Hallt demnächst das Knattern der Blätter von Rotoren durch die Luft, statt das schrille Geräusch des Martinshorns, wenn im Ländlichen ein Notfall eintritt? Geht es nach Experten aus dem medizinischen Bereich, dann ja. Denn angesichts des Kahlschlags an Kliniken und Krankenhäusern auf dem Land, wird es für klassische Krankentransporte auf vier Rädern zunehmend schwerer, in Notfällen binnen kurzer Zeit die nächstgelegene Klinik zu erreichen. Rettungshubschrauber sollen diese eklatante Lücke füllen und zur Stelle sein, wenn Menschen in dörflichen Gegenden in einer lebensbedrohlichen Lage sind. Schon heute kommen in manchen Regionen Deutschlands in solchen Fällen statt Notarzt-Wagen Hubschrauber zum Einsatz.
Hubschrauber als zentrale Säule der medizinischen Versorgung auf dem Land?
Das Nachrichtenportal welt.de hat diesen Umstand in einem Beitrag beleuchtet. Dort heißt es unter anderem aus Kreisen der DRF-Luftrettung:
“(…)„Hubschrauber werden in den kommenden Jahren zu einer zentralen Säule der medizinischen Versorgung in ländlichen Gebieten“, sagt Krystian Pracz. Der 54 Jahre alte DRF-Chef steht mit leuchtenden Augen zwischen neun mehr oder weniger stark demontierten Helikoptern in der Reparatur- und Wartungshalle in Rheinmünster, einer der größten Helikopter-Werften in Europa, wie er ein wenig stolz erwähnt.(…)”
Und weiter ist zu lesen:
“(…)Während in Berlin noch über die Krankenhausreform debattiert wird, ist die Ausdünnung der medizinischen Versorgung auf dem platten Land schon in vollem Gang. Krankenhäuser werden geschlossen, es fehlt an Notärzten, und die bodengebundenen Rettungsdienste sind durch die größer werdenden Distanzen zum nächsten Krankenhaus und steigende Einsatzzahlen zunehmend überfordert. „Rettungshubschrauber sind in einigen Regionen schon heute das einzige Mittel, das diese Lücke schließen kann“, erzählt Pracz.(…)”
Was sich noch ein Stück weit unwirklich anhört und sehr teuer klingt, erweist sich im Alltag der Retter durchaus als praktikabel. Zitat:
“(…)Wenn der Opa zusammenklappt, steht kein Rettungswagen, sondern gleich der Helikopter vor der Tür. Diese Vision klingt zumindest mal kostspielig, doch Pracz widerspricht. Wenn ein Intensivpatient zu einem 60 Kilometer entfernten Krankenhaus gebracht werden muss, so rechnet Pracz beispielhaft vor, sei ein Hubschrauber dafür insgesamt 30 Minuten in der Luft und koste die Kasse 3000 Euro. Ein bodengebundenes Fahrzeug könne nicht Luftlinie fahren und komme so vielleicht auf 90 Kilometer und 200 Minuten zum Kostensatz von 20 bis 40 Euro pro Minute. „Die Fahrt im Intensivtransportfahrzeug wäre in diesem Fall doppelt so teuer wie der Hubschrauber – und der mitfahrende Notarzt für mehr als drei Stunden gebunden“(…)”
Die Tatsache, dass ein Rettungshubschrauber sogar günstiger als ein herkömmlicher Krankentransport sein kann, mutet zunächst ungewöhnlich an, doch die Praxis zeigt, dass diese Variante durchaus eine tragfähige Lösung sein kann.
Für Patienten und Angehörige ist wichtig, dass Hilfe rasch kommt – egal wie
Ob sie sich im ländlichen Raum bundesweit durchsetzt, wenn mehr und mehr Krankenhäuser geschlossen werden (was ja schon eine Farce für sich ist, aber das ist ein anderes Thema), bleibt abzuwarten. Wichtig ist, dass überhaupt Hilfe kommt – und das sehr schnell. Denn letztlich interessiert es einen Patienten oder dessen Angehörige beim Wählen des Notrufes nicht, WIE ein Transport sich auf den Weg macht. Wichtig ist, dass er sich auf den Weg macht. Am Ende gilt: Je schneller, desto besser!
Und last not but least, wäre es am allerbesten, wenn das Gesundheitssystem hierzulande so reformiert wird, dass Kliniken nicht geschlossen, sondern vielmehr erhalten und qualitativ aufgewertet werden.
Neue Probleme durch die Rettung aus der Luft?
Zumal in Sachen der Ausweitung der Einsätze für Rettungshubschrauber neue Probleme lauern könnten, wie ein Leser unter dem Artikel auf welt.de kommentiert. Er schreibt:
“Ist dann nur eine Frage der Zeit, bis sich die Anwohner über den Fluglärm beschweren.”
Quelle: welt.de / September 2023
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