Potentielle Kunden auf ein Produkt aufmerksam zu machen oder über eine Dienstleistung zu informieren – das ist für viele Firmen ohne die sozialen Netzwerke im Internet kaum mehr denkbar. Seit Facebook & Co. in Deutschland vertreten sind, nutzen längst nicht nur private Nutzer diese Kanäle.
Vor allem für kommerzielle Anbieter sind sie eine gute Möglichkeit, neue Zielgruppen zu erschließen und mit der Kundschaft unkompliziert zu kommunizieren.
Allerdings ist es nicht damit getan, einen Account anzulegen und drauf los zu posten. Professionelles Social Media nimmt viel Zeit in Anspruch und will gekonnt sein.
Viele Unternehmer setzen deshalb auf Social Media Beratung. Hier kommen dann Menschen, wie Sabine Arndt-Ellerhold (im Bild) ins Spiel, die Firmen bei dieser speziellen Öffentlichkeitsarbeit begleiten und für ihre Kunden digital auf Facebook & Co. aktiv werden.
Social-Media kann kaum von der Sekretärin betreut werden
Wie konkret das aussieht und warum ein guter Social Media-Kanal nicht mal eben von der Sekretärin nebenbei betreut werden kann – darüber haben wir mit Frau Arndt-Ellerhold gesprochen.
FB: Sie haben sich mit Ihrer Agentur „wortsinnig“ auf Social Media spezialisiert – wie sind Sie dazu gekommen?
Schon als Angestellte in Marketing-Abteilungen verschiedener Unternehmen war ich für den Bereich Social Media zuständig. Dieser hat mich schon immer interessiert und besonders Spaß gemacht. Die sozialen Netzwerke, besonders Facebook, sind quasi mein zweites Wohnzimmer. Zu Beginn meiner Selbstständigkeit 2015 war ich dennoch zunächst etwas breiter aufgestellt und habe neben Social Media auch andere Online Marketing Bereiche, die Erstellung von SEO-Texten und Lektorat angeboten.
Mit der Zeit lernte ich, dass es besser ist, sich zu spezialisieren. Zum einen, weil ich mit einem geschärften Profil, also der richtigen Positionierung, genau die Kunden anziehe, mit denen ich arbeiten möchte. Zum anderen, weil es unglaubwürdig ist, wenn ich als Einzelunternehmerin behaupte, alles alleine zu können.
Arbeit mit Netzwerkpartnern ist wichtig
Wenn ein Kunde einen Bereich anfragt, der nicht zu meiner Spezialisierung zählt, arbeite ich nun mit Netzwerkpartnerinnen zusammen.
FB: Worin besteht das Potenzial von Facebook & Co?
Man kann ja mittels sozialer Netzwerke verschiedene Ziele erreichen: die Bekanntheit steigern, neue Kundengruppen erschließen und Kundenbeziehungen pflegen beispielsweise. Bestehende Kunden kann man an sich binden, indem man auf dem Kanal informative, lustige, spannende, hinter die Kulissen blickende Beiträge veröffentlicht, ab und zu eine Verkaufsaktion ankündigt, besondere Events, Rabattaktionen u.v.m. Wichtig ist immer, dass es für den Fan einen Mehrwert haben muss, ausgerechnet dieser Seite/diesem Kanal zu folgen.
Gleichzeitig besteht so die Möglichkeit, die Fanbasis zu erweitern, weil die bestehenden Kunden natürlich eine Referenz sind. Wenn jemand z. B. etwas auf Facebook kommentiert, teilt und mit „Gefällt-mir“ markiert, sehen das seine Freunde. So bekommt das Unternehmen auch Aufmerksamkeit eines erweiterten Personenkreises. Wenn die Facebook-Seite interessant genug ist, ist es leicht, auch von diesen Personen ein „Gefällt-mir“ zu bekommen. So wächst die Community und die Reichweite (auch wenn das mit der Reichweite für Seiten seit Januar 2018 schwieriger geworden ist, aber das ist ein anderes Thema).
Jedoch darf ein Unternehmen sich nicht zu abhängig von den sozialen Netzwerken machen. Das Worst-Case-Szenario wäre ja, dass Herr Zuckerberg irgendwann entscheidet, Facebook oder YouTube zu schließen oder für eine Facebook-Seite Geld zu verlangen. Ziel sollte daher immer sein, Kontrolle über die Kontakte zu bekommen und zu behalten! Zum Beispiel, indem man sie auf die eigene Homepage lotst und sie sich dort in einen Newsletter eintragen lässt. Der Aufbau einer Email-Liste ist m. E. essenziell.
Social Media dient nicht dem reinen Verkaufen
Ganz wichtig ist es, sich klarzumachen, dass Social Media nicht in erster Linie dem reinen Verkaufen dient. Sondern man baut hier eine Beziehung zum (potenziellen) Kunden auf, der Kunde kann das Unternehmen und die Menschen dahinter kennenlernen. Die User wollen einen Blick hinter die Kulissen werfen. Firmen können sich nahbar und menschlich zeigen. Verkaufen geschieht nicht auf Facebook, sondern auf anderen Wegen, also über die Homepage oder einen Shop. Es ist nicht ausgeschlossen, dass man auch auf Facebook verkaufen kann, ohne zuvor eine Fanbasis aufgebaut zu haben. Aber das funktioniert sicher nicht mit jedem Produkt und nicht für jede Art von Unternehmen.
Ergänzend zu den Inhalten, die ein Unternehmen regelmäßig auf den diversen Kanälen veröffentlicht, kann es gezielt Werbeanzeigen (z. B. Facebook Ads) schalten. Hier kann man wieder verschiedene Ziele erreichen: Mehr „Gefällt-mir“ Angaben für die Seite, mehr Reichweite für einen bestimmten Beitrag, oder die User auf die eigene Internetseite lotsen, um sie dort eine bestimmte Handlung ausführen zu lassen. Das letztgenannte Ziel ist das von mir favorisierte, denn es ist das einzige Ziel, das einen finanziell messbaren Erfolg mit sich bringt.
FB: Wie steht es um das Bewusstsein, dass Facebook & Co. für Marketing und PR vorteilhaft sein können – ist es im Mittelstand ausgeprägt oder eher (noch) nicht?
Da gibt es eine große Bandbreite. Es gibt Firmen, die das Potenzial schon erkannt haben, in den sozialen Netzwerken präsent sind und sich auch sehr gut vermarkten. Dann gibt es solche, die zwar z. B. auf Facebook sind und/oder einen YouTube-Kanal betreiben, deren Aktivitäten dort aber ungeplant und unsystematisch wirken. Und dann gibt es die, die noch nirgendwo zu finden sind.
Viele Unternehmen mit veraltetem Internet-Auftritt
Meistens sind dies auch Unternehmen, deren Internet-Auftritt sehr veraltet ist. Da ist dann noch viel Erklärungs- und Aufholbedarf.
Eine weitere Gruppe sind Firmen, die es schon einmal auf Facebook versucht haben und mit den Ergebnissen nicht zufrieden waren. Eine Aussage, die ich häufig höre, ist: „Wir haben mal eine Anzeige geschaltet, aber das hat gar nicht funktioniert, da waren Fakes im Spiel, plötzlich hatten wir ganz viele Likes aus dem Ausland.“ Oder: “Obwohl wir uns sehr viel Mühe gegeben haben, war die Reichweite sehr gering und es hat nichts gebracht, außer viel Arbeit. Deshalb haben wir wieder aufgehört.“
Solche Fälle sind sehr schade, denn diese Firmen sind einfach nicht gut beraten und begleitet worden. Mit einer guten Beratung gleich zu Beginn hätten sich diese Fehlentwicklungen vermeiden lassen.
FB: Wo setze ich als Inhaberin oder Inhaber eines mittelständischen Unternehmens an, wenn ich mich dem Social Media-Bereich widmen will?
Das kommt sehr auf das Produkt bzw. die Dienstleistung an. Man muss zuallererst analysieren, wo genau im Netz sich die Zielgruppe aufhält. Wenn man ein Produkt für Teenager anbietet, ist Facebook schon wieder out, da wäre Instagram oder YouTube die bessere Wahl. Aber die Generation 40+ ist sehr stark auf Facebook vertreten und auch aktiv.
Es gibt im B2B Bereich auch Branchen, in denen Social Media gar nicht funktioniert, z. B. bei sehr erklärungsbedürftigen, technischen Produkten. Eine genaue Analyse der Zielgruppe und der Ziele muss daher immer am Anfang stehen, und da sollte sich das Unternehmen auch Expertise von außen holen, wenn intern kein Know-how vorhanden ist.
Arbeitsaufwand für Social-Media nicht unterschätzen
Dann sollte das Unternehmen für die Betreuung der Kanäle eine eigene Stelle schaffen – denn der Arbeitsaufwand ist nicht zu unterschätzen. Das Erstellen von Beiträgen und das Community Management können sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, wenn der Kanal lebendig sein soll und man es gut machen möchte. Bleibt z. B. eine Frage tagelang unbeantwortet, leidet das Image.
Bevor man also mit Social Media loslegt, sollte unbedingt geklärt sein, wessen Aufgabe dies ist. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass die Sekretärin das mal eben so nebenbei machen kann.
Wenn es in der Belegschaft niemanden gibt, der sich mit Social Media Marketing auskennt, sollte jemand eingestellt oder ein Freelancer bzw. eine Agentur beauftragt werden. Gerade bei Social Media ist es aber nicht ratsam, alles komplett auszulagern. Denn: Durch Social Media wird ja nicht in erster Linie ein Produkt verkauft, sondern es wird eine Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden/Interessenten aufgebaut. In jedem Beitrag sollte daher der Anspruch stecken, mit den Kunden ins Gespräch zu kommen. Dabei muss man authentisch sein – und je weiter jemand vom Unternehmen entfernt ist, umso schwieriger wird es, diesem Anspruch gerecht zu werden. Daher rate ich jedem Unternehmen, auch intern Know-how aufzubauen, wenn dieses nicht von Anfang an vorhanden ist. Z. B. durch Mitarbeiterfortbildungen.
FB: In welcher Phase kommen Ihre Kunden auf Sie zu? Bevor sie in sozialen Netzwerken selbst aktiv werden oder währenddessen?
Sowohl, als auch. Ich habe Kunden, die schon aktiv sind und die merken, dass sie es alleine nicht mehr schaffen. An dieser Stelle werde ich dann als Freelancerin beauftragt, um das Management der Kanäle zu übernehmen oder um beim Community Management auszuhelfen. Gut ist in diesem Fall, dass ich mit einem frischen Blick herangehen kann. Dabei ist eine sehr enge Absprache mit den Verantwortlichen notwendig. Die Kommunikation muss ja einheitlich und es muss eine klare Linie erkennbar sein.
Kunden haben unterschiedliche Bedürfnisse
Dann ist es gut, wenn man vorher Kommunikationsrichtlinien ausgearbeitet hat. Wichtig ist auch die Rückkopplung zu Fachabteilungen, wenn über Social Media schwierige oder heikle Fragen (z. B. zu einem Produkt oder zu Zahlungsvorgängen) hereinkommen.
Zum anderen gibt es Kunden, die den Wunsch haben, eine Facebook-Seite oder einen Instagram Kanal aufzubauen, und die sich von Anfang an Beratung holen. Hier gehe ich dann so vor, wie bei zuvor beschrieben. Wichtig ist, eine Strategie, die Inhalte und die Häufigkeit der Beiträge festzulegen, also einen Redaktionsplan zu erstellen.
Gern gebucht wird auch mein Facebook-Basic Inhouse-Workshop, in dem die Teilnehmer alle Grundlagen lernen, die sie benötigen, um Facebook sicher zu bedienen. Sie lernen, wie der Algorithmus arbeitet, welche Art von Inhalten und welche Häufigkeit zu empfehlen ist, wie sie richtig mit der Community interagieren, wie sie die Fanbasis ausbauen und die Reichweite steigern können, und natürlich erkläre ich auch die Bedienweise von Facebook, denn so manche schlaue und praktische Funktion ist gar nicht so einfach zu finden.
FB: Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie sich selbstständig gemacht haben?
Aus zwei Gründen:
- Um die Vorstellung von einer erfüllenden Arbeit, bei der ich – auch finanziell – wertgeschätzt werde, umsetzen zu können.
- Um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können.
2014 wurde ich, nach mehreren Jahren in diversen Teilzeittätigkeiten von 20-25 Stunden Wochenumfang, überraschend arbeitslos. Mein Sohn war damals 9 Jahre alt und im 4. Schuljahr. Natürlich war er vormittags in der Schule und ich hätte arbeiten gehen können – aber eben weiterhin nur maximal 25 Stunden.
Da unser Sohn aus verschiedenen Gründen nicht auf eine Ganztagsschule geht, kommt er gegen 13:45 Uhr nach Hause. Für mich gehört es dann dazu, dass ich frisches Essen zubereite und wir gemeinsam zu Mittag essen. Anschließend beaufsichtige und unterstütze ich ihn bei seinen täglichen Hausaufgaben und lerne mit ihm für anstehende Klassenarbeiten.
Sohn früh zur Selbständigkeit erzogen
Natürlich sind auch manchmal Dinge zu erledigen wie Arztbesuche, Fahrten zu Trainingsterminen und Ähnliches (obwohl wir unseren Sohn schon früh zur Selbstständigkeit erzogen haben, und er Wege alleine zu Fuß oder mit ÖPNV zurücklegt, ist das manchmal nötig).
Hinzu kommt, dass er relativ häufig krank war und immer noch ist, und mal 2-3 Tage am Stück, und manchmal leider auch eine ganze Woche, krank zu Hause bleiben musste.
Alle Jobangebote, die ich zu der Zeit gefunden habe, entsprachen nicht meinen Vorstellungen von einer erfüllenden Arbeit. Wenn man von vorneherein angibt, nur 25 Stunden arbeiten zu können, werden einem keine spannenden, verantwortungsvollen, gut bezahlten Tätigkeiten angeboten. Sondern man ist immer „nur“ die Assistentin – ohne eigene Projekte, ohne Verantwortung und auch nur mit einem „Assistentinnen-Gehalt“. Die interessanten Stellen sind IMMER Vollzeitstellen. Aber diese konnte und wollte ich aus den o. g. Gründen nicht annehmen.
Außerdem hätte ich einen sehr verständnisvollen Chef gebraucht, für die vielen Kranktage meines Sohnes. Ich wusste, ich kann mehr, als Teilzeit-Assistentin zu sein, und ich verdiene es auch, mehr zu verdienen!
Deshalb habe ich mich letztendlich, auch durch Überzeugungsarbeit einer guten Freundin, die diesen Schritt acht Jahre vorher gegangen war, selbstständig gemacht. Als meine eigene Chefin kann ich mir die Zeit frei einteilen und Projekte annehmen, die ich spannend finde und die zu mir passen. Natürlich arbeite ich vormittags am konzentriertesten, denn da habe ich ja 5 Stunden am Stück Zeit. Kundentermine versuche ich stets in den Vormittag zu legen. Aber wenn einmal schönes Wetter ist, habe ich eben auch die Freiheit zu sagen, heute gönne ich mir einen freien Vormittag, gehe mit einer Freundin in ein Café oder drehe eine Laufrunde im Wald mit dem Hund. Und dann arbeite ich einfach abends noch einmal ein paar Stunden.
Ein ganz klarer Vorteil ist auch, dass ich immer zu Hause bin, wenn mein Sohn wieder einmal krank ist. Dass ich das ohne schlechtes Gewissen, und ohne Rechenschaft ablegen zu müssen, tun kann, ist einfach unbezahlbar!
FB: Wie schaffen Sie für sich eine gute Work-Life-Balance?
Ich habe von Anfang an gesagt, ich möchte nicht „selbst“ und „ständig“ arbeiten. Daher nehme ich nie mehr Projekte an, als ich wirklich ohne Stress stemmen kann. Ich möchte nie in die Situation kommen, dass ich bis spät in die Nacht arbeiten muss, ständig unter Strom stehe und nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht. Natürlich habe ich auch mal ein Projekt mit einer knappen Deadline und arbeite einen Abend bis Mitternacht. Aber das ist die Ausnahme.
Um ausgeglichen zu bleiben, plane ich meine Freizeit sehr bewusst. Ich verbringe sie gerne mit Laufen, Volleyballspielen, Wandern, Saunabesuchen, Kinoabenden oder Konzertbesuchen. Mindestens zweimal in der Woche einen solchen Termin für mich zu haben ist mir wichtig. Mein Mann und ich planen auch regelmäßig kinderfreie Abende ein. Zum Glück ist das inzwischen ja sogar ohne Babysitter möglich.
Ich versuche außerdem, alle Arbeit während der Werktage zu erledigen und mir die Wochenenden wirklich freizuhalten, für meine Familie und meine Hobbys.
Außerdem nehme ich keine Arbeit mit in den Urlaub, da bleibt das Handy dann auch mal eine Woche aus. Ich schalte dann wirklich ab, und es gibt nur Familie und Erholung. Am liebsten in den Bergen!
Infos zu den Leistungen Sabine Arndt-Ellerhold finden Sie auf wortsinnig.de
Bildnachweis: Sabine Arndt-Ellerhold