Dienstag, 16. April, 2024

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Eifersucht – mit Eifer suchen? Nein! – Kolumne von Barbara Edelmann

„Barbara, du hast doch bestimmt eine große Sonnenbrille und eine Perücke?“ fragte mich vor knapp einem Jahr eine liebe Bekannte.

Immer wenn Marianne anruft, bin ich vorsichtig, denn die meiste Zeit des Jahres erinnert sie sich nämlich nicht an meine Telefon-Nummer. Sie meldet sich nur, wenn es ihr schlechtgeht.

„Ja, ich habe eine Sonnenbrille“ antwortete ich misstrauisch. „Dann könntest du doch für mich den Karl mal ein wenig überwachen“ meinte sie.

„Er sagt nämlich, er geht ins Fitness-Studio, aber ich glaube ihm nicht. Weil er ja vor zwei Jahren mal diese Frau geküsst hat. Die ist zwar verheiratet, aber ich traue ihm nicht. Bestimmt lügt er mich wieder an. Immerhin hat er es erst zugegeben, als ich sein Handy durchsucht habe. Ich bezahle dich auch.“

Gestatten, dass ich mich vorstelle? Barbara Edelmann, private Ermittlungen aller Art.

Ich musste schmunzeln, als ich mir vorstellte, dem armen Karl vor seinem Fitness-Studio verkleidet aufzulauern. Immerhin ist der Gute jenseits der 50, mit wenig Haaren und umso mehr Bauch und einem Ego, das nur man nur auf Erbsengröße bringt, wenn man es aufbläst, und nicht unbedingt ein Geschenk Gottes an die Damenwelt. Marianne lässt sich aber nicht gern etwas wegnehmen, auch wenn sie es vielleicht selbst nicht mehr so richtig möchte.

Ich lehnte dankend ab, denn es wäre mir zu anstrengend gewesen, fremde Männer zu beschatten. Außerdem besitze ich weder Fernglas noch Nachtsichtgerät, und Marianne hätte vollen Einsatz von mir erwartet.

Ob sie einen Ersatz für mich gefunden hat, weiß ich nicht, denn seitdem habe ich nichts mehr von ihr gehört. Scheinbar vertragen sich die beiden gerade wieder mal. Trotzdem muss ich oft an diese Geschichte denken, denn sie ist ein Paradebeispiel für Eifersucht und ihre einschneidenden Folgen.

Außerdem muss ich zu Karls Ehrenrettung anmerken, dass er bis zu diesem Zeitpunkt – also dem Kuss mit einer anderen Frau – bereits eine ziemlich anstrengende und für ihn unbefriedigende Beziehung mit Marianne hinter sich hatte. Unter der Woche durfte er nie bei ihr übernachten – auch nach über 10 Jahren nicht, weil Marianne es vorzog, Dinge mit ihren Freundinnen zu unternehmen. Sie teilte seine Zeit ein, und er bekam in ihrem Wochenplan einen festen Platz zu festen Zeiten. Wenn Marianne keine Lust hatte, musste Karl sich mit sich selbst beschäftigen.

Naja, ganz offensichtlich tat er das dann ja auch. Und ich glaube sogar wirklich, dass es sich nur um einen Kuss handelt, denn ich kenne Karl, wie bereits erwähnt.

Damals, nachdem ihr Karl in einem schwachen Moment gestanden hatte, mit seinen Lippen die Lippen einer anderen Frau berührt zu haben, nahm die Tragödie ihren Lauf.

Seitdem musste er sich in viertelstündlichem Turnus per SMS bei Marianne melden und mit Fotos seinen derzeitigen Aufenthaltsort dokumentieren (Supermarkt-Parkplatz, Fitness-Studio, Arbeit…). Er tat das alles in der Hoffnung, Marianne nicht zu verlieren, denn sie war ziemlich sauer. Irgendwie hatte dieser eine Kuss etwas in ihr freigesetzt, das wohl zeitlebens besser unter Verschluss geblieben wäre – das grüne Monster Eifersucht. Und zwar die rasende Variante.

Marianne benahm sich damals, als legte sie größten Wert darauf, schnellstmöglich zu ihrem eigenen Schutz in die nächstgelegene psychiatrische Anstalt eingeliefert zu werden.

Sie knackte den Code von Karls Handy, druckte sämtliche Whats-App-Chats zwischen dieser Dame und ihm aus und nagelte diese anschließend an die Eingangstüre der Konkurrentin. Da es sich um eine Glastür handelte, erfolgte anschließend eine Anzeige wegen Sachbeschädigung und Beleidigung, denn Marianne hinterließ nicht nur die Chat-Protokolle, sondern auch noch ein paar üble Beleidigungen, die mit Sicherheit in etlichen Ländern dieser Welt mit Stockschlägen auf die nackten Fußsohlen bestraft werden.

Sie legte sich ein zweites Handy mit einer anderen Telefonnummer zu und baggerte Karl unter falschem Namen bei Facebook an, um ihn endlich der Untreue überführen zu können, stalkte ihn bei Instagram, fuhr ihm mitten in der Nacht hinterher, als er ihre Wohnung verließ (hätte ja sein können, dass er sich zum Knutschen mit dieser Dame im Wald traf, so gegen morgens um 3:00 Uhr), rief seine Kollegen an und wollte diese ausfragen, durchsuchte in regelmäßigen Abständen, gründlicher als die Steuerfahndung,  seine Wohnung auf Spuren und so weiter.

Dann schleppte sie Karl zu einem Therapeuten. Der sollte ihm die Leviten lesen und ihm erklären, dass er so was Tolles wie Marianne gar nicht verdient hatte.

Nachdem der Therapeut sich eine gefühlte Ewigkeit Mariannes Tiraden angehört hatte, die ihm auswendig (!) sämtliche Chats zwischen Karl und der fremden Frau rezitierte,  erklärte er diese Beziehung für toxisch und riet beiden, eine Pause einzulegen.

Natürlich taten sie das nicht.

„Ich werde verrückt. Und ich weiß, dass es vollkommen bescheuert ist, was ich mache“ sagte Marianne damals heulend zu mir am Telefon. „Aber was soll ich tun? Ich will keinen anderen. Da müsste ich mich wieder umgewöhnen. Und ich habe keine Lust drauf, mit einem neuen Mann jetzt wieder von vorn anzufangen. Bis auf diese eine Geschichte stimmt ja alles. Nur kann ich ihm nie mehr glauben. Und ich bin sicher, dass er lügt und es auch weiterhin tut.“

Im Grunde ist das sehr traurig. Finden Sie nicht?

Gehören Sie vielleicht zu der Sorte Frauen, die täglich das Jackett Ihres Mannes untersuchen, und wenn Sie kein Haar darauf finden, vermuten, dass er es momentan mit einer Kahlköpfigen treibt? Tja, dann sind Sie wohl ebenfalls eifersüchtig. Willkommen im Club.

Eifersucht ist der Partisan unter den Gefühlen. Sie lauert irgendwo im Gebüsch und wartet manchmal nur auf ein einziges Wort, eine Bemerkung über eine Schauspielerin vielleicht, die wir gerade zusammen mit unserem Liebsten sehen, während wir einen Spielfilm genießen.

Sie kommt hervor wenn wir durch die Stadt schlendern und mitbekommen, dass unser Herzblatt anderen Frauen kurz hinterhersieht. sie saugt sich an uns fest, wenn er mit der Ex telefoniert, wenn irgendeine Frau ihm schöne Augen macht (auch wenn die vielleicht nur unter Astigmatismus leidet) , wenn er auf einer Party länger als angemessen mit einem  hübschen Mädel spricht.

Dann ist sie da. Und sie geht so schnell nicht wieder weg.

Um sie halbwegs in den Griff zu bekommen, ist es dringend nötig, sich erst einmal darüber klar zu werden, wie sie entsteht.

Eifersucht entspringt dem Gefühl von Unzulänglichkeit, der eigenen Unsicherheit. Sie nährt sich aus der Befürchtung, nicht gut genug für jemanden zu sein, nicht schön genug, nicht reich genug, nicht gescheit genug. Eifersucht tut furchtbar weh, und wenn sie einen einmal in den Krallen hat, ist es sehr schwer, sich wieder von ihr zu befreien.

Eine eifersüchtige Frau wird man nicht von heute auf morgen. Die Gründe für diese schlimmen Gefühle liegen meist in der frühen Kindheit verborgen und haben oft mit einer problematischen Eltern-Kind-Beziehung zu tun. Vielleicht litt man unter einem unnahbaren Vater, vielleicht musste man in der prägenden Phase der Pubertät kränkende Zurückweisungen einstecken. Irgendwas ist geschehen, das uns das Gefühl gegeben hat, nicht gut genug zu sein für irgendjemanden.

Sicher gibt es skrupellose Hallodris unter den Herren der Schöpfung, bei denen ein gesundes Misstrauen gerechtfertigt ist, aber allzu oft entspringt unsere Eifersucht nur der Phantasie und mangelndem Selbstwertgefühl. Die große Mehrzahl der Männer ist anständig, auch wenn man es ihnen nicht so recht glauben mag. Die sind froh, in einen sicheren, adretten Hafen eingelaufen zu sein und möchten auch gerne, dass alles so bleibt wie es ist. Die große Mehrzahl – wohlgemerkt.

Eifersucht hat ja in allererster Linie damit zu tun, dass man sich seiner selbst nicht sicher ist. Eine selbstsichere Person weiß nämlich ganz genau, was sie wert ist. Und dass man sie nicht von heute auf morgen einfach so verlässt. Eine selbstsichere Frau kann sehr wohl zwischen Realität und im Unterbewusstsein verankerten Ängsten unterscheiden. Denn Eifersucht wird zu einem Großteil von Angst gesteuert. Die Eifersucht ist das Fahrzeug, und die Angst sitzt am Steuer – die Angst davor, verlassen zu werden, die Angst davor, nicht gut genug zu sein.

Auch die Frage, wo fängt der Betrug an, ist ein heißes Eisen. Ist ein Kuss schon ein Betrug oder ein Gedanke? Tja, da hätten wir wohl ein Problem, so wie ich die Männer kennen und schätzen gelernt habe. Es soll wohl ernsthaft noch Frauen geben, die von ihrem Mann verlangen, dass er nur an sie denkt. Die ganze Zeit. Ohne Unterlass. Und die es als Betrug auffassen, wenn er sich vorstellt, mit Lady Gaga einen One-Night-Stand zu haben.

Das klappt nicht, meine Damen. Darauf sind die Herren der Schöpfung nicht programmiert. Polygamie gehört bei ihnen zur Serienausstattung – zumindest unbewusst.

In dem Film ” Sodbrennen” von 1986 sagt der Vater seiner Tochter,  die sich über ihren untreuen Gatten beschwert: “Du willst MonogamieHeirate einen Schwan!

Ganz so krass möchte ich das jetzt nicht stehenlassen. Es gibt tatsächlich eine ganze Menge treuer Männer. Ich lehne mich sogar so weit aus dem Fenster, zu sagen: die meisten sind anständig.

Wissen Sie was? Wenn ein Mann Sie wegen einer anderen verlässt oder betrügt, dann hat er nur eins: Sie gar nicht verdient. Mit nichts. Das sollten Sie sich wirklich immer vor Augen führen.

Es gibt aber tatsächlich Herren, die schaffen es bis ins hohe Alter nicht, sich mit nur einer einzigen Frau zufriedenzugeben.

Ob die Gründe nun Größenwahn, ein winzig kleines Selbstbewusstsein, das ständig bestätigt werden muss oder Sexsucht sind, ob er fremdgeht, weil er zu viele Kohlenhydrate und zu wenig Sex bekommt – das wissen die Götter.

In sehr vielen Fällen allerdings – und damit komme ich wieder auf obigen Inhalt zurück – ist unsere Eifersucht schlichtweg einfach nur ein hässliches graues Gespenst, das sich in unserem Nacken festgeklammert hat, weil es in früher Jugend Eltern, Betreuer, erste Freunde oder gemeine Geschwister dort losgelassen haben und absolut unbegründet.

Ich kann Ihnen nur raten: Erkennen Sie, was Sie sich wert sind. Erkennen Sie, dass Sie eine ganz besondere Frau sind, eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Von Ihnen gibt es auf der ganzen Welt nur genau ein einziges Exemplar. Jeder, der Sie betrügt, hat ohnehin einen Dachschaden und weiß nicht, was gut für ihn ist. Finden Sie nicht auch?

Erkennen Sie, dass Sie, ob Über- oder Untergewicht, ob Brille oder Überbiss, ob wenig Haare oder zu viele an den falschen Stellen – als Gesamtpaket durchaus etwas wert sind, dass Sie stolz auf sich sein dürfen. Sie haben es nicht nötig, sich mit anderen Frauen zu messen, denken Sie immer daran. Das hier ist kein Wettbewerb. Es geht um Ihre Seele. Da macht man keine Witze. Oder veranstaltet Wettbewerbe.

Solch extremen Fällen wie meiner Freundin Marianne (es ist übrigens eine wahre Geschichte) empfehle ich einen guten Therapeuten. Aber oft reicht schon die allerbeste Freundin, die einem die Seele wieder zurechtrückt. Manchmal sogar ein Spiegel. Schauen Sie genau hin: Das sind Sie. Ist doch top, oder?

Wir Frauen neigen nämlich dazu, uns anders zu sehen, als wir sind – bis auf meine Freundin Susi mit ihrem Zauberspiegel, der ihr täglich sagt, dass Sie das Tollste seit der Erfindung des Toilettenpapiers ist. Sie leiht ihn mir aber leider nicht. Ich habe selbst leider einen gemeinen Spiegel, der die Pölsterchen hervortreten lässt und aus meinem Hintern eine Landebahn für eine Boeing macht,  obwohl andere zu mir sagen: „Du bist so schlank.“

Mein Spiegel behauptet dann immer: „Die lügen doch alle, du dumme Nuss.“ Ich sag ja, er ist fies.

Sehen Sie sich selbst, wie Sie sind: toll ganz einfach. Und wer was anderes behauptet, der lügt. Oder rufen Sie meine Freundin Susi an. Der ist noch nie ein Mann blöd gekommen, und so was wie Eifersucht kennt die gar nicht. Weil sie das Selbstbewusstsein von Gwyneth Paltrow hat. Und das Aussehen von… vielleicht Roseanne.  Es kommt immer auf den Blickwinkel an, wissen Sie.

Es hängt von Ihnen ab, ob Sie sich plagen. Denken Sie beim nächsten Mal dran, ehe Sie versuchen, ein Haar auf der Jacke zu finden.

Herzlichst,

Ihre Barbara Edelmann

Bildnachweis: pexels.com

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