Filmfestivals dienen gemeinhin dazu, dass die präsentierten Streifen eine Diskussion anregen, einen Diskurs und im besten Falle etwas verändern – zum Positiven. Um aber überhaupt erst einmal an den Punkt einer Diskussion zu gelangen, bedarf es Experten, die die bei einem Festival präsentierten Filme schauen, bewerten und kritisch darüber schreiben.
So ist es auf so gut wie jedem Festival weltweit und auch das berühmte Cannes machte bis dato davon keine Ausnahme. Auch wenn das Festival durch seine durchinszenierte Rote-Teppich-Show nach außen Leichtigkeit und Oberflächlichkeit darbietet, so bietet es doch seit jeher auch Filme, die fernab jeden Glamours sind und sich auch mal mit Krankheiten, politischen Stimmungen oder anderen ernsten Themen befassen.
Damit diese Themen eine breite Öffentlichkeit erreichen, macht ein Heer von Filmkritikern seinen Job – auch und vor allem am roten Teppich.
Im aktuellen SPIEGEL, Ausgabe 14 / 2018 ist dazu zu lesen:
„Der Leiter des bedeutendsten Filmfestivals der Welt hat vor ein paar Tagen verkündet, dass er die Stars auf dem roten Teppich künftig nicht mehr stören lassen will durch mäkelnde Filmkritiker. Thierry Frémaux, seit 2001 Chef der Filmfestspiele in Cannes, hat für das am 8. Mai beginnende diesjährige Festival ein paar revolutionäre Neuerungen verfügt. In die Schlagzeilen schaffte er es mit dem Gebot, dass Selfies auf dem roten Teppich künftig verboten seien. Außerdem ordnete Frémaux an, dass es morgendliche Vorab-Pressevorführungen der Wettbewerbsbeiträge nicht mehr geben wird, von nun an dürfen die Medienleute die Filme frühestens parallel zu den Galaaufführungen am Abend sehen.“
Und weiter heißt es:
„Der Verband der französischen Filmkritiker prophezeit, dass künftig lieber glamouröse Fotos statt kritische Analysen präsentiert würden, denn man benötige „Zeit zur Beurteilung von Filmen“.
Na dann – the PR-Show must go on! Die sündhaft teuren Kleider und Face-Liftings müssen doch adäquat präsentiert werden! Kritiker stören da nur und womöglich stellen sie – wie es ihr Job ist – noch kritische Fragen!
Da lieber Couture, Smile und Glamour. Cannes eben!
Und – mal ehrlich – hat man das Rote-Teppich-Schauspiel an der Côte d’Azur jemals anders wahrgenommen? Zumindest, wenn man beruflich und auch sonst nichts mit Filmen zu tun hat? Doch eher nicht…Insofern sollte es für den Otto-Normalo-Bürger keinen Unterschied darstellen, wie sich das Who is Who aus Hollywood und anderen internationalen Hotspots in Szene setzt.
Das Fehlen der Kritiker wird im Mainstream jedenfalls erstmal nicht auffallen…!
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Fotograf: Hubert Boesl
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