Das schöne Lieblingsteil kaputt oder das alte Erbstück zerbrochen…Wer kennt sie nicht, solche Situationen, in denen binnen Sekunden geliebte Erinnerungsstücke kaputt gehen? Oder man als Frau feststellen muss, dass sich von der heißgeliebten, alten Designertasche der Riemen oder eine Schnalle gelöst hat? Viel zu oft heißt es dann in unserer heutigen Zeit: “Kann man nichts machen, Ersatzteile dazu führen wir nicht mehr”.
Wohl dem, der dann die Möglichkeit hat, nach Berlin zu fahren. Denn hier hat sich – mitten in Charlottenburg – ein Reparatur-Eldorado etabliert, das vor allem den “gelernten DDR-Bürger” in Nostalgie versinken lässt. Taschen, Uhren, Stoffe – auf vielerlei Art wird hier kaputten Dingen wieder Leben eingehaucht. Kein Wunder, dass die Kundschaft aus ganz Deutschland und sogar aus internationalen Gefilden zu den Leuten mit den “goldenen Händen” reist.
Morgenpost.de berichtet ausführlich über “Straße der Reparierer”
In einem Beitrag, der am 24. Februar 2019 auf dem Internetportal der Berliner Morgenpost – morgenpost.de – erschien, ist über diese Straße – der Pestalozzi-Straße in Berlin-Charlottenburg – folgendes zu lesen:
“Es gibt dort einen der letzten Berliner Feintäschner, einen Instrumentenbauer, eine Stoffexpertin, einen Spezialisten für mechanische Uhren, ein Team aus Porzellanfachleuten und einen ehemaligen Architekten, der es sich im Ruhestand zur Passion gemacht hat, alles zu reparieren, was man ihm bringt. Alle kümmern sich um „Patienten“, die andere bereits aufgegeben haben.”
Für Leute, die zum Beispiel an einem kaputt gegangenen, edlen Lederstück – der Lieblingstasche gar – hängen, dürfte deshalb wie Musik in den Ohren klingen, was auf morgenpost.de über den Feintäschner Darius Kurela geschrieben steht, der eine Werkstatt auf der “Straße der Reparierer” betreibt:
“An der Pestalozzistraße 22 ist er seit 1997. Der Feintäschner liebt die Herausforderung, repariert alles, was alt und am liebsten hochwertig ist. Aber nicht nur Wertvolles, auch Wertloses – denn oftmals hängen Erinnerungen und Geschichten damit zusammen. Wie bei der Louis-Vuitton-Tasche aus den 60er-Jahren, die jemand auf einem angeschalteten Herd abgestellt hat. Da es sich um ein Geschenk des verstorbenen Ehemanns gehandelt hatte, wollte die Kundin das gute Stück erhalten wissen. So hat Kurela den verkohlten Boden komplett entfernt und mit fremdem Material wieder einen tragfähigen Untergrund geschaffen. Das macht ihm Spaß, fordert ihn heraus, und er ist zufrieden, wenn am Ende die Optik stimmt.”
Auch Stoffexpertin Anja Bölck, die in direkter Nachbarschaft zum Feintäschner tätig ist, mag es, Dinge wieder herzustellen. Über sie schreibt morgenpost.de wie folgt:
“Richtig loslegen, wenn es schwierig ist. Das mag auch Anja Bölck, die gleich gegenüber von Kurela mit alten Stoffen arbeitet, ebenfalls repariert oder aber umwandelt. Die Schneiderin arbeitet an der Pestalozzistraße 88B. Ihr Geschäft „timano“ lädt zum Stöbern und Verweilen ein. „Ich fühle mich hier wie Alice im Wunderland und finde es schön, dass mich hier niemand hetzt, wenn ich mich umschaue“, sagt eine Touristin aus Frankfurt. Ein klar umrissenes Sortiment führt Anja Bölck nicht. Sie stellt gern Dinge wieder her.”
Auch für alte Zeitmesser findet sich hier Experte
Insofern ist es auch kaum ein Wunder, dass an dem besagten Standort auch ein Uhrmacher zu finden ist, der selbst Zeitmesser aus alten Zeiten wieder in Schuss bringen kann.
Über ihn ist folgendes zu lesen:
“An der Pestalozzistraße 54 ist Friedrich Bischoff Herr über unzählige Uhren. Ausschließlich mechanische ticken an den Wänden. Dann schlägt es die volle Stunde. Hier klingt es hell, tief klingt es dort. Eine Standuhr meldet sich mit einem dunklen Gong, überlagert einen wunderbar melodischen Kuckucksruf. Einmal in der Woche ist ein Mitarbeiter allein zwei Stunden damit beschäftigt, alle Uhren an den Wänden von Hand aufzuziehen. In Vitrinen, Schubladen und Kästen liegen haufenweise Armband- und Taschenuhren. Der Schritt über die Schwelle bei „Uhren Bischoff“ führt in eine fast unwirkliche Welt, fast wie eine Zeitreise.
Patina liegt über den Räumen mit der original erhaltenen Ladeneinrichtung von 1922. Über der Tür drehen die Zeiger einer Bahnhofsuhr ihre Runden, hinter dem Tresen öffnet sich eine riesige Werkstatt. In den Werkstätten der hinteren Räume arbeiten drei Mitarbeiter. Es duftet nach altem Holz, nach Schellack und Leim. Winzige Federn werden ersetzt und eingesetzt, Unruhewellen gedreht. Spezialwerkzeug hängt an den Wänden, diverse Feilen, Schraubendreher in sämtlichen Größen, zarte Pinzetten, Zeiger- und Glasabheber. Viele Teile muss er inzwischen selbst herstellen. Da hilft der Besitz einer Zahnradfräsmaschine von 1830.”
Herrlich! Da juckt es einem schon beim Lesen in den Fingern, kaputte Lieblingsstücke rauszusuchen und einen Trip in die Hauptstadt zu planen.
Aber Achtung – diesen Gedanken haben nunmal viele andere Menschen auch! In einem Nebensatz des Artikels wird deutlich, was sich der geneigte Leser im Zusammenhang mit diesen Genies schon denken kann, Zitat:
“(…)Ulrich Panzer (74) bringt fasst alles wieder in Schuss. Das Allroundtalent möchte in dieser Geschichte am liebsten gar nicht vorkommen, denn seine Erfahrung zeigt, dass nach einem Zeitungsbericht noch mehr Menschen seine Dienste in Anspruch nehmen. Dabei schafft er schon heute kaum alle Aufträge.(…)”
Auch für Leute mit kaputten Musikinstrumenten ist Berliner Pestalozzistraße Anlaufstelle!
Das glaubt man sofort! Und dennoch ist man fest entschlossen, sich diesen Beitrag auszudrucken, beziehungsweise aufzuheben. Denn die beschriebenen Experten werden noch um einen Mann ergänzt, der kaputte (vor allem auch alte) Instrumente wieder in Schuss bringt. Nicht uninteressant für Leute, die sich hobby- oder berufsmäßig Flöte, Geige & Co. widmen.
Über ihn schreibt morgenpost.de folgendes:
“Auch Eduardo Valdivia Rivera repariert: Flöten, Gitarren oder Geigen. Gleich drei Meisterbriefe schmücken seine Ladenwerkstatt an der Pestalozzistraße 49. Das sei „der Sturheit der hessischen Handwerkskammer zu verdanken“, schmunzelt er im Rückblick. Obwohl er über langjährige Berufserfahrung aus Kolumbien und Italien verfügte, als er nach Deutschland kam, musste er die Meisterlehrgänge der Handwerkskammer besuchen. Seit 14 Jahren führt der aus Bolivien stammende Rivera, Meisterbauer für Holzblas-, Zupf- und Streichinstrumente, Gitarren und Flöten, seine Werkstatt in Charlottenburg.”
Die in dem Artikel porträtierten Personen dürften deutschlandweit wohl eine Ausnahme sein! Denn zu oft heißt es heutzutage – wie eingangs bereits erwähnt – meist nur: “Das ist nicht mehr zu reparieren” oder “Da bekommen wir kein Ersatzteil mehr für”.
Tja – wie man sieht, findet sich wohl auch in solchen Situationen ein Ausweg. Wenn auch ein ziemlich langer, denn wer aus weit entfernteren Bundesländern anreist, muss schon etwas Zeit opfern, um in der Pestalozzistraße in Berlin auf die besagten Experten zu treffen.
Nur: was macht man nicht alles für die kostbare Vase von Oma oder die Retro-Designer-Handtasche aus den Siebzigern?
Eben!
Wer den Original-Beitrag lesen will, findet ihn hier.
Quelle Zitate: morgenpost.de
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