baden-Württemberg geführt wurde, folgendes:
“(…)So könnte es eine Möglichkeit sein, in den Teams auf fachfremde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu setzen, die das Kitapersonal entlasten – etwa Hauswirtschaftskräfte oder Helfer ohne pädagogische Ausbildung, die eine Nachmittagsbetreuung übernehmen. Aktuell würden diese Zusatzkräfte nicht beim gesetzlich vorgeschriebenen Mindest-personalschlüssel mitgezählt. Das sei der »Knackpunkt«, sagte eine Sprecherin des Städtetags gegenüber dem SPIEGEL. Die Kommunen würden dies gerne ändern, ermöglicht durch eine Änderung im Landesrecht. Die dort geregelten Rahmenbedingungen sollen gelockert werden. Die Verantwortlichen sagen aber auch: das Bundesrecht bleibe unangetastet. Das bedeutet, dass es weiterhin eine Betriebserlaubnis und die Sicherstellung von Unfallschutz und Kindeswohl brauchen würde.(…)Der Städtetag will durch die neue Regelung individuelle Lösungen ermöglichen. Jede Kommune müsse mit dem Kitapersonal und den Eltern vor Ort schauen, welche Möglichkeiten sich jeweils anbieten: seien es andere Betreuungsangebote, veränderte Gruppenstrukturen oder auch neue Öffnungszeiten. Einigen Eltern dürfte dennoch nicht ganz wohl bei dem Gedanken sein, dass fachfremdes Personal ihre Kinder betreuen könnte.(…)”
Die letztgenannte Ausführung ist das Heikle daran: Fachfremdes Personal, das Kinder betreut. Wobei hier wahrscheinlich eher die rechtliche als die menschliche Komponente eine Rolle spielt.
In Kitas wird qualifiziertes Personal erwartet
Denn wo kaum eine Mama oder Papa etwas dagegen hat, wenn die Nachbarin von nebenan mal eben einen Blick auf die Kinder im Garten wirft, wenn eine kurze Erledigung ansteht oder man seine Kinder ja auch bei Übernachtungsbesuchen bei anderen Kindern in “fremde” Obhut gibt, da ist es schon etwas anderes, wenn es um die Betreuung in der Kita geht. Einfach weil hier pädagogisch ausgebildetes Personal – zu Recht! – vorausgesetzt wird.
Doch durch etliche Versäumnisse in den letzten Jahrzehnten, was den Erzieherberuf betrifft, sind die Dinge nun mal so, wie sie sind und selbstverständlich müssen Lösungen her. Allerdings müssen die durchdacht und tragfähig sein, denn was nützt es, wenn man auf Leute zurückgreift, die vielleicht gar nicht die Eignung haben, als Erzieher tätig zu sein?
Die Auswirkungen des Fachkräftemangels in dieser Branche sind erschreckend
Wie schlimm die Lage aufgrund des Fachkräftemangels im Zusammenhang mit dem Erzieher-Beruf tatsächlich ist, verdeutlicht ein Artikel, der auf welt.de erschienen ist und in dem Kita-Leiter Erschreckendes zu berichten haben. Zitat:
“(…)Tatsächlich sind die Konsequenzen, von denen die Kita-Leiter berichten, erschreckend. Fast die Hälfte erklärt, dass heute Personal beschäftigt werde, welches früher wegen mangelnder Eignung nicht eingestellt worden wäre. Der Fachkräftemangel hat sich in den Augen der meisten im vergangenen Jahr sogar noch verschärft. Die hohe Belastung der vorhandenen Erzieher führt nach Meinung vieler dazu, dass diese häufiger fehlen und krank sind. Natürlich leiden auch die Kinder unter dieser Situation. „Wenn Kinder in schlechten Betreuungssettings sind, weil zu wenig Personal da ist, dann gefährden wir ihre Entwicklung – etwa in sprachlicher, motorischer oder emotionaler Hinsicht“, sagte Anette Stein, Bildungsexpertin der Bertelsmann Stiftung.(…)”
Eine erstklassige Betreuung sieht anders aus. Das ist klar. Aber ebenso klar ist, dass eine kurzfristige Lösung für die nächsten Wochen wohl eher nicht zu erwarten ist, denn das Thema ist viel zu groß und komplex, als dass es rasch gelöst werden kann. Von den fehlenden Leuten mit Qualifikation ganz abgesehen.
Wertschätzung und gutes Geld wären die halbe Miete
Deswegen kann hier nur mit einem klaren Blick auf die Realität, Kompetenz und Herz an die Sache herangegangen werden. Und mit Wertschätzung sowie guten Bedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, denn natürlich haben auch Erzieher eine Familie oder wollen eine gründen. Und dann: Ein angemessenes Gehalt ist das Mindeste, was man Personen in diesem Beruf zukommen lassen sollte. Oder ist etwas dagegen zu sagen, dass eine Pädagogische Fachkraft im Erziehungsbereich 3000 Euro netto mit nach Hause nimmt? Eben!
Quellen:
spiegel.de vom 16.003.23
welt.de vom 24.08.21
Bilder: pexel.com / Yan Krukau