Von Claudia Schiffer bis Madonna – einst modelte alles, was Rang und Namen hat, für das schwedische Modehaus und selbst Designer internationaler Couleur entwarfen Kleidung für die Billig-Kette. Diese Zeiten wirken lange vorbei, das Unternehmen hat zu kämpfen. Einst mit einer Vorreiterrolle gesegnet, laufen H & M laut einem Bericht des SPIEGEL die Kunden weg.
Das Magazin berichtet in seiner Ausgabe 45 / 2018 darüber, dass der Konzern gegenwärtig dabei ist, sich von Grund auf zu erneuern. In dem Bericht wird deutlich, dass die einst mega-angesagte Modekette den Anschluss in die heutige Zeit ein Stück weit verpasst hat. Auch mit den einstigen Highlights, in Form der von TOP-Designern für H & M kreierten Klamotten, lässt sich nicht mehr wirklich punkten. Neben H & M verkaufen auch längst die ALDI-Läden Bekleidung von Jette Joop…
Deutlich wird – laut SPIEGEL – das „Auf-der-Stelle-treten“ im Zusammenhang mit deren Online-Business.
Zitat SPIEGEL zum Thema Online-Shop des Modekonzerns:
„Der eigene Auftritt im Netz frustriert die Kunden mit hohen Liefergebühren und Behäbigkeit. In 24 von 71 Ländern, in denen H & M aktiv ist, haben die Schweden nicht mal einen Onlineshop.“
Damit aber soll nun Schluss sein – Geschäftsführer Karl-Johan Persson hat verschiedene Ideen, den Konzern dem aktuellen Konsum- und Trendverhalten anzupassen.
Zitat SPIEGEL:
„Er will, weil das Stammgeschäft mit der Marke H & M lahmt, neue Marken schafffen. Er will ganz neue, moderne, digitale Läden bauen und so das Image der Hauptmarke aufpolieren. Er will das Unternehmen zum Vorreiter nachhaltiger Mode machen“
Gerade der letzte Punkt: „nachhaltige Mode“ dürfte ein ziemlich wunder sein. Denn bekanntlich spült H & M mehrfach die Woche neue Klamotten in die Läden – ein Überfluss, der eigentlich nicht sein müsste. Denn damit wird nur die Unsitte unbelehrbarer Fashionistas, sich alle paar Wochen mit neuer Kleidung zu Spottpreisen einzudecken, befeuert – das kann`s ja nun wirklich nicht sein!
Insofern bleibt tatsächlich abzuwarten, wie das Unternehmen diesen Widerspruch meistern will.
Doch zurück zu dem neuen Image, das sich H & M verpassen will.
Hier ist man nämlich schon einige Schritte gegangen, hat Kunden und deren Einkaufsverhalten analysiert, sich angeschaut, auf welche Trends die Zielgruppe tatsächlich abfährt und wann, wo und wie eingekauft wird. Sogar die Wohnungen, in denen die Zielgruppe von H & M lebt, hat man sich angeschaut.
Das Ergebnis all dieser Aktivitäten ist ein neuer Store in einem Stockholmer In-Viertel, in dem laut SPIEGEL vor allem junge Familien leben.
Das Nachrichtenmagazin beschriebt den Shop folgenermaßen:
„Der Laden erinnert nur noch beim Blick auf die Etiketten an einen H & M. Der Boden ist aus weißen Dielen, auf einem Tisch steht eine Vase mit Schnittblumen. In den Regalen liegen wenige, farblich aufeinander abgestimmte Kleidungsstücke und passende Accessoires. An den Wänden in der Umkleidekabine hängen Schwarz-Weiß-Fotografien, wechselnde Leihgaben aus einem Museum, die man auch kaufen kann“
Apropos kaufen: der Kleidungsriese bietet in diesem Store sogar fremde Kosmetikmarken, wie L`Oreal oder Nivea an.
Ein H & M-Mitarbeiter äußert sich dazu im SPIEGEL wie folgt:
„Die Kundinnen kaufen diese Cremes sowieso – wieso sollen sie das nicht gleich bei uns tun?“
Das Magazin liefert zudem weitere Informationen, wie der H &M-Laden der Zukunft wohl aussieht.
Dazu folgendes:
„Nichts ist hier zufällig. Der Vorzeigeladen ist mit Hunderten Sensoren ausgestattet. Ein Trackingsystem an jedem Kleidungsstück ermöglicht, nachzuverfolgen, wer welches Teil wann und wo in die Hand genommen, bezahlt oder wieder zurückgelegt hat. So wird automatisch der Bestand aufgefüllt. Die Filialleiterin schreibt einen monatlichen Newsletter für die Stammkunden aus der Nachbarschaft“
Und weiter heißt es:
„Der Computer liefert die daten, aber die Analyse und welche Konsequenzen wir daraus ziehen“ sagt Arti Zeighami, „diese Entscheidungen müssen Menschen treffen“
Wie wichtig zudem für H & M zukünftig auch das Thema „Künstliche Intelligenz“ ist – darüber erfährt man in diesen Zeilen mehr:
„Zeighami, 47, ist bei H & M für Datenanalyse und künstliche Intelligenz zuständig. Seine Techabteilung umfasste bis vor kurzem nur eine Handvoll Nerds. Heute tüfteln mehr als 200 Mitarbeiter etwa an sprachgesteuerten Spiegeln und Tools wie „Perfect Fit“, mit deren Hilfe sich der Kunde zu Hause vermessen lassen kann. Der digitale Doppelgänger kann dann online Kleidungsstücke anprobieren“
Klingt alles ziemlich cool und interessant. Doch wird auch die deutsche Kundin zukünftig so zeitgemäß bei H&M shoppen können? Das bleibt abzuwarten, denn es gibt schon noch ein Problem…
Zitat, SPIEGEL:
„Das Problem: Heute sieht nahezu jede der mehr als 4300 H & M-Filialen weltweit gleich aus(…)Das neue Store-Konzept jedoch ist auf den jeweiligen Standort und seine Kunden zugeschnitten – damit allerdings nicht, wie frühere Ladeneinrichtungen, beliebig kopierbar“
Nun – das ist in der Tat eine Problematik, der sich das H & M-Team wird stellen müssen. Nur: wenn tatsächlich alles – oder vieles – dem Digitalisierungsgedanken geschuldet ist, wer sagt denn, dass die moderne Kundin überhaupt noch so viel offline shoppt? Vielleicht wechselt auch das Shoppen von Bekleidung irgendwann einmal ganz oder fast komplett ins Web? Man weiß es nicht. Zumal vor dem Hintergrund, dass auch das nicht unbedingt wünschenswert wäre – denn dann hätten wir ausgestorbene (Innen)Städte.
So oder so bleibt es spannend und für modebewusste Frauen heißt es dahingehend erst einmal: abwarten. Zudem die nächste H & M-Filiale ja doch irgendwie noch immer in der Nähe ist.
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